Buch «Eintauchen in den Wald»

Buch «Eintauchen in den Wald»

Mit Waldgängen gelassen und glücklich werden

Miki Sakamoto gelingt mit ihrem Buch ausserordentliches: Die Verquickung einer vertrauenswürdigen Einweisung in die Praxis des "Waldbadens", Shinrinyoku, mit meisterhaft feinsinniger Naturliteratur.

 Autor Miki Sakamoto
 Verlag hanserblau
 Umfang 207 Seiten
 ISBN 978-3-446-26198-3
 Preis Fr. 20.70 (UVP)

 

Wer sich vielleicht gefragt hat, weshalb sich hier noch kein Buch zum aktuellen Trend des "Waldbadens" oder Shinrin Yoku vorgestellt fand: Es liegt nicht daran, dass nicht schon so einige durch unsere Hände gegangen wären. Es liegt daran, dass diese Rubrik "Buchtipps" heisst. Dass sich Miki Sakamotos Ratgeber hier jetzt mühelos reinschiebt, darf deshalb gern schon mal als ein erstes Lob verstanden sein. Dieses bezieht sich auf die Tugend der Autorin, sich überzogener Versprechen zur Gesundheitswirkung des Waldbadens zu enthalten - und den damit oft einhergehenden spirituellen oder esoterischen Heilsversprechen sowieso. Das gelingt dem Buch, obwohl sich die präventivmedizinischen und die mentalen Vorzüge des heilsamen, gewahrsamen Waldgangs darin überzeugend veranschaulicht finden. Weitere Verdienste treten hinzu.

Shinrin Yoku, schreiben wir; dabei hat uns die Autorin doch gerade belehrt, dass die getrennte Schreibweise des Begriffs ganz unnötig sei. Sie als gebürtige Japanerin wird's wohl wissen, weshalb wir jetzt sogleich umschwenken. Shinrinyoku also. Die Erklärung des Wortes und weshalb seine Übersetzung als "Waldbaden" zwar soweit korrekt, aber doch etwas unglücklich ist, findet sich im ersten Teil ihres Buches. Da zeichnet sie die japanisch-deutsche Geschichte und die Wirkweisen der vorbeugenden Therapiemethode leichtverständlich und vertrauenswürdig nach. Neben den physischen Wirkungen der Waldluft auf unseren Stoffwechsel betont sie dabei insbesondere ihre damit verbundenen Effekte auf die psychische Gesundheit. Entspannung, Ausgeglichenheit, Wohlbefinden: All dies sind Bestandteile des japanischen Yoku, "Baden", das in seiner Bedeutung neben dem Hautkontakt mit Wasser eben auch verschiedene körperliche und geistige Aspekte des Heilens meint. Da die insofern erzielten Wirkungen aber keine Selbstläufer sind, macht sie uns im Folgenden mit ihrer Praxis des Shinrinyoku ausführlich vertraut. Sie tut das in einnehmend persönlicher Weise.

Es ist Miki Sakamotos empfindsame Schilderung ihrer eigenen Waldgänge im Jahreslauf, die ihr Buch vor allem anderen auszeichnet. Denn zu wesentlichen Teilen ist dieses weniger Gesundheitsratgeber als formvollendetes Nature Writing. In kurzen Kapiteln führt sie uns leichten Schritts durch die Jahreszeiten der bayrischen Wälder; beobachtet, forscht, fühlt, spürt nach. Eine kurze, liebevolle Begegnung mit einem Schillerfalter, einem Schuppenwurz leitet über zur Betrachtung ihrer Lebensweise, leitet weiter zu einer nächsten Begegnung oder zum versöhnlichen Nachsinnen über Mensch und Natur. Das neugierige Lauschen nach dem Ruf des Kuckucks führt vielleicht zur sachkundigen Erörterung seines parasitischen Lebensstils... oder vielleicht zu Empfehlungen dazu, wie dem störenden Lärm der allgegenwärtigen Forstmaschinen auszuweichen ist. Dass das nicht zerfasert, sondern im Gegenteil stets erwartungsvoll und stimulierend vorwärtsstrebt; das ist Miki Sakamotos unscheinbares, aber umso bemerkenswerteres Kunststück.

Die "nach aussen gewandte Meditation", die Wahrnehmung des Waldes nicht als Kulisse, sondern als sinnstiftenden und heilsamen Lebenszusammenhang: Das macht uns Miki Sakamoto unmittelbar in Form und Atmosphäre ihres Schreibens gegenwärtig. So individuell ihre Praxis des Shinrinyoku auch sein mag, fanden wir es doch noch nicht so besonnen, so glaubwürdig und dabei so bewegend vorgestellt. Ihr Buch bewährt sich damit als eine vorzügliche Einweisung ins Waldbaden, samt abschliessender, sorgsamer Darlegung der zu beachtenden Gefahrenherde. Mehr noch überzeugt es als ein Glanzstück der erzählenden Naturliteratur. So prosaisch wie poetisch überträgt sich hier ein Naturverständnis, das sich mit deren binärer Wertung gar nicht erst aufhält. Es gibt da keine "gute" oder "schlechte" Natur, einzig zuträglichere oder unbekömmlichere, und uns als ihre zuträglicheren oder unbekömmlicheren Teilhaber untrennbar in ihr eingebunden. Miki Sakamoto verquickt dieserart die gesundheitlichen Gewinne des Shinrinyoku inspirierend und lehrreich mit einem zukunftsfähigen, weitherzigen Naturbild.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

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