Die Stadt als Pflanzenoase
Städte bieten wertvollen Lebensraum für Pflanzen. Der Klimawandel stellt neue Ansprüche an Pflanzen in der Stadt.
In der Stadt ist es deutlich wärmer als im umliegenden ländlich geprägten Gebiet. Während des Sommers beträgt der Unterschied in den Stadtzentren mehr als 2 C°. Durch dieses aussergewöhnlich warme Mikroklima ist die Stadt eine Oase für wärmeliebende Pflanzen. Viele davon sind sogenannte Neophyten.
Neophyten:
Gebietsfremde Arten, die nach der Entdeckung Amerikas 1492 eingeführt wurden. Die meisten Neophyten bereichern unsere einheimische Flora (z.B. Rosskastanie oder kleines Springkraut)
Invasive Neophyten:
Neophyten, die sich stark ausbreiten und die einheimischen Pflanzen verdrängen. In der Schweiz gibt es 41 nachweislich schädliche und 17 potenziell schädliche Neophyten. Einige davon wirken sich negativ auf unsere Gesundheit aus, beschädigen Bauten oder destabilisieren Flussufer.
Das Vorkommen von Neophyten ist nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. In Zukunft werden wir sogar vermehrt auf die „neuen Pflanzen“, was der Begriff „Neophyt“ eigentlich bedeutet, angewiesen sein. Hitze- und trockenheitsempfindlichen Pflanzen macht der Klimawandel immer mehr zu schaffen. Die Winterlinde etwa wird anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Früher oder später wird der Klimawandel besonders empfindlichen Pflanzen das Leben in unseren Städten verunmöglichen. Nicht invasive Pflanzen wie die Silberlinde aus Südosteuropa und Kleinasien oder die Zerreiche aus dem Mittelmeerraum dürften daher willkommene neue Stadtbewohner sein.
Nicht nur exotische Pflanzen schätzen den Standort Stadt, sondern auch schon lange in der Schweiz heimische Pflanzen, deren ursprünglicher Standort durch die menschliche Nutzung verändert wurde. Ihnen erging es gleich wie unseren tierischen Stadtbewohnern, die wir letzte Woche behandelt haben. Besonders Ruderalflächen (Schuttflächen oder Flächen mit ähnlichem Untergrund) sind als Lebensraum interessant für Pflanzen; sie dienen als Ersatz für Schutthänge oder Kiesbänke entlang von Gewässern. Letztere sind aufgrund der Kanalisierung von Flüssen selten geworden. Pionierpflanzen wie die Krause Distel, die dunkle Königskerze und die grosse sowie kleine Klette finden auf städtischen Ruderalflächen ein neues Zuhause.
Ganz von selbst finden die Pflanzen aber kein förderliches neues Zuhause in unseren Städten. Ein wenig Unterstützung schadet nicht. Immer noch werden in vielen Überbauungen und städtischen Grünräumen wertvolle Pflanzen von bequemem „Abstandsgrün“, ja, eben auf Abstand gehalten. Nicht nur in den privaten Gärten, sondern auch im öffentlichen Raum bieten sich allerlei Möglichkeiten, die Stadt biodiverser und einladender zu gestalten: Die wir in den nächsten Wochen auch ausgiebiger erkunden werden.
Natur und Landschaft der Stadt Basel: Ruderalflächen - Ödland
WWF: Natur in Stadt und Dorf
BR Wissen: Stadtbäume müssen Hitze und Trockenheit verkraften
neophyt.ch
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