Buch "Birdgirl"

Ausstrahlend von ihrem kleinen Vogelbeobachtungs-Blog stieg die junge Mya-Rose Craig rasch zu einer führenden Stimme des britischen Klimaschutzes auf. Das, weil sie etwas zu sagen hat – und keineswegs nur über Vögel und den Naturschutz. Dennoch: In ihrer hier vorliegenden Autobiografie kommen die Vögel zuerst. Ihr Vater, ein enthusiastischer „Birder“, entführt die kleine Mya-Rose regelmässig hinaus in die Natur, um dort seltenen Vögeln nachzuspüren. Das etabliert sich als ein willkommener Kontrapunkt zum unruhigen Daheim, das geprägt ist von der bipolaren Erkrankung der Mutter. Nach deren Selbstmordversuch führen die Reisen weiter weg: Nach Südamerika beispielsweise, um eine Harpye zu sichten, nach Australien oder Ostafrika.

Die Natur tut Mutter wie Tochter gut. Was da so platt dahingesagt ist, macht Mya-Rose Craig unmittelbar spürbar. Wir atmen mit ihr auf, wenn wir uns wieder mal den Vögeln zuwenden, denn an der Seite ihres wachsenden Engagements für Biodiversität und Klima hat die junge Bloggerin mit Wurzeln in Grossbritannien und Bangladesch noch allerlei weitere Herausforderungen zu bewältigen. Die erschwerte Identitätssuche als eine „schwarze“ Britin schildert sie uns in ebenso bedachtsamer Ehrlichkeit, wie sie uns an ihrer Begeisterung für die Vogelwelt teilhaben lässt oder an der stetigen Verunsicherung im Umgang mit der mal manischen, mal zornigen, mal depressiven Mutter.

Ihr Lebensbericht wird keine Literaturpreise einheimsen, dafür ist ihre Sprache dann doch eine Spur zu generisch. Nachdem wir uns aber angesichts der recht offensichtlichen Selbstpromotion auf ihrer Webseite schon auf ein Eitelkeitsprojekt eingestellt hatten, waren wir durchwegs positiv überrascht. Während Mya-Rose Craig uns neben den Stationen ihres jungen, aber nicht weniger ereignisreichen Lebens an einer Fülle von Kenntnissen zu ihren geliebten Vögeln, zur Biodiversität, zu mentaler Gesundheit oder auch ihrem Ringen mit den rassistischen Untertönen im aktuellen Grossbritannien teilhaben lässt, ist von Selbstgefälligkeit nichts zu spüren. Sehr wohl aber von mühsam errungenem Selbstbewusstsein. Dieses veredelt ihr Buch zu einer glaubwürdigen Inspirationsquelle, sich im Ringen um eine menschenwürdige Zukunft von Irritationen und Rückschlägen nicht unterkriegen zu lassen.