In Zürich, Luzern, Bern und Basel entstehen immer mehr 2000-Watt Siedlungen, in Frankreich wurden sogenannte EcoQuartier gebaut. Es ist klar zu erkennen, dass das Umweltbewusstsein der Menschen auch im Bereich Wohnen steigt. Immer mehr Leute erachten es als wichtig, in einer nachhaltigen Siedlung zu wohnen. Diese Tendenz bewerten wir als durchaus sehr positiv. Allerdings ist auch zu erkennen, dass dabei das ökologische Bewusstsein nur bis zu einem gewissen Punkt im Vordergrund steht. Denn einschränken möchte sich kaum jemand. Eine kürzlich publizierte Studie der Forschungsstelle Sotomo bestätigt diese Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen ökologischen Verantwortung und dem Bedürfnis, frei zu konsumieren. 59 Prozent der Befragten sagen, dass Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit für sie von grosser Bedeutung sei. Allerdings hat diese Wertvorstellung kaum oder nur einen geringen Einfluss auf das Verhalten.
Naturliebhaber fördern die Zersiedlung
Das Leben in der Stadt finden vor allem junge Leute attraktiv. Sobald es jedoch an die Familienplanung geht, bevorzugt die Mehrheit das Land. Die Studie zeigt auf, dass zwei Drittel der Schweizer sich danach sehnen, an einem Schönen, in der Natur eingebetteten Ort zu wohnen. Das Widersprüchliche daran ist jedoch, dass genau dieses Wohnideal zur Zersiedlung führt. Ebenso entsteht dadurch meist ein langer Arbeitsweg, welcher mit Auto, Bus oder Zug die Umwelt unnötig stark belastet. Idealerweise ist der Arbeitsplatz nahe am Wohnort gelegen, so dass Pendeln vermieden werden kann. Zudem verlangt die Mehrheit nach möglichst grossem Wohnraum. Einfamilienhäuser sind nach wie vor sehr gefragt, obwohl diese deutlich mehr Energie benötigen als Mehrfamilienhäuser.
Inkonsequenz in den nachhaltigen Siedlungskonzepten
Im Durchschnitt liegt der Schweizer Verbrauch bei 5500 Watt pro Person. Vor rund 55 Jahren lag dieser Wert 3500 Watt tiefer. Somit setzt sich die 2000-Watt-Gesellschaft ambitionierte Ziele, denn seit 1960 hat sich einiges an unserem Konsum verändert. Durch die 2000-Watt-Siedlungen sollen wir jedoch energietechnisch zu diesem Standpunkt zurückkehren. Das Problem an diesen Siedlungen liegt allerdings an der Zertifizierung, welche vom Verein Energiestadt vergeben wird. Geprüft wird das Potenzial in diversen Bereichen: Gebäude, Erstellung, Betrieb, Mobilität Versorgung, Entsorgung, Management-System, Kommunikation und Kooperation. Um die Zertifizierung zu erhalten, muss allerdings bloss ein Durchschnittswert von 50 Prozent erreicht werden. Ähnliche Kritikpunkte fanden wir bei den EcoQuartiers in Frankreich. Die Anforderungen bestehen aus einem 20 Punkteplan, welcher in vier Themengruppen unterteilt ist: Entwicklung und Prozess, Lebenswelt und Nutzung, Entwicklung der Fläche, Ressourcenschutz in Bezug auf den Klimawandel. Leider ist aber nicht ersichtlich, zu welchem Anteil diese Anforderungen erfüllt sein müssen. Diese nachhaltigen Quartiere sind ganz klar Vorreiter im Bereich der Ökologie und ein sehr guter Ansatz. Trotzdem sind wir der Meinung, dass noch deutlicher Spielraum besteht, um diese nachhaltigen Konzepte effizienter zu gestalten.
"Wir alle sollten uns um die Zukunft sorgen, denn wir werden den Rest unseres Lebens dort verbringen."
Charles F. Ketterin, amerikanischer Industrieller (1876-1958)
Der spürbare Wertewandel ist angesichts der steigenden Klimabelastung von hoher Dringlichkeit. Allerdings sollte nicht erwartet werden, dass durch nachhaltige Siedlungen alle Umweltprobleme gelöst sind und wir weiterhin, trotz begrenzter Ressourcen, masslos konsumieren können. Sie werden sich als ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung bewähren, doch die Wanderung noch längst nicht abschliessen.
Weiterführende Informationen/Quellen
Studie Sotomo
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