Ist im Backpacker-Rucksack Platz für Nachhaltigkeit?

Kompakte Rucksäcke erleichtern die Reise für Mensch und Umwelt. Kompakte Rucksäcke erleichtern die Reise für Mensch und Umwelt.

Nächster Stopp unserer Artikelserie zu Sanftem Tourismus: Backpacking. Abenteuer und Nachhaltigkeit in einem?

Backpacking ist eine Kulturform des Reisens. Die Reisebegeisterten machen sich ausgerüstet nur mit einem Rucksack auf den Weg in eine fremde Welt. Mit dieser Reiseform wird versucht, ein Land oder eine Region möglichst unmittelbar und persönlich kennenzulernen. Man nimmt sich Zeit, voll und ganz in eine neue Kultur einzutauchen.
Sanfter bzw. Nachhaltiger Tourismus verfolgt drei wesentliche Anliegen: Zum einen soll möglichst wenig auf die bereiste Natur eingewirkt werden. Eine weitere Forderung besteht darin, sich der Kultur des Landes möglichst stark anzupassen und sie so besser kennenzulernen. Ausserdem wird versucht, die Natur und Kultur des Landes möglichst nah und ungefiltert zu erleben.

Nachhaltiges Backpacking

Mehrere Elemente einer Backpackerreise sind mit den Prinzipien von Sanftem Tourismus vereinbar. Backpackerinnen benutzen meist öffentliche Verkehrsmittel, wie Bus und Zug. Taxis oder Mietautos würden das Budget vieler Abenteurer sprengen. Auch das Flugzeug hat aus Kostengründen nur selten Platz in einer Backpackerreise - eine 20-stündige Busfahrt wird meist bevorzugt.
Im Gegensatz zu beispielsweise Pauschalreisenden nimmt der oder die ideale Rucksacktouristin sich genügend Zeit – Stichwort „Slow Travel“. Die Langsamkeit verspricht mehr Qualität, mehr Genuss und mehr Erlebnis. Er oder sie beschäftigt sich mit der Kultur des bereisten Landes und fördert somit einen Austausch. Abseits von ausgetrampelten Wegen wird nach dem Abenteuer gesucht. Die Backpacker geben zwar verhältnismässig wenig Geld aus, dafür profitieren nicht ausschliesslich grosse Tourismusunternehmen an ihren Ausgaben.
Einen weiteren Pluspunkt für Nachhaltigkeit verdient das Gepäck der Backpacker. Kennzeichnend für diese Reiseform ist der kompakte Rucksack, den die Abenteurer auf den Schultern tragen. Und es gilt: Je weniger Gepäck pro Person, desto geringer der CO2–Ausstoss.

Weniger nachhaltiges Backpacking

In anderen Punkten ist das Reisen mit dem Rucksack leider überhaupt nicht umweltfreundlich. Die Reiseziele, die die Backpacker anstreben, liegen häufig in weiter Ferne. Beliebte Destinationen sind Asien, Südamerika oder Australien. Der Grund dafür liegt erneut beim Preis. Zwar ist das Flugticket für einen Langstreckenflug recht teuer, dafür ist das Leben vor Ort – aus der Perspektive von Europäerinnen und insbesondere für Schweizer – verhältnismässig günstig. Den Rucksackreisenden ist es folglich möglich, längere Zeit unterwegs zu sein, auch wenn sie nur ein kleines Budget einplanen. Für das Klima ist das natürlich mehr als problematisch. Die Langstreckenflüge stossen eine immense Menge an Treibhausgasemissionen aus. Auch in puncto Ausrüstung achten viele Backpackerinnen primär auf den Preis. So werden oft bei der Nachhaltigkeit Einbussen gemacht. Aber gerade der Rucksack, der als treuster Begleiter eines Backpackers gilt, wäre eigentlich eine grössere Investition wert. Da lohnt es sich, auf Nachhaltigkeit und Qualität zu setzen. Natürlich kann nicht pauschal jede Backpackerin und jeder Backpacker als „Räppli-Sparer“ bezeichnet werden. Im Grunde ist die Reiseform mit dem Rucksack äusserst sanft und umweltfreundlich. Der endgültige Einfluss auf Natur und Bevölkerung ist bei jedem Individualreisenden unterschiedlich. Wer sich das Ziel setzt, eine sanfte Reise zu machen, wird als Backpackerin keine allzu grossen Einschränkungen machen müssen.

Individualtouristen sind Willkommen

Für die lokale Bevölkerung sind Individualtouristen wie Backpacker auf mehreren Ebenen wünschenswerter als Pauschaltouristen. Oft haben sie mehr Interesse an einem kulturellen Austausch und dem Erlebnis des ursprünglichen Landes. Somit sind die Reisenden aufmerksamer und dementsprechend angenehmer für Aussenstehende. All-Inclusive-Touristen oder auch Reisegruppen bleiben leider oft in der eigenen Welt und haben wenig bis gar keinen Kontakt zum bereisten Land. Von der sozialen Seite gesehen, ist es deshalb für eine Reisedestination lohnenswerter, sich auf Individualtouristen auszurichten. Die Wertschöpfung kann so auch besser auf mehrere Parteien verteilt werden, statt sich auf nur wenige zu konzentrieren.

Individual- vs. Massentourismus

Der Individualtourismus des Backpackers wird oft als Gegenstück des Massentourismus angesehen. Massentourismus und All-Inclusive-Reiseangebote sind in den Köpfen vieler Menschen als die Umweltschleudern schlechthin verankert. Doch stimmt dieses Vorurteil? Der Erfolg des Massentourismus ist auf seine hohe Effizienz zurückzuführen. Weil bei diesem Reisekonzept eben eine grosse Masse auf einmal „abgefertigt“ werden kann, ist der Massentourismus teilweise sogar weniger ressourcenintensiv als der Individualtourismus. Diese Rechnung geht natürlich nur auf, wenn man die Zahlen auf den einzelnen Touristen oder eine Logiernacht herunterbricht. Weiter ist der Massentourismus für den grössten Teil der touristischen Wertschöpfung einer Feriendestination verantwortlich. Arbeitsplätze und Wohlstand werden vor allem von den grossen Hotelanlagen und sonstigen touristischen Infrastrukturen sichergestellt.

ABER…!

Der Profit, der vom Massentourismus erwirtschaftet wird, kommt leider in den meisten Fällen nicht bei der breiteren Bevölkerung des bereisten Landes an. Vor allem in Regionen mit tiefen Lebensstandards kristallisiert sich hier ein Problem: Weil den Ländern oft die Mittel fehlen, selber Güter und Dienstleistungen bereitzustellen, sind Importe oder Unternehmen aus dem Ausland nötig. Dadurch bleibt sehr wenig der touristischen Wertschöpfung im Land selber. Ausserdem darf nicht vergessen werden, welche Tribute der Massentourismus von Umwelt und lokaler Bevölkerung fordert. Die Konzentration der schieren Menge an Reisenden zieht die Natur stark in Mitleidenschaft. Alles wird darauf ausgerichtet, das Wohlbefinden der Kunden zu garantieren. Im Moment haben die Reiseveranstalter vor allem die kapitalistische Wertschöpfung und ihren Gewinn vor Augen. Die Konsequenzen, die das zwingenderweise auslöst, werden überwiegend noch gekonnt übersehen und vertuscht.

Quellen und weitere Informationen
umweltbundesamt.de: Nachhaltigkeit Tourismus
avenir-suisse.ch: Nachhaltiger Tourismus in Graubünden
adventureluap.de: Backpacking und Nachhaltiges Reisen

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