Umweltnetz-Schweiz: Guten Tag Herr Appert! Sie sind Projektleiter bei Hanfwohl. Wann entstand das Unternehmen, wer ist daran beteiligt und was sind dessen Ziele?
Daniel Appert: Das ist ein Projekt der Landi Freiamt. Landi Freiamt ist eine landwirtschaftliche Genossenschaft und der Investor von diesem Projekt. Entstanden ist es, weil wir auf dem Schweizer Markt eine Chance sehen für den Schweizer Hanfanbau mit Schweizer Qualität. Denn der Handel verkauft schon seit einiger Zeit die leckeren Hanfnüsse, jedoch als Importware. Die Ziele von Hanfwohl sind es, den Anbau, die Verarbeitung und Vermarktung von Hanfnüssen zu fördern, beziehungsweise den Hanf für die menschliche Ernährung zu promoten.
Was hat Sie dazu bewogen, in die Hanfbranche einzusteigen?
Wenn man ein bisschen über das Thema Hanf recherchiert, dann bekommt man nur beeindruckende Informationen. Das ist ja eine Jahrtausende alte Kultur und somit eine der ältesten Kulturpflanzen des Menschen.
Bei weiterer Lektüre sieht man deutlich, dass es eines der gesündesten Nahrungsmittel für den Menschen ist. Denn die Zusammensetzung von Fett und Eiweiss, mit dem speziellen Fettsäuremuster und mit der optimalen Eiweisszusammensetzung machen die Hanfnüsse zu einem hochwertigen Nahrungsmittel.
Ich habe mich natürlich gewundert, wie konnte das alles in Vergessenheit geraten und warum wird es nicht mehr eingesetzt?
Nicht nur auf der Anwenderseite kann die Hanfpflanze punkten. Die Hanfpflanze kann sehr einfach angebaut werden, auch hier in der Schweiz. Beim Anbau werden weder Pflanzenschutzmittel noch Kunstdünger eingesetzt. Ausserdem ist die Hanfpflanze trockenheitsresistent. Auch hinsichtlich des ökologischen Anbaus in der heutigen Zeit ist es eine Pflanze, die optimal passt.
Wieviel Hektar Anbaufläche hat Hanf mittlerweile in der Schweiz?
Wenn wir von der Anbaufläche für den Speisehanf sprechen – also der Hanfnüsse, die für die menschliche Ernährung gedacht sind – gehe ich davon aus, dass 150-200 Hektar angebaut werden.
Und dann kommt Fläche für Faserhanf noch dazu?
Faserhanf gibt es in der Schweiz eigentlich nicht. Weltweit hat der Faserhanf zwar den grössten Anteil an der Anbaufläche, aber in der Schweiz ist das weniger lukrativ. Neben den Speisehanffeldern gibt es hier noch Flächen mit CBD-Hanf und zusätzlich den kontrollierten Anbau von THC-Hanf. Beim CBD-Hanf gab es letztes Jahr relativ grosse Flächen, schätzungsweise eine ähnlich grosse Fläche wie beim Speisehanf.
Welche Sorten werden angebaut?
Bezüglich des THC-Gehalt schreibt die Schweizer Gesetzgebung vor, dass die Pflanzen einen Maximalwert von 1% THC haben dürfen, um legal angebaut werden zu dürfen. Da hier in der Schweiz für die Lebensmittelproduktion ausschliesslich europäische Sorten angebaut werden, die einen Maximalgehalt von 0,2% THC haben, ist der Hanfanbau auf jeden Fall legal.
Wird es den Landwirten eher schwer gemacht, Hanf anzubauen?
Rein von den Auflagen her kann man sagen, dass das relativ locker gehandhabt wird. Letztes Jahr haben wir alle Felder noch dem Kanton und der Polizei gemeldet. Das wird jetzt dieses Jahr aber nicht mehr gemacht, das ist also nicht das Problem. Problematischer finde ich da die gewisse Benachteiligung, die der Hanf gegenüber anderen Lebensmittel erfährt, wenn es um die Unterstützungen vom Bund geht. Die landwirtschaftliche Produktion läuft zu einem gewissen Teil über Direktzahlungen, aber der Hanf ist da ausgeschlossen. Und das, obwohl mit den Hanfnüssen ein eiweiss- und energiereiches Nahrungsmittel produziert wird. Für die Flächen, auf denen dieses hochwertige Produkt angebaut wird, bekommen die Bauern keine Beiträge.
Das macht es schwierig für uns, genügend Flächen zu finden und vor allem auch sicherzustellen, dass der Bauer ein anständiges Einkommen findet im Vergleich zu anderen Kulturen.
Also würden sie sagen, um es den Landwirten einfacher zu machen, müsste es die gleichen Fördermittel geben?
Ja, der Anspruch wäre es, den Hanf als hochwertiges Lebensmittel nicht gegenüber anderen Kulturen zu benachteiligen. Eine besondere Förderung vom Bund verlangen wir nicht. Es darf aber schon gesagt sein, dass auch Kulturen mit Förderungen unterstützt werden, die mit dem Ziel der Versorgungssicherheit nicht so viel zu tun haben.
Welche Erfahrungen haben Sie mit den Anwohnern und den Gemeinden gemacht?
Wir von Hanfwohl machen relativ viel Öffentlichkeitsarbeit. Unsere Felder sind alle beschriftet, und wir haben auch viel mit der Presse zusammengearbeitet. Die Leute konnten sich vor Ort am Feld oder über die Medien informieren. Somit hatten wir keine allzu grossen Diskussionen.
Hinzu kommt, dass der Hanf für die menschliche Ernährung auch nicht die gleichen Ausdünstungen, beziehungsweise Geruchsemissionen hat, wie sie beim CBD-Hanf auftreten. Im letzten Jahr wurde in unserem Gebiet auch recht viel CBD-Hanf angebaut. Den riecht man dann unter Umständen bis ins Dorf.
Bei unseren Feldern gab es – ausser an einzelnen Tagen – quasi keine Rückmeldung. Und das, obwohl die Felder mitten Dorf liegen, auch neben einem Schulhaus. In jedem Fall gab es keine negativen Rückmeldungen, einfach weil unser Hanf nicht so penetrant riecht wie die anderen Sorten. Darum ist die Akzeptanz in der Bevölkerung kein Problem.
Wie erfolgt der Anbau? Braucht es spezielle Maschinen?
Unsere Sorten werden gesät. Das ist ein weiterer Vorteil beim Hanfanbau: Der Landwirt kann die bestehende Infrastruktur des Getreideanbaus nutzen. Er braucht weder spezielle Sämaschinen noch speziellen Geräte zur Bodenbearbeitung, nichts. Das kann er alles mit den vorhandenen Geräten machen. Die einzige Herausforderung ist die Ernte: Da es verschiedene Sorten mit unterschiedlichem Wachstum gibt, müssen jene, die besonders hochwachsen, mit einem speziellen Drescher geerntet werden.
Hanf ist eine anspruchslose und nachhaltige Pflanze. Können Sie das bestätigen?
Ja, das ist wirklich so. Natürlich ist zunächst die richtige Bearbeitung des Feldes wichtig: Erst den Boden lockern und dann mindestens zweimal eggen. Das sind sogenannte Unkrautkuren damit das Unkraut über vertrocknen abstirbt.
Wenn man in dieses vorbereitete Feld sät, dann hat man wirklich keine Probleme. Man kann die Hanfpflanzen einfach wachsen lassen und sich selbst überlassen! Während des Wachstums braucht es keine Unkrautpflege oder Spritzkuren.
Wenn die Pflanze mal angewachsen ist, dann ist sie auch relativ trockenheitsresistent, weil sie tief in den Boden wurzelt.
Auch betreffs der Fruchtfolge ist der Hanf positiv oder neutral. Das bedeutet, es ist egal, welche Kultur man vorher oder nachher wählt. Somit ist es für den Landwirt eine sehr unproblematische Kultur, die seine Fruchtfolge aufwertet.
Reicht der natürliche Regen und Nährstoffgehalt im Boden beim Hanfanbau?
Wenn man dem Boden durch eine Ernte Nährstoffe entzieht, muss man ihm auch wieder Nährstoffe zuführen. Der Hanfanbau benötigt aber nur den Hofdünger, der über die Tierhaltung anfällt. Der ist ausreichend; Hanf ist ein sehr guter Verwerter von Mist und Gülle.
Das ist ja überall so mit den Böden: Wenn man nur immer anbaut und erntet, dann laugt das den Boden aus. Ausser dem Hofdünger braucht der Hanf aber keine weiteren Behandlungen mit Pflanzenschutzmittel oder Kunstdünger.
Wo und wie wird die Pflanze weiterverarbeitet?
Das ist momentan die grosse Herausforderung und eines unserer Ziele: Dass die ganze Verarbeitungskette – vom Anbau bis zum fertigen Produkt im Detailhandel - kostengünstig und professionell in der Schweiz stattfindet.
Wir in der Landi organisieren das alles mit externen Partnern. Wir können eigentlich alles in der Schweiz machen, ausser die Hanfnüsse zu schälen. Das ist bis jetzt in der Schweiz noch nicht möglich gewesen, aber wir arbeiten an einer Lösung. Das endgültige Ziel ist es, ein Schweizer Lebensmittel mit Schweizer Verarbeitung zu produzieren. Bisher wurde eben ein Verarbeitungsschritt im süddeutschen Raum gemacht. Wir hoffen, dass wir mit der Ernte 2020 eine Lösung gefunden haben, dass wir die Hanfnüsse in der Schweiz schälen lassen können.
Haben Sie ein Lieblingsprodukt aus Hanf?
Die geschälten Hanfnüsse! Die benutze ich als Topping für meinen Joghurt und für den Salat. Das kommt jeden Tag bei mir auf den Tisch. Dann habe ich auch gern Balsamico mit Hanföl als Salatdressing. Das ist lecker. Ich kann nur wärmstens den köstlichen Apfelbalsamico aus Regio-Produkten empfehlen. In der Kombination passt das wirklich perfekt.
Hat sich die Nachfrage nach Hanf Produkten in den letzten Jahren gesteigert?
Ja, das ist schon so. Das liegt daran, dass das Gesundheitsbewusstsein zunimmt. Und Hanf hat eben gewisse Vorteile in der Ernährung, gerade für Nussallergiker. Die können nämlich Hanfnüsse essen, weil die nicht die gleiche Zusammensetzung wie zum Beispiel Baumnüsse haben. Auch der Anteil der Bevölkerung, der sich fleischlos oder fleischärmer ernährt, wächst. Um auch die Nährstoffe, die sonst im Fleisch enthalten sind, dem Körper durch Nahrung zuzuführen, ist Hanf ideal. Ganz allgemein dient Hanf einer ausgewogenen Ernährung. Auch bei immer mehr Sportlern sieht man die Hanfnüsse auf dem Ernährungsplan.
Vielen Dank für das Interview!
Quellen und weitere Informationen:
Hanfwohl
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