Wenn Sie dieses Bild vor Augen haben: Haben Sie sich schon einmal gefragt, woher dann diese grossen Mengen an Bio-Produkten kommen? Bei jedem Detailhändler stehen viele Liter Bio-Milch und Bio-Joghurt, das Bio-Eierregal ist immer voll und die Bio-Käsetheke quillt über.
Nicht nur in der konventionellen Landwirtschaft wird industriell gearbeitet, sondern auch in der Bio-Produktion. Die romantische Kleinbauernidylle existiert kaum mehr. Dennoch sollte man biologisch produzierte Produkte den konventionellen vorziehen, da der Ansatz des Bio-Landbaus aus ökologischen, nachhaltigen und Tierschutzgründen unterstützenswert ist.
Typischerweise erkennt man entsprechende Lebensmittel an einem Label. Die gängigsten Schweizer Biolabel sind die Knospe von Bio Suisse, Naturaplan von Coop, Migros Bio vom Migros Genossenschaftsbund und Demeter des Demeter Verbandes.
Die Bio (Suisse) Knospe
Bio Suisse ist der Dachverband der Schweizer Knospe-Betriebe und Eigentümerin der eingetragenen Marke Knospe. Die Träger sind die über 5'600 Knospe-Betriebe, die in 32 Mitgliedorganisationen organisiert sind. Knospe-Produkte erkennt man an dem Knospe-Label, welches in drei Ausführungen existiert: Die Bio Suisse Knospe – über 90 % der Rohstoffe stammen aus der Schweiz; die reine Bio Knospe – mehr als 10 % der Rohstoffe sind importiert; die Umstellungs-Knospe – der Betrieb befindet sich in der Umstellungsphase (mindestens zwei Jahre).
Die Bio Suisse Richtlinien gehen zurück auf die Anbaulehren und –formen von Rudolf Steiner und hauptsächich dem Biologen Hans Müller und dessen Frau Maria. Anfang der 1980er Jahre wurde die Knospe gegründet und fast 15 Jahre später trat die erste Schweizer Bio-Verordnung in Kraft. Die Knospe Richtlinien sind zum Teil strenger als die Vorgaben der Bio-Verordnung und berücksichtigen auch ökologische Aspekte. So müssen beispielsweise mindestens 10 % der Fruchtfolgefläche das ganze Jahr über begrünt sein. Auch die Bodenbearbeitung ist schonend durchzuführen; sogenannte «Hors-sol»-Pflanzenproduktionstechniken (Hydrokultur, Nährfilmtechnik oder ähnliches), bzw. die vollständige Trennung der Wurzelzone vom gewachsenen Boden (z. B. durch Plastikfolien, Vliese etc.) ist grundsätzlich verboten.
Des Weiteren müssen 7% der landwirtschaftlichen Betriebsfläche als ökologischer Ausgleich ausgewiesen werden. Zusätzlich muss jeder Betrieb 12 Fördermassnahmen innerhalb der Bereiche, ökologische Aufwertung, Strukturvielfalt oder Biodiversität umsetzen.
Trotz des ganzheitlichen Ansatzes in der Bewirtschaftung ist der Einsatz organischer Stickstoffdünger erlaubt, muss aber der Betriebsgrösse angepasst werden. Ebenso wird auf die Verwendung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) verzichtet, wobei Verunreinigungen durch Abdrift nicht ausgeschlossen werden können, weshalb ein GVO-Grenzwert von 0.1% festgesetzt wurde.
Die Anforderungen in der Tierhaltung sind stark an die allgemeine Schweizer Bio-Verordnung angelehnt. Auch hier gelten die Bestimmungen nach RAUS (Regelmässiger Auslauf von Nutztieren im Freien) und BTS (Besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme). Dennoch ist die Anbindehaltung, welche zwar grundsätzlich verboten ist, für Rinder und zum Teil Ziegen erlaubt.
Ebenso ist es wenig nachvollziehbar, dass auf einem Bio-Betrieb vor allem das Enthornen, Schwanz kupieren und die Kastration, unter Einhaltung der Tierschutzverordnung, gestattet sind. Ob die Richtlinien eingehalten werden, wird durch regelmässige Kontrollen, die allerdings zum Teil angemeldet sind, überprüft.
Naturaplan von Coop
Der Detailhändler Coop, als Promotor und Marktführer von Bioprodukten, ist er Hauptvertreiber der Knospe-Produkte, die unter dem Markennamen Naturaplan vertrieben werden. Diese Lebensmittel werden zwar hauptsächlich nach den Bio Suisse Richtlinien produziert, dennoch können auch Bestandteile enthalten sein, die aus dem Ausland (nach EU-Verordnung) importiert wurden.
Migros BIO
Die Produkte unter dem Label Migros Bio werden sowohl nach Bio Suisse, der Schweizer Bio-Verordnung, oder der EU-Bio-Verordnung produziert, wobei von diesen drei die Bio Suisse die strengsten Anbaurichtlinien hat.
Demeter
Die Basis der biologisch-dynamischen Landwirtschaft bildet die anthroposophische Lehre von Rudolf Steiner. Diese Art der Bewirtschaftung erfolgt ganzheitlich, die Richtlinien sind in jeglicher Hinsicht sehr streng. Bei der Tierhaltung wird beispielsweise nicht nur auf einen artgerechten, sondern auf einen wesensgerechten Umgang geachtet. Jeglicher Einsatz von hoffremden Düngern ist verboten, es dürfen auch nur so viele Tiere gehalten werden, die durch die hofeigene Futterproduktion versorgt werden können. Die Demeter Richtlinien sind bisher die strengsten und ganzheitlichsten in der Landwirtschaft.
EU-Bio-Verordnung
Auch wenn Bio Suisse und die Detailhändler darum bemüht sind, Schweizer Produkte und Bestandteile für ihre Bio-Marken zu verwenden, so kann es trotzdem sein, dass bestimmte Inhaltsstoffe importiert werden müssen. Wird aus der EU eingeführt, müssen die Waren mindestens der EU-Bio-Verordnung entsprechen. Doch hier sollte man mit Bedacht zugreifen. Die EU-Bio-Verordnung ist der kleinste gemeinsame Nenner auf den sich die Mitgliederstaaten einigen konnten, wobei es mehr um technische Vereinheitlichungen und nicht unbedingt um Verbesserungen in der artgerechten Tierhaltung geht. So liegt beispielsweise die Besatzdichte bei der Hühnerhaltung in einem Schweizer Betrieb bei maximal 4'000 Tieren, in der EU sind fast 5'000 Hühner erlaubt. Auch ist die, sogenannte Kleingruppenhaltung bei Legehennen in der EU nur eine kleine Verbesserung im Vergleich zur ehemaligen Käfighaltung, artgerecht ist sie noch lange nicht. Nach der aktuellen Coop Zeitung vom Februar übersteigt der Eierkonsum in der Schweiz die inländischen Produktionsmengen, weshalb importiert werden muss. Vielleicht kann man im Hinblick auf Ostern bedenken, dass die Eier nur von halbglücklichen Hühnern stammen könnten.
Der Kleinbauer vom Land existiert nicht mehr flächendeckend, auch die Bio-Bauern arbeiten industriell und in grossen Mengen. Dennoch sind sie verstärkt darum bemüht mit der Natur zu arbeiten und nicht gegen sie, ihre Tiere besser zu halten und eine nachhaltigere Landwirtschaft zu betreiben.
Interessante Links:
Homepage Biosuisse.
Biosuisse: "Richtlinien. Für die Erzeugung, Verarbeitung und den Handel mit Knospe-Produkten."
Europäische Union: Bio-Verordnung 889/2008, vom 5. September 2008.
Tagesanzeiger: "Bio wird Opfer der zelebrierten Bilder", vom 27. Februar 2013.
SRF: Radiobeitrag aus der Sendung Espresso: "Bio ist gut, Kontrolle ist besser", vom 20. Juli 2011.
Kommentare (0) anzeigenausblenden