Autor | Luitgard Marschall / Heike Holdinghausen |
Verlag | oekom |
Umfang | 191 Seiten |
ISBN | 978-3-86581-844-7 |
Preis | Fr. 33.10 (UVP) |
Dass die Seltenen Erden weniger selten als vielmehr seltsam sind, wird öfter mal vermeldet. In diesem Zusammenhang fallen dann gern auch Stichworte wie: Kommunikationstechnologie. China. Umweltschäden. Die Gruppe von siebzehn Metallen ist mit ihren einzigartigen Eigenschaften essentieller Bestandteil der Technik, die unseren Alltag gestaltet. Ihre Vertreter finden sich in Handys und Laptops, in Leuchtmitteln, Medikamenten, Katalysatoren und Windrädern. Dumm nur, dass Seltenerden kaum in praktikabel erschliessbaren Vorkommen auftreten und da dann auch nur in enger freundschaftlicher Umklammerung miteinander und mit anderen Stoffen. Es sind ausgesprochen kapriziöse Metalle, was ihre Gewinnung und Verarbeitung betrifft. Das hat nicht nur zur Folge, dass sich China in den letzten Jahren zum Quasimonopolisten des Seltenerzhandels aufschwingen konnte, sondern bedingt auch gravierende Umweltgefährdungen in Abbau, Raffination und Veredlung. Am Ende ihres Lebenszyklus steht die weitgehend ungehinderte Verteilung der Stoffe in die Umwelt, nicht zuletzt darum, da sich ein Recycling der Metalle ebenfalls wieder überaus aufwändig gestaltet.
Doch natürlich ist nicht alles schlecht. Das ist ja die Krux. Die Seltenen Erden waren und sind Hoffnungsträger der Erneuerbaren Energiegewinnung, und auch der ein oder andere Baum soll den modernen Datenspeichern und Kommunikationsmitteln ja schon mal ein Dankes-Mail gesandt haben. In eben diesem Spannungsfeld erkundet der zehnte Band der prestigeträchtigen Reihe "Stoffgeschichten" die Geschichte, gegenwärtige Verwertung und zukünftige Bedeutung der Seltenen Erden. Die Wissenschaftshistorikerin und Fachfrau der Ressourcenstrategie Luitgard Marschall sowie die Umweltjournalistin Heike Holdinghausen bieten uns darin einen umfassenden Überblick über die vielschichtige Problematik der "Vitamine der Industrie". Sie führen uns sachkundig und mittels beträchtlicher Rechercheleistung ein in die Physik, die Gewinnung und Nutzung der Metalle. Sie verfolgen die Handelsströme, reflektieren die Chancen und Möglichkeiten eines nachhaltigen Umgangs mit der Ressource und diskutieren die diesbezüglichen politischen und umwelttechnischen Strategien: Ausgewogen, kompetent und tiefschürfend.
Da bleibt wenig zu wünschen übrig. Ausser vielleicht... Ach was. Wir sind wahrscheinlich einfach bereits zu verwöhnt von Heike Holdinghausens Fertigkeit, komplexe Sachverhalte in einen flüssigen Text zu binden. Dass ihr das hier nur meistenteils gelingt, mag am hohen Anspruch des Buches betreffs seiner Detailgenauigkeit liegen. Und es klappt dann ja doch gut genug, dass auch der technisch weniger versierte Rezensent ihr mit nur seltenem Synapsenknirschen folgen konnte. Diese gelegentliche mentale Anstrengung auf sich zu nehmen, lohnt sich in jedem Fall: Nicht nur aufgrund der allgemeinen Thematik des Bandes, die sich im Buchmarkt ansonsten noch kaum laientauglich aufbereitet findet, sondern insbesondere auch betreffs deren urteilsfähiger Diskussion an der Schnittstelle von Fortschrittsbemühung, Rohstoffproblematik und Umwelt- bzw. Klimaschutz. Wir also: Alle Daumen hoch!
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