Lichtverschmutzung

Ohne Licht wären wir nicht. Die meisten Spezies sind auf natürliches Licht angewiesen. Der Mensch ist besonders versessen auf die Helligkeit, sodass er sie sogar in der Nacht für nötig hält. Pflanzen und Tiere würden gerne Einspruch erheben.

Lichtverschmutzung
Durch künstliches Licht verändert sich der Schlafrhythmus einiger Tiere. (Jacek Dylag, Unsplash)

Tag und Nacht – Licht und Dunkelheit – bestimmen, wann Tiere schlafen und wann Pflanzen blühen. Irgendwann fanden die Menschen jedoch heraus, wie sie auch bei Nacht noch sehen können. Mit Fackeln und Kerzen erhellten sie ihre Umgebung. Später, mit dem Siegeszug der Elektrifizierung ab den 1880er Jahren, wurde das Licht des Feuers durch elektrisches Licht und später durch Gasentladungslampen ersetzt. Im Verlauf der Jahrzehnte entwickelte man schliesslich die Technologie der light-emitting diode oder Leuchtdiode (LED). Die Nacht wurde also von den Menschen stärker und stärker erhellt. Der natürliche Rhythmus des Wachseins und des Schlafens gerät damit immer mehr durcheinander; die Nacht wird zum Tag gemacht.
Diese Veränderung hat grosse Auswirkungen auf unser Leben genauso wie auf das der Tiere und Pflanzen.

In der Geschichte der Erde sind die Lichtverhältnisse mehr oder weniger konstant geblieben – im Gegensatz zu anderen Umweltbedingungen wie der Temperatur. Die Lichtverschmutzung ist damit eine ganz neue Herausforderung für die Natur. Die meisten Organismen haben grosse Mühe, damit umzugehen. Folglich ist es nicht überraschend, dass künstliche Beleuchtung in der Nach für physiologische Störungen sowie Verhaltensauffälligkeiten vieler Organismen sorgt.

Auswirkungen der Lichtverschmutzung

Grundsätzlich gibt es vier Aspekte, die für das Verständnis der Auswirkung von Lichtverschmutzung auf das Ökosystem relevant sind. Dazu gehören die Lichtintensität (Lichtquanten pro Zeiteinheit), die spektrale Zusammensetzung (verschiedene Farben durch verschiedene Frequenzen), die Streuung (Ablenkung des Lichtes in verschiedene Richtungen) und der zeitliche Aspekt (Zeitpunkt und Dauer der Beleuchtung). 

Das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung veröffentlichte eine wissenschaftliche Sonderpublikation, welche eine Vielzahl an Studien von internationalen Forschungsteams zusammenfasst. Sie alle befassten sich mit den Folgen der Lichtverschmutzung in einem spezifischen Ökosystembereich.
Die Forschungen ergaben, dass bereits eine minimale Beleuchtung in der Nacht langfristige Auswirkungen auf einzelne Tiere sowie auf deren Interaktionen hat – beispielsweise auf Bodenorganismen und Mottengemeinschaften. Doch nicht nur das Leben der Tiere verändert sich, auch Pflanzen sind davon betroffen: Ihre Diversität nahm auf untersuchten Flächen um 43 Prozent ab, ihre Biomasse um 33 Prozent. Zudem veränderten einige Pflanzen ihr Aussehen.
Ein Forschungsteam stellte ausserdem fest, dass künstliche Beleuchtung den Boden verändert. Sowohl seine Stoffwechselprozesse wie auch sein Wassergehalt veränderten sich. Weiter bestätigten einige Experimente, dass die Lichtverschmutzung zu einem Verschieben der Zeitfenster führt, in denen die einzelnen Tiere normalerweise aktiv sind. Das Ruhesignal «Dunkelheit» fehlt ihnen.
Diese Entwicklung könnte zum Aussterben verschiedener Spezies führen, da diverse Arten miteinander in Kontakt kommen, die sich unter normalen Lichtbedingungen nicht begegnet wären. Konkurrenzkämpfe sind unumgänglich. Unter dem Einfluss des unnatürlichen Lichts werden komplette Ökosystem umstrukturiert werden.