Buch «Projekt Green Zero»

Buch «Projekt Green Zero»

Können wir klimaneutral leben?

Dirk Gratzel hat sich was vorgenommen: Nicht nur seinen aktuellen Alltag klimaneutral zu gestalten, sondern die gesamten Umweltsünden seines Lebens wieder gutzumachen. Aus seinen Bemühungen entspringen bedeutsame Forschung und sinnreiche Initiativen – und nun ausserdem ein gehaltvolles und spannendes Buch.

 Autor Dirk Gratzel
 Verlag Ludwig
 Umfang 255 Seiten
 ISBN 978-3-453-28129-5
 Preis Fr. 25.90 (UVP)

 

Immer wieder mal flattern uns Bücher zu Selbstversuchen ins Haus, und ebenso regelmässig stellen die sich dann als so informative wie spannende und amüsante Lektüren heraus. Das ist hier schon mal nicht anders. Dennoch: Dirk Gratzel hätte sich mit seinem Buch wohl kein Plätzchen in unseren Empfehlungen erobert, hätte er sich “nur“ die (unbestritten schon nahrhafte) Aufgabe gestellt, fürderhin klimaneutral zu leben. Berichte dazu finden sich indessen so manche. Er will aber mehr. Er möchte die gesamten Klimaschulden abtragen, die sich in seinem über fünfzigjährigen, vordem nicht herausragend umweltbewussten Leben angehäuft haben. Damit erkundet er verschiedentlich Neuland, von dem er uns in seinem Buch nun belangreich berichtet.

Es klingt ja, so im vollen Satz, erst mal simpel: All die Klimaemissionen und Umweltschäden wieder gutmachen, die man im Laufe eines Lebens verschuldet hat. Die darauffolgende Frage umreisst dann aber schon die Krux: Wie hoch sind denn, genau, diese Schulden? Dass der frühere Jurist und jetzige IT-Unternehmer zu ihrer Kalkulation keine schnelle Berechnungshilfe im Netz fand, muss nicht verwundern. Ökobilanzen zu erstellen ist schon im aktuellen Zusammenhang schwierig, noch heikler ist es im Hinblick auf indessen abgelöste Technologien, Produktionswege, Lebensgewohnheiten. Doch Dirk Gratzel liess sich davon nicht aufhalten und suchte Hilfe bei der Technischen Universität Berlin. Penibel legte er über die Konsumgewohnheiten und Umwelteinwirkungen seines bisherigen Daseins Rechenschaft ab: Von den gefahrenen und geflogenen Kilometern über die Verzehrquoten von Wurst oder Käse bis zur Zahl der getragenen Socken und Unterhosen. Er dürfte, in der Folge, der erste Mensch sein, der seine persönliche Ökobilanz beziffern kann. Er stiess damit aber auch bedeutsame Forschung an und gibt nun uns, den Leserinnen, seine Erfahrungen und Kenntnisse eingängig und fasslich weiter.

Während wir diese seine Leistung für sein herausragendes Verdienst halten, mögen es andere vielleicht gern praktischer haben: Auch ihnen bietet Dirk Gratzel mit seinem Buch Inspiration und Gehalt genug. Denn neben der Rückberechnung seiner Klimaschulden begann er natürlich auch gleich, in der ihm eigenen Konsequenz sein ganzes Leben umzukrempeln. Ernährung, Mobilität, Duschgewohnheiten, Einkaufsverhalten, Energiebedarf: Alles stand zur Disposition, und von den mit den Umstellungen sich einstellenden Wachstumsschmerzen und Erfolgserlebnissen erzählt er in plaudernder Kurzweil und mit sympathischem Humor. Damit steht allerdings das Meisterstück immer noch aus, denn alle Einsparungen im Alltag können die Altlasten nicht kompensieren. In dieses Unternehmen startet er im Abschluss seines Buches und geleitet uns den langen Weg zu seiner ökologischen Ausgleichsfläche auf einer Bergwerks-Brache bei Recklinghausen im Ruhrgebiet. Mit ihrem Ankauf verlassen wir ihn: Die weitere Berichterstattung darüber erwarten wir mit Spannung.

Eine bemerkenswerte Grundstimmung zieht sich durch Dirk Gratzels Buch: Zuversicht. Ob es nun um seine grösseren Projekte oder die kleinen Veränderungen im Alltag geht, allerorten stösst er auf Anklang und auf Widerhall. Seine wiederholt formulierte Sorge, als Spinner verrufen zu werden, bestätigt sich nicht. So macht sein Buch Mut, selbst aktiv zu werden, und demonstriert, wie sich hierfür auch Unterstützung findet. Man muss nicht vom selben „Alles oder Nichts“-Naturell sein wie der Autor, um daraus Inspiration zu ziehen – tatsächlich lohnen ja auch die zaghafteren Annäherungen an einen nachhaltigen Lebensstil. All jenen aber, die sich bereits auf diesem Weg befinden, drängt sich das Buch auf für jene Tage, da Zweifel und Verzagen dräuen: An Dirk Gratzels Beispiel lässt sich Optimismus glaubhaft festmachen.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

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