Neu entdeckt: Das grösste Kaltwasser-Korallenriff

Kaum zu glauben: Ein gigantisches Kaltwasser-Korallenriff wurde gerade erst entdeckt und kartiert.

Neu entdeckt: Das grösste Kaltwasser-Korallenriff
Auch tief unter dem Meeresspiegel gibt es riesige Ökosysteme mit einer grossen Artenvielfalt (John Cahli Rom, Pexels)

Forschende entdeckten vor der US-Ostküste ein riesiges Kaltwasser-Korallenriff. Es soll sich um das bislang grösste uns bekannte Kaltwasser-Riff der Welt handeln. Bereits das Kerngebiet, das sogenannte «Million Mounds», erstreckt sich über 254 Kilometer und umfasst über 35'000 einzelne Korallenhügel. Alleine dieser Teil ist somit grösser ist als alle anderen Kaltwasserkorallenriffe.

Kaltwasserkorallen

Rund 3'400 Korallenarten – von über 5'000 bekannten Arten – leben in Wassertiefen von 50 bis 6'000 Metern. Kaltwasserkorallen kommen in kaltem und tiefem Wasser vor. Bevorzugt sind Standorte mit Strömungen, da dort das Nahrungsangebot (v.a. Plankton) gross ist. Mit ihren Tentakeln filtrieren die Kaltwasserkorallen Plankton und andere Nahrung aus dem Wasser.
Kaltwasserkorallen wachsen nur sehr langsam und sind sehr empfindlich gegenüber mechanischen Belastungen. Durch Bodenschleppnetze können ganze Riffe für immer zerstört werden. Deshalb wurde die Bodenfischerei in vielen europäischen Gewässern verboten. Zudem gelten heute einige Kaltwasser-Korallenrife als Schutzgebiete.

Das neu entdeckte Blake-Riff

Das von Forschenden von der US National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) entdeckte, riesige Kaltwasserkorallengebiet reicht etwa von der Höhe Miamis bis nach Charleston (South Carolina) und liegt in einer Tiefe zwischen 500 und 1'000 Metern. Schon frühere Studien zeigten, dass es in diesem Gebiet einige Kaltwasserkorallen gibt, doch niemand ahnte auch nur ansatzweise, wie gross dieses Riff in Wirklichkeit ist. Das komplette Riff erstreckt sich über eine Länge von 500 Kilometern und eine Breite von 110 km – gesamthaft bedeckt es eine Fläche von 26'064 Quadratkilometern. Es besteht aus 83'908 einzelnen Korallenhügeln. Allein das dicht besiedelte Kerngebiet des Riffs ist grösser als jedes andere bisher entdeckte und beschriebene Kaltwasserkorallenriff: Auf seiner Fläche von 6215 Quadratkilometern und beherbergt es über 35'000 Korallenhügel. Das Million Mounds liegt genau dort, wo der Golfstrom seine stärkste Strömung hat. Die Forschenden meinen, damit zeige sich auch, wie bedeutend die Strömungen als Nähstofflieferanten sind.
Die Forschenden werteten insgesamt 31 Multibeam-Sonar-Messkampagnen-Daten aus und führten 23 Tauchfahrten mit Tauchrobotern durch, um ihre Kartierung zu vollenden.   

Jahrelang dachten wir, dass das Blake Plateau vorwiegend aus spärlich besiedeltem, weichem Sediment besteht. Aber nach mehr als zehn Jahren der Erkundung und Kartierung haben wir nun hier eines der größten Kaltwasser-Korallenriffe weltweit aufgedeckt. Diese Entdeckung unterstreicht, wie wichtig es ist, wenigstens den Meeresgrund in unserem "Vorgarten" genauer zu erkunden.
– Kasey Cantwell, Co-Autorin

Die Tauchgänge verrieten, dass besonders eine Tiefsee-Steinkoralle in den meisten Gebieten des Riffs vorherrschend ist: Die Desmophyllum pertusum. Das ist nicht erstaunlich, da sie als wichtigster «Riffbauer» unter den Kaltwasserkorallen gilt. Sie ist global weit verbreitet. Oft findet man die Desmophyllum gemeinsam mit der Art Madrepora oculata vor. Daneben leben im Riff aber auch noch viele andere Korallenarten. Die dichte Ansammlung der verschiedenen Korallen dient einer Vielzahl anderer Spezies als Lebensraum. Das Team meint, die meisten der im Riff lebenden Organismen seien wahrscheinlich noch unbekannt.

Kaltwasserriffe sind im Gegensatz zu den tropischen Flachwasserriffen vom Klimawandel und der Ozeanversauerung noch nicht so stark betroffen. Stattdessen werden sie durch die Fischerei – Trawler mit Schleppnetzen – und durch die Ölgewinnung gefährdet. Hinzu wird künftig womöglich auch der Tiefseebergbau kommen. Werden die Riffe zerstört, so gehen der ohnehin schon unterdruckstehenden maritimen Artenvielfalt weitere wertvolle Ökosysteme verloren.