Die Miesmuschel gibt Insiderwissen preis

Die Miesmuschel ist nicht einfach nur ein Leckerbissen; durch sie gewinnen Forschende neues Wissen über die marine Biodiversität.

Die Miesmuschel gibt Insiderwissen preis
Miesmuscheln geben auf langgehegte Fragen Antwort. Peter (Secan, Unsplash)

Miesmuscheln sind eine beliebte und nährstoffreiche Delikatesse. Ihre Geschichte an der Seite der Menschen geht lange zurück. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass sie seit dem 13. Jahrhundert von Menschen gezüchtet werden. Damals wie auch heute steht es um die Muschel noch gut, jedoch mit der zunehmenden Ozeanversauerung wird sich ihr Leben wohl erschweren. Dafür scheinen sie mit dem Mikroplastik im Ozean gut zurecht zu kommen. Denn weder bei der Wachstumsrate noch bei der Entfaltung ihrer Hafthaare zeigen sich Einbussen durch die Mikroplastik-Kontamination.

Miesmuscheln leben in der Nord- und Ostsee sowie an beiden Atlantikseiten. Dort sind sie in einer Wassertiefe von bis zu 25 m auf Felsküsten oder schlickigen wie auch sandigen Meeresböden zu finden. Sie ernähren sich von Plankton und Detritus. Die Nahrung filtrieren sie aus dem Wasser. Dadurch verbessern die Muscheln zugleich die Wasserqualität und schaffen Lebensraum für viele andere Meeresbewohner.

Die Miesmuschel als Umwelt-DNA-Träger

Umwelt-DNA stammt aus losgelöstem Zellmaterial. Dieses landet in der Luft, im Wasser oder auf Oberflächen. Durch moderne Verfahren der Genetik können solche Spuren immer effektiver erfasst werden. Diese Verfahren eignet sich zum einen dazu, die Artenvielfalt in einem Lebensraum zu bestimmen. Zum anderen kann ausfindig gemacht werden, ob eine bestimmte Art jemals in diesem Lebensraum gelebt hat.

Die Miesmuschel hat nun neben der als Delikatesse auch noch eine andere Funktion bekommen: Durch ihr Gewebe ist es möglich, Umwelt-DNA zu gewinnen. Dadurch hoffen Forscher herauszufinden, wie sich die Biodiversität in marinen Ökosystemen in den letzten Jahrzenten entwickelt hat.
Die beim Filtrieren gesammelten Erbgutspuren lassen sich auswerten. Damit lässt sich der Wandel einer Umgebung rekonstruieren und somit die Ausbreitungsgeschichte invasiver Arten widerspiegeln.
Miesmuscheln sind deshalb gut für die Auswertung geeignet, da sie über einen Liter Wasser pro Stunde filtrieren. So reichern sie organische Substanzen – darunter auch Umwelt-DNA, wie die Forschenden zeigen konnten – in ihrem Verdauungstrakt an.

Die Funde

Solche Nachweise waren bisher oft kurz und unvollständig. Es liessen sich keine verlässlichen Aussagen über die Frage, ob es sich bei Veränderungen der Populationen um kurzfristige Schwankungen oder langfristige Entwicklungen handelt, machen.
Nun konnten langfristige Veränderungen der Artenvielfalt sowie wichtige ökologische Folgen des Klimawandels durch die langzeitarchivierten Umweltproben – Miesmuscheln aus 40 Jahren – aufgezeigt werden. Konkret konnte das Forschungsteam ihre Ergebnisse am Fall der australischen Seepocken aufzeigen. Diese Krebstierart wurde während des zweiten Weltkrieges nach Europa eingeschleppt. An den Küsten nistete sie sich ein und verdrängte dort einheimische Arten. Die Muschel-Daten zeigten, dass die Seepockenpopulation im kalten Winter schrumpfte und sich erst nach mehreren Jahren wieder erholte.
Mit Hilfe der Miesmuscheln könnten also in Zukunft noch einige Geheimnisse der Meere gelüftet werden.

Quellen und weitere Informationen
natur.de: Miesmuscheln als Biodiversitäts-Archive
WWF: Miesmuschel