Pedosphäre – Klimakrise von Grund auf bekämpfen
Vielen ist nicht bewusst, welch eine grosse Hilfe der Boden im Kampf gegen die Klimakrise wäre.
Viele Dinge – etwa die Menge der Erträge oder die jährlichen Zyklen von Tieren und Pflanzen – hängen weitgehend von der Erhaltung gesunder Böden ab. Auch die Funktion als natürliche Kohlenstoffsenke ist dem Boden zugesagt. Hinter den Ozeanen ist der Boden die zweitgrösste Senke des Treibhausgases überhaupt. Die obersten 30 Zentimeter des Bodens – dort, wo sich der Humus befindet – enthält etwa die doppelte Menge an Kohlenstoff wie die Atmosphäre. Es versteht sich also, dass der Boden relevant für die Bekämpfung des Klimawandels ist.
Der Boden als grosse Hilfe gegen die Klimakrise
Die Sanierung von Ökosystemen und damit auch die Verbesserung der Bodenqualität könnte eine rentable Massnaheme für den Klimaschutz sein. Die European Environment Agency (EEA) spricht ihr eine dreifache Wirkung zu: Gesunde, wachsende Pflanzen entnehmen der Atmosphäre Kohlendioxid. Damit diese Pflanzen wachsen sind intakte Böden jedoch grundlegend. Deshalb könnten durch die Wiederherstellung von geschädigten Böden über 60 Milliarden Tonnen Kohlenstoff entfernt werden, wie die FAO berichtet. Es handelt sich hierbei zwar nicht um eine riesige Menge, dennoch stellt sie einen relevanten Anteil dar.
Daneben schützen viele natürliche und naturnahe Gebiete vor den Folgen des Klimawandels. Beispielsweise können gesunde Böden überschüssiges Wasser aufnehmen und speichern – damit mildern sie Überschwemmungen und Trockenheit. Mit dem gespeicherten Wasser bzw. durch den daraus entstehenden Wasserdampf (Verdunstung) beeinflusst den Boden das lokale sowie das regionale Klima. Durch diese Umwandlung von Wasser zu Wasserdampf wird der Luft nämlich Energie entzogen – es entsteht Verdunstungskälte. Das bedeutet schlicht, dass die Böden für Abkühlung bei Hitze sorgen und Dürren abschwächen können.
Neben diesen zwei Wirkungen binden gesunde Böden Kohlenstoff auch in der Erde – vor allem im Humus.
Kann Humusaufbau das Problem lösen?
Im Jahr 2015 schlug die französische Regierung an der Weltklimakonferenz in Paris die sogenannte «Vier-Promille-Initiative» vor. Es wurde ausgerechnet, dass alle menschengemachten CO2-Emissionen durch einen Humusaufbau im Boden von jährlich vier Promille ausgeglichen werden könnten. Doch wie man nun weiss, lag man damals falsch: Auf diese Weise liessen sich ein Viertel bis maximal ein Drittel der Emissionen ausgleichen. Diese im Vergleich viel kleinere Zahl ist darauf zurückzuführen, dass die Nahrungsmittelproduktion bestehen bleiben muss und dass nicht alle Böden dafür geeignet sind. Ebenfalls fehlen detaillierte Bodenkarten, um Prognosen bezüglich des Klimas und der Ertragssteigerung aufzustellen.
Humusaufbau würde sich vor allem in Gebieten bewähren, wo fruchtbarer Boden verloren gegangen ist (z.B. durch Entwaldung oder Erosion). Die Förderung von Humus wäre dort nicht nur auf Grund des Kohlendioxids nötig – obwohl Humus uns dabei auch enorm weiterhilft –, sondern besonders auch für der Vegetation und das Ökosystem als Ganzes. Es ist also in vielem Belangen entscheidend, den Fokus auf den Humusaufbau zu lenken.
Wie kann Humus gefördert werden?
Eine schnelle Möglichkeit, wie den Kohlenstoffanteil im Boden zu erhöhen und zugleich zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit und zur Vermeidung von Erosion beizutragen, ist es, Ackerland in Grünland umzuwandeln. Der effektivste Weg sei die Gründüngung. Diese bezeichnet den gezielten Anbau von Pflanzen, die die Bodenqualität verbessern. Pflanzen, die besonders viel Humus bilden, sind vor allem jene mit vielen tiefen Wurzeln – etwa Klee und Luzerne. Für einen langfristigen Humusaufbau wird jedoch vor allem der Anbau von Windschutzhecken empfohlen. Hecken speichern zusätzlich viel Kohlenstoff, verhindern Erosion und helfen dem Biotopschutz.Wissenschaftler meinen, dass auch Züchter mitwirken können. In den letzten Jahrzehnten seien die Wurzeln von vielen Pflanzen immer kleiner gezüchtet worden. Diesen Trend müsste man für die Humusbildung wieder umkehren. Längere Wurzeln würden auch bei Trockenperioden helfen.
Daneben könne auch eine «Impfung» mit regionalen Regenwürmern die Humusbildung fördern. Dies habe ein Projekt mit Trockenreisanbau auf den Philippinen gezeigt. Dagegen beeinträchtigen grosse Mengen Pestiziden und Dünger sowie das Pflügen und Verdichten der Böden Mikroorganismen und andere Bodentiere wie die Regenwürmer. Ohne diese kann jedoch kein Humus gebildet werden. Das zeigt wiederum, dass es nicht nur wichtig ist, Humus aufzubauen, sondern eben auch Humusverluste (aus kohlenstoffreichen Böden) zu verhindern. Wälder, Wiesen und Moore sollten also auf alle Fälle erhalten bleiben.
Ausblick
Klima und Boden stehen in einer komplexen Wechselbeziehung: «Klimaänderungen beeinflussen den Boden, veränderte Bodenverhältnisse beeinflussen das Klima». Der Boden ist also – wie wir alle – auch vom Klimawandel betroffen. Wenn wir unser Verhalten ändern und uns mehr für den Schutz des Bodens einsetzen, können Teile des Klimaproblems gelöst werden. Leider ist der breiten Masse die Rolle des Bodens im Zusammenhang mit Klimaveränderungen erst gar nicht bekannt oder nicht hinreichend bewusst. Aufklärung ist essenziell.
Süddeutsche Zeitung: Abgase in den Boden
EEA: Boden, Land und Klimawandel
Bodenwelten: Rolle der Böden im Klimawandel
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