Die Kommunikation, Sinne und Intelligenz der Pflanzen

25 Apr 2017
Pflanzen haben nicht nur in den Adern hochleistungsfähige Netzwerke ausgebildet. Pflanzen haben nicht nur in den Adern hochleistungsfähige Netzwerke ausgebildet.

Laut neuer wissenschaftlichen Erkenntnisse haben Pflanzen nicht nur mehr Sinne als wir, sondern kommunizieren, erkennen Verwandte und fällen Entscheidungen.

Mindestens 99.5% der Biomasse auf der Erde sind Pflanzen. Es ist also fraglich, ob der Mensch den Planeten wirklich so im Griff hat oder ob es vielleicht sogar umgekehrt ist – und sich so die gewagte These, dass Pflanzen nicht nur Insekten, sondern sogar uns manipulieren, um sich zu verbreiten, bestätigt.

Die Sinne der Pflanzen

Klar, Pflanzen haben weder Augen, Nase, noch Mund und Ohren. Trotzdem hat die Wissenschaft entdeckt, dass Pflanzen sogar mehr Sinne haben als der Mensch. Unser Weltbild der Biologie durchläuft zurzeit eine ziemliche Revolution. Die Sinne der Pflanzen sind nicht auf Organe angewiesen, sondern als Funktionen im ganzen System integriert, damit ein gefrässiges Tier keinen allzu grossen Schaden daran anrichtet, wenn es die Pflanze anknabbert.

Sehen: Jeder, der eine Zimmerpflanze zuhause hat, kann beobachten, dass diese sich zum Licht hinwendet. Wenn man die Definition von Meyers Grossem Lexikon nimmt, nach der Sehen als die Wahrnehmung von optischen Reizen definiert wird, können Pflanzen also sehr wohl sehen. Mithilfe von Fotorezeptoren, chemischen Molekülen in der Pflanze, können sie Licht und sogar Wellenlängen erkennen.

Riechen: Durch Rezeptoren in den Zellen können Pflanzen Düfte entschlüsseln und Botschaften versenden. So können Pflanzen mit Insekten, anderen Pflanzen und sogar Säugetieren kommunizieren und sich ihre Umwelt zunutze machen.

Schmecken: Rezeptoren in den Wurzeln helfen der Pflanze, Nährstoffe im Boden zu finden. Kleinste Mengen von Phosphat können so beispielsweise in vielen Kubikmetern Erde aufgestöbert werden.

Fühlen: Die Wurzeln ertasten Hindernisse und umgehen diese. Doch auch die Blätter weisen mechanosensible Kanäle auf: Die Mimosa Pudica beispielsweise klappt ihre Blätter bei Berührung ein, nicht aber bei Wind oder Regen.

Hören: Diese mechanosensiblen Kanäle funktionieren auch als Ohren der Pflanze. Schwingungen  werden über den Boden verbreitet und von den Pflanzen in ihren Zellen aufgefangen. Es gibt sogar schon Studien, die bestätigen, dass bestimmte Frequenzen auch das Wachstum von Pflanzen fördern.

Damit nicht genug: Pflanzen können auch Feuchtigkeit, Schwerkraft, elektromagnetische Felder und die Anteile von chemischen Stoffen in Luft und Boden wahrnehmen!

Die Kommunikation der Pflanzen

Dank elektrischer Signale, die durch Öffnungen in der Zellwand (Plasmodesmen) weitergeleitet werden, kommunizieren Wurzeln und Blätter einer Pflanze miteinander. Wenn beispielsweise die Wurzeln Wasserknappheit signalisieren, schliessen die Blätter die Rezeptoren für die Fotosynthese, da durch offene Rezeptoren Wasser ausdunstet.  Die Signale werden zwar nicht im Bruchteil einer Sekunde von der Wurzel zum Blatt übertragen, aber doch innerhalb weniger Minuten (beispielsweise bei einer Sonnenblume).

Pflanzen kommunizieren sogar untereinander: Durch chemische Moleküle  werden Informationen durch Luft und Wasser übermittelt. Aber auch durch ihre Körperhaltung verständigen sich Pflanzen: Gewisse Bäume wie Pinien mögen keine Berührungen und wachsen nur so nahe aneinander ran, damit noch ein kleiner Abstand bleibt. Des Weiteren erkennen sie ihre eigenen Verwandten. Dies wurde in einem Experiment festgestellt, wo 30 nichtverwandte Samen derselben Pflanzenart und 30 Samen derselben Mutterpflanze in zwei gleichgrossen Töpfen gezüchtet wurden. Die nicht verwandten Pflanzen bildeten ein ausgedehntes Wurzelwerk, um das eigene Überleben zu sichern. Die verwandten Pflanzen hatten verlegten sich auf mehr oberirdische Pflanzenteile, da sie nicht konkurrieren mussten.  

Pflanzen können noch weitaus mehr: Sie tricksen alle möglichen Lebewesen, ja vielleicht sogar uns, regelrecht aus, um ihr Überleben und ihre Fortpflanzung sicherzustellen. Sie locken mit farbigen, duftenden Blüten und Früchten und verführen so ihre Opfer. Die fleischfressende Kannenpflanze verdaut ganze Kleintiere wie Mäuse, um an Phosphor zu kommen. Andere, „nettere“ Pflanzen wie der Kirschbaum vertrauen ihre Pollen den Bienen an und belohnen sie dafür mit Nektar.

Sind Pflanzen intelligent?

Kurz gesagt: Ja. Schon Darwin hat die Sinne und die gehirnähnlichen Funktionen der Wurzeln entdeckt. Wie oben beschrieben reagieren Pflanzen auf ihre Umwelt, obwohl sie keine Sinnesorgane haben. Wieso sollten sie also nicht auch Intelligenz besitzen, auch wenn sie kein Gehirn haben? Wurzelspitzen untersuchen ständig zahlreiche Parameter und müssen sich entscheiden: Sauerstoff, Wasser oder Mineralstoffe aufspüren? Dazu kommen noch Hindernisse, andere Pflanzen und Schädlinge mit ins Spiel. Dass die Pflanze all diese Einflüsse gegeneinander abwägt und so das Überleben der Pflanze sichert, ist äussert beeindruckend. Bäume haben schätzungsweise mehrere Hundert solcher Wurzelspitzen, die jeweils verschiedene Botschaften weiterzugeben haben. Laut dem italienischen Botaniker Stefano Mancuso funktionieren Wurzeln wie das Internet oder wie ein Vogelschwarm.

„Während das Wurzelwerk wächst und gedeiht, fungiert es als eine Art kollektives Gehirn oder verteilte Intelligenz, das die Pflanze steuert und lebenswichtige Informationen, etwa für die Nahrungsaufnahme, erfasst.“ – Stefano Mancuso & Alessandra Viola, Die Intelligenz der Pflanzen

Diese Erkenntnisse revolutionieren nicht nur unser Weltbild, sondern können uns einer nachhaltigen Zukunft grosse Stücke näher bringen.

 

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