Schokolade, bittersüss…
Das Produkt ist süss, doch die Herstellung kommt mit einem bitteren Beigeschmack.
Aktuell berichten viele Medien von Kinderarbeit auf Kakaoplantagen. Aufmerksamkeit auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitenden und der Kakaobauern zu lenken ist wichtig. Trotzdem ist die Kinderarbeit lange nicht die einzige Schattenseite der Schokoladenherstellung – auch die Umwelt wird durch die Produktion stark belastet. Ihre Herstellung benötigt Unmengen an Wasser und Flächen. Gleichzeitig kommt es zu vielen Treibhausgasemissionen. Es hat also seine Gründe, weshalb Schokolade auf Platz 5 im Ranking der klimaschädlichsten Lebensmittel liegt.
Ohne Frucht kein Produkt
Unabdingbar für die Herstellung von Schokolade sind die Früchte des Kakaobaums. Eine Tafel Schokolade benötigt rund 90 Kakaobohnen. Damit die Samen überhaupt wachsen, müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein: Die Züchtung der Kakaobäume ist sehr anspruchsvoll, da die Pflanzen auf nährstoffreiche Böden und Temperaturen von stets über 16 Grad angewiesen sind. Es versteht sich also, dass Monokulturen dafür ungeeignet sind – und dennoch gibt es unzählige davon. Auf solchen Plantagen wachsen die Bäume in der prallen Sonne, obwohl der Kakaobaum idealerweise im Schatten von anderen Pflanzen steht.
Zudem sind Monokulturen angesichts der lokalen Bodenqualität äusserst bedenklich: Durch den Anbau von nur einer Pflanzenart sinkt der Humusgehalt und es kommt zu einer einseitigen Nutzung von bestimmten Nährstoffen, wodurch auch die Bodenorganismen verarmen. Zudem geht die Wasseraufnahme und -Speicherfähigkeit des Bodens verloren. Schädlinge sowie Krankheitserreger treten öfter auf und können sich schneller vermehren. Die Erträge nehmen deshalb langfristig ab.
Kakaobäume werden in 62 Ländern weltweit angebaut. Mehr als 66 Prozent der globalen Kakaoproduktion befindet sich in Afrika. Um den Bedarf an Kakao der Schweiz zu decken, war im Zeitraum von 2015 bis 2019 jährlich eine Fläche von durchschnittlich mehr als 300'000 Hektar erforderlich. Dies entspricht etwa sieben Prozent der Fläche der Schweiz. Die erforderlichen Landflächen haben dabei – aufgrund steigender Nachfrage – stetig zugenommen. Damit ist der Anbau von Kakao – neben anderen Lebensmitteln wie Palmöl, Kaffee oder Soja – einer der Hauptantreiber von Entwaldung. 54 Prozent des in die Schweiz importierten Kakaos stammen aus Ländern mit hohem Entwaldungsrisiko (Ghana, Côte d’Ivoire oder Indonesien). In einer Region der Elfenbeinküste zum Beispiel wurden 90 Prozent der Wälder abgeholzt und durch Kakaoplantagen ersetzt.
Über 90 Prozent der globalen Kakaoproduktion stammt von Kleinbauern – sprich Farmen mit nur 2 bis 5 Hektar Fläche. Diese Bauern sind auf den Kakaoanbau angewiesen, obwohl sie typischerweise nur einen kleinen Prozentsatz des totalen Kakao-Preises erhalten.
Entlang des gesamten Entstehungsprozesses der Schokolade entstehen hohe Treibhausgasemissionen: Durch die landwirtschaftliche Produktion, den Transport und Handel, die Verarbeitung der Bohnen sowie durch die Verpackung und Lagerung. Einzig für die reine Kakaomasse werden bereits pro Kilo 2,8 kg CO2 emittiert. Zum Vergleich: Pro Kilo Kaffee werden 0,6 kg CO2 produziert. Im Schnitt betrugen zwischen 2015 und 19 die jährlichen Treibhausgasemissionen, die mit den Kakaoimporten der Schweiz verbunden sind, 879'000 Tonnen CO2-Äquivalente.
Hinzu kommt die grosse Menge an Wasser, die benötigt wird: Für die Produktion von einem Kilogramm Kakaobohnen werden bis zu 27'000 Liter Wasser verbraucht. Um den Wasserverbrauch der fertigen Schokolade zu berechnen, müssen natürlich alle Aspekte – darunter auch bspw. Reinigungs- und Kühlungsprozesse – berücksichtigt werden. Dabei kommt man für eine Tafel Schokolade von 100 Gramm schliesslich auf etwa 1700 Liter Wasser – somit gehört Schokolade zu den Produkten mit dem grössten «Wasser-Fussabdruck».
Oft befindet sich in der Schokolade Milch. Doch durch die freigesetzten Treibhausgase der Milchproduktion gilt; je höher der Milch-Anteil, desto mehr CO2 wurde produziert. Sie gilt daher als klimaschädlicher. Zudem enthalten viele Schokoladenprodukte Palmöl. Für Palmölplantagen werden vielerorts grosse Teile des Regenwalds gerodet.
Soll ich noch Schokolade essen?
Vollständig auf Schokolade verzichten muss man nicht. Wie gesagt sichert sie auch den Lebensunterhalt von Kleinbauern. Wichtig ist jedoch ein bewusster und massvoller Konsum. Einkaufen sollte man demnach nachhaltig produzierte Schokolade – d.h. zertifizierte Produkte aus biologischem Anbau und fairem Handel. Leider muss auch hier aufgepasst werden, denn nur wenige Schokoladenunternehmen können vollständig zurückverfolgen, woher ihr Kakao stammt. Ohne dieses vollständige Wissen sollte keine Schokolade mit dem Etikett «Nachhaltigkeit» versehen sein – dennoch sind es viele.
Die «Chocolate Scorecard 2023» ist eine Zusammenarbeit zwischen NGOs (Non-governmental organisation), Universitäten und Unternehmen. Sie verfolgt das Ziel, Industrien anhand ihrer Leistungen bezüglich der Bewältigung von ökologischen und sozialen Fragen hinsichtlich des Kakaos zu analysieren. Dazu wurden 72 Schokoladeunternehmen auf folgende Nachhaltigkeitsaspekte bewertet: In Bezug auf das Klima, die Entwaldung, die Forstwirtschaft und Agrarchemikalien sowie auf die Rückverfolgbarkeit, die Transparenz, die Kinderarbeit und das existenzsichernde Einkommen. Die Nachhaltigkeits-Rangliste ist hier einsehbar und erlaubt auch ein Urteil darüber, welche Schokoladehersteller die Zeichen der Zeit erkannt haben und sich aktiv um die ökologische und soziale Verbesserung ihrer Produktion bemühen.
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