Buch «Grün kochen? (Öko)Logisch!»

Buch «Grün kochen? (Öko)Logisch!»

Nichts mehr verschwenden, weniger ausgeben

Zwischen einem Drittel und der Hälfte an Abfällen von geniessbaren Lebensmitteln entfallen in der Schweiz auf die privaten Haushalte – die genauen Zahlen unterscheiden sich je nach Quelle; zu viel ist es in jedem Fall. Was tun? Das kleine Kochbuch der italienischen Foodbloggerin Lisa Casali wählt einen kreativen Ansatz und bringt uns bei, auch jene Teile unserer Lebensmittel zu verwerten, die wir sonst wegwerfen.

 

Autor  Lisa Casali
Verlag  Goldmann
Umfang  255 Seiten
ISBN  978-3-442-17418-8
Preis  Fr. 18.90 (UVP)

 

Man nehme: Einen Spargel, zerschneide ihn in der Hälfte, nehme den zarten Teil, koche und verzehre ihn und werfe den holzigen, faserigen Rest weg. Man nehme: Einen Apfel, schäle ihn, halbiere ihn, steche das Kerngehäuse aus, geniesse das Fruchtfleisch und werfe den Rest weg. So oder so ähnlich verfahren wir täglich, was zeigt: Ein guter Teil unserer Verschwendung von guten, gehaltvollen Lebensmitteln fällt uns gar nicht besonders auf, sie ist ‚normal'. Aufgefordert, doch auch jene Schnittreste irgendwie zu verarbeiten, drängen sich uns sogleich Fragen auf: Sind die Blätter des Radieschens, der Stängel der Artischocke überhaupt essbar? Wenn ja, was soll ich damit anfangen? Genau das ist der ungewöhnliche und dankenswerte Ansatzpunkt des Kochbuchs der Mailänderin Lisa Casali. Nach einer gründlichen Einführung in die traurigen Fakten der Lebensmittelverschwendung in Europa erläutert sie uns die ersten entscheidenden Massnahmen, wie diese im Alltag zu stoppen ist - mittels eines die erforderlichen Nahrungsmengen präziser kalkulierenden Einkaufs beispielsweise, mittels der korrekten Interpretation von Haltbarkeitsdaten oder auch eigenen haltbarkeitsverlängernden Bemühungen. Bei all dieser kompetenten und ausführlichen Vorrede bleiben das Herzstück des Buches indessen die Rezepte. Mit viel Fleiss und einer guten Portion Kreativität suchte die Autorin während mehreren Jahren nach schmackhaften und sinnvollen Verarbeitungsmethoden für Kartoffelschalen, Blattgrün oder auch Brot-, Käse- und Pastareste und präsentiert uns diese nun als Bestandteile von appetitlichen, inspirierten Alltagsrezepten. Die Porträts der verwendeten Gemüse- und Obstsorten ergänzt sie weitergehend mit Angaben zum Nährwert, vertiefenden Tipps zur Verarbeitung der Schnittreste und Empfehlungen, worauf beim Einkauf zu achten ist. Im Schlussteil vereint sie dann noch die vielseitigen Vor- und Hauptspeisen, Desserts und Snacks zu ausgewogenen Menüs für unterschiedliche Gelegenheiten. Der gesamte Text wurde im übrigen im Zuge der Übersetzung vorbildlich auf deutsche Verhältnisse angepasst.

Derweil dieses Kochbuch nicht zu den raffiniertesten oder ästhetisch ambitioniertesten gehört, die wir jemals in Händen hielten: Die dahinterstehende Idee, gepaart mit der Engagiertheit, der Seriosität und dem Eifer der Autorin, ist uns ein herzliches Kompliment wert. Darüber wollen wir aber nicht verschweigen, dass wir ein paar Haare in der Suppe gefunden haben. Zum einen prangt auf dem Buchdeckel in prominenter Position das Wörtchen ‚fleischfrei', was so nur zutrifft, wenn wir uns dem mittelalterlichen Ratschluss anschliessen wollen, dass Fische keine Tiere seien und ihr Verzehr deshalb auch nicht als Fleischkonsum zu werten ist. Auch wenn diese eigenartige Interpretation der Fleischfreiheit nur auf den geringsten Teil der Rezepte Anwendung findet, seien VegetarierInnen diesbezüglich vorgewarnt, und VeganerInnen sei schliesslich ganz von dem Buch abgeraten. Zum andern besteht die Gefahr, dass die angestrebte Reduktion der Lebensmittelverschwendung bei strikter Einhaltung der Einkaufsempfehlungen von Lisa Casali auf ein Nullsummenspiel hinausläuft. Sie zeigt sich in diesen Empfehlungen so anspruchsvoll, dass jede Frucht mit einer Delle, jedes Gemüse mit einer Blattverfärbung zwar nicht von uns, aber schliesslich vom Anbieter weggeworfen werden muss. Hier sollte also ein wenig eigene Urteilskraft herangezogen werden, genau gleich wie bei unserem letzten Einwand: Zur Haltbarkeitsverlängerung befürwortet sie, unter anderem, die Vakuumisierung mit Kunststofffolie. Da wir eigentlich gerade einen weitestmöglichen Abschied von solchen Einwegverwendungen von Erdölprodukten anstreben sollten, raten wir hier, auf einen ihrer vielen anderen Lagerhaltungs- und Konservierungstipps zurückzugreifen.

Auch wenn sich dies nun nach einer ganzen Menge an Kritikpunkten anhören mag: In unserem Gesamturteil schwimmen sie als Bodensatz. Der vorherrschende Eindruck bleibt jener eines lichten, davon kaum verunreinigten Fluidums, das wir üblicherweise als Empfehlungswürdigkeit interpretieren. Das Buch in seiner lobenswerten Intention und deren kompetenter Darlegung ist zu nützlich, um von dieser Interpretation hier plötzlich abzurücken.

Rezension: Sacha Rufer

 

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