Buch "Der wichtigste Comic der Welt"
Der voluminöse Band präsentiert eine vielseitige, herausragend illustrierte Sammlung von Comic-Erzählungen rund um die Themen der Biodiversität und des Klimawandels: Oft humorvoll, immer informativ und durchwegs inspirierend.
Ob dieser Bildgeschichten-Wälzer tatsächlich der wichtigste Comic der Welt sei, darüber wird dann wohl die Zukunft richten. Dieser Selbsteinschätzung dürfte – rein formal – schon einmal entgegenstehen, dass es sich dabei nicht um eine einzelne Comic-Erzählung handelt, sondern um eine breite Sammlung von Comics, Karikaturen, Strips und bebilderter Prosa. Die hat es dann allerdings in sich. In der Kollaboration „Rewriting Earth“ finden sich bedeutende, vor allem aber wirksame Stimmen zusammen, um Klimawandel und Artensterben neue Narrative und Visionen entgegenzusetzen. Comic-Grössen wie Robert Kirkman, Garth Ennis oder Brian Azzarello tun sich zusammen mit Umwelt- und Naturschützern von Jane Goodall bis George Monbiot und einem wilden Strauss von prominenten Exponenten der Unterhaltungsindustrie: Dame Judy Dench und Sir Patrick Stewart, Ricky Gervais oder KT Tunstall, Taiki Waititi und Lucy Lawless, um hier nur eine kurze Auswahl zu treffen. Was dabei herumkommt, ist – der Verdacht sei gleich ausgeräumt – ein schönes Stück mehr als ein Vanity-Projekt mit Charity-Ambition.
Was als erstes ins Auge sticht, wenn der Buchdeckel sich öffnet, ist die begeisternde Vielseitigkeit und durchgängige Qualität der Illustrationen. Deshalb sei an dieser Stelle den vielen Zeichnerinnen und Zeichnern, die die Ideen und Botschaften der Autoren so eindrucksvoll, bunt und stilsicher ins Bild übersetzten, das erste Kränzchen gewunden. Selbstverständlich ist es ja nicht, dass sich in solchen Anthologien der künstlerische Anspruch mit dem ideellen durchgehend konstruktiv und harmonisch verbindet: Dass es hier so herausragend gelingt, ist es ein sicheres Zeichen dafür, dass hier die persönlichen Ambitionen dem gemeinsamen Ziel untergeordnet wurden. Ausserdem unterstreicht es die redaktionelle Sorgfalt, die dahintersteht.
Dessen ungeachtet ist es natürlich wie immer, wenn sich viele unterschiedliche Stimmen zu einem gemeinschaftlichen Thema äussern. Da mögen nicht alle Geschichten gleichermassen überzeugen, nicht alle Ansichten die eigene widerspiegeln. Für uns persönlich, beispielsweise, übermittelte sich insbesondere im ersten der vier Kapitel – Veränderung, gefolgt von den Kapiteln Schützen, Retten und Motivieren –, der Reflex des „Wir gegen die“ oft zu plakativ. Auch die folgenden Beiträge sind vor den Impulsen des missionarischen Überschwangs oder der humorbefreiten Betroffenheits-Signalisation nicht vollends gefeit. Doch dem stehen dann in froher Mehrzahl all die Erzählungen gegenüber, die sich bei aller Schwere der Problematiken von Konsumwahn, Lebensraumverlust, Plastikmüll oder Gletscherschmelze den Humor nicht nehmen lassen, die ausgewogen informieren und einfühlsam inspirieren. Diese Inspiration rührt wesentlich auch davon, wie die Geschichten einen Perspektivwechsel erlauben: Heraus aus der nur menschlichen Welt in die beglückende Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten. Genau dafür eignet sich das Medium Comic ganz besonders, und genau deshalb vermag der attraktive Band uns dann insgesamt auch zu überzeugen.
Autor | Rewriting Earth (Hrsg.) |
Verlag | Panini |
Umfang | 360 Seiten |
ISBN | 978-3-74163-825-1 |
Preis | Fr. 56.60 (UVP) |
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