Mehr Säure, weniger Aragonit in der Ozeanzusammensetzung
Wasser und Luft tauschen andauernd Gas miteinander aus. Ein ETH-Forschungsteam konnte nun erstmals stabil belegen, wie stark die Versauerung der Ozeane durch CO2 weltweit zunimmt.
Die CO2-Aufnahme hat bereits heute drastische Folgen für die Ozeane. Anhand neuer globaler Vergleichsmessungen kann nun gezeigt werden, wie weit die Ozeanversauerung in den letzten 40 Jahren fortgeschritten ist. Der Aragonit-Gehalt hat um zehn Prozent abgenommen und der pH-Wert um 0,07 Punkte.
Was ist der pH-Wert?
Der pH-Wert ist primär ein Mass dafür, wie sauer bzw. alkalisch eine Lösung ist. Dabei reicht die Skala von 0 bis 14, wobei die 7 neutral ist – reines, destilliertes Wasser. Tiefer als 7 bedeutet sauer (mehr H+), höher sagt basisch (weniger H+). Das Meerwasser ist leicht alkalisch und sollte demnach einen pH-Wert von gut 8 haben.
Der pH-Wert wird anhand einer Logarithmischen Skala gemessen. Das bedeutet, dass bereits kleine Änderungen eine grosse Wirkung haben. Eine Änderung des Säuregrads um eine pH-Einheit bedeutet eine veränderte Konzentration der [H3O]+-Ionen um den Faktor 10.
Was ist Aragonit?
Genau wie wir Calcium für unsere Zähne und Knochen benötigen, so benötigen Meeresorganismen Calcium in Form von Carbonaten für ihre Schalen und Skelette. Im Ozean liegen zwei Formen von Calciumcarbonat vor: Calcit und Aragonit. Wobei Aragonit löslicher ist als Calcit; vor allem in kohlendioxidgesättigtem Wasser.
Physikalische Basis der Ozeanversauerung
Das Prinzip ist schon lange bekannt: Steigt der Kohlendioxidgehalt der Luft an, so löst sich mehr CO2 im Wasser der Ozeane. Es entsteht Kohlensäure, und das Wasser wird saurer.
Parallel dazu reagiert ein Teil des Kohlendioxids mit gelösten Carbonaten im Wasser – darunter auch Aragonit. Diese nehmen daraufhin ab.
Neue Erkenntnisse
Auch wenn diese physikalische Basis des Vorgangs schon seit langem bekannt sind, so konnte seine weltweite Wirkung bisher nur unzureichend durch Beobachtungen bestätigt werden. Einem Forschungsteam der ETH Zürich gelang es nun nachzuweisen, dass pH-Wert und Aragonit-Sättigung im gesamten Ozean – durch den Anstieg des gelösten Kohlenstoffes aus der Atmosphäre – gesunken sind. Ihr Beleg basiert auf einem aktuellen globalen Datensatz sowie Vergleichsdaten aus der Zeit von 1982 bis 2021. Konkret wurde vom Team festgestellt, dass die Aragonit-Gehalte in den Meeren seit 1982 durchschnittlich um zehn Prozent gesunken sind. Zudem hat sich der pH-Wert im weltweiten Schnitt um 0,071 Punkte verringert. Das entspricht einer Zunahme des Säuregrades um 18 Prozent. Weiter zeigen die Daten, dass die Ozeanversauerung voranschreitet: Der pH-Wert fällt pro Jahrzehnt um 0,016 Punkte.
Regional gibt es jedoch grosse Unterschiede. Im tropischen und subtropischen Pazifik ist die Aragonit Abnahme am deutlichsten – rund 50 Prozent höher als im globalen Schnitt. Auch die Abnahme des pH-Werts fällt nicht überall gleich hoch aus. Er sinkt im südlichen Ozean, Nordatlantik und -Pazifik rund 15 Prozent schneller als woanders. In den subtropischen Strömungswirbeln dagegen sinkt er um etwa 25 Prozent langsamer.
Ist eine Entsäuerung der Ozeane möglich?
Theoretisch ist es denkbar, die Weltmeere mit Chemikalien anzureichern, um dem CO2 entgegenzuwirken. Praktisch ist eine Umsetzung aber kaum möglich: Zwei Tonnen Kalk bräuchte man, um eine Tonne Kohlendioxid zu neutralisieren, wobei global davon jedes Jahr Milliarden Tonnen ausgestossen werden. Doch auch ohne weitere CO2-Einträge würde es Jahrtausende dauern, bis die chemische Zusammensetzung der Ozeane wieder bei ihrem vorindustriellen Stand wäre. Auf Grund dessen lässt sich die bisherige Versauerung wahrscheinlich nicht mehr rückgängig machen. Ziel muss es sein, die zusätzliche Versauerung zu stoppen.
scinexx: Wie stark ist die Versauerung der Ozeane?
National Geographic: Wenn die Meere sauer werden
USGS: Aragonite
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