Der Ursprung der Bio-Bewegung in der Schweiz ist auf das Ehepaar Hans und Maria Müller zurückzuführen. Sie begründeten in den 1940er Jahren den organisch-biologischen Landbau, mit den Schwerpunkten: nachhaltige Landbewirtschaftung, Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln und Rücksichtnahme auf ökologische Kreisläufe. In den darauffolgenden Jahren vergrösserte sich die Interessensgruppe, woraufhin im Jahr 1998 die Bio-Verordnung des Bundes in Kraft trat, welche sich zunächst nur auf pflanzliche Erzeugnisse und Lebensmittel beschränkte. Drei Jahre später wurde sie um den Bereich der Tierhaltung erweitert. Aber was sind die Inhalte und Schwerpunkte dieser Verordnung? Wann darf sich ein Betrieb „Bio“ nennen?
Damit ein Hof biologische oder ökologische Produkte vermarkten darf, muss er mindestens eine zweijährige Umstellungsphase durchlaufen. Anschliessend muss die biologische Bewirtschaftung im gesamte Betrieb gewährleistet sein. Ein möglichst geschlossener Betriebskreislauf wird angestrebt: natürliche Kreisläufe und Prozesse sollen berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass Ackerbau und Tierhaltung miteinander verknüpft sein sollen. So werden zur Düngung wenn möglich betriebseigene pflanzliche und tierische Abfallstoffe verwendet, mineralische Stickstoffdünger sind verboten. Die Düngermenge ist auch an die Landwirtschaftsfläche angepasst, womit ein zu hoher Tierbesatz unterbunden wird.
Im Bereich des Pflanzenanbaus gilt grundsätzlich, dass Fruchtbarkeit und biologische Aktivität des Bodens erhalten werden müssen. Die Art der Bewirtschaftung ist somit nachhaltig. Des Weiteren ist die biologische Vielfalt zu fördern, wobei in der Bio-Verordnung keine Empfehlungen oder Beispiele für derartige Fördermassnahmen aufgeführt sind. Bodenerosion und die Auswaschung von Pflanzenschutzmitteln sollem verhindert werden, ebenso müssen Schädlinge, Krankheiten und sogenannte Beikräuter durch eine ganzheitliche Vorgehensweise reguliert werden. Hierfür sollen geeignete Arten und Sorten gewählt werden, die Fruchtfolge angepasst und Nützlinge durch entsprechende Strukturen, wie Hecken oder Nistplätze geschützt und gefördert werden. Trotz allem dürfen Pflanzenschutzmittel mit vorhergehender Genehmigung eingesetzt werden, wobei in der Verordnung unklar bleibt, wovon eine derartige Erlaubnis abhängt.
Die Kastration zur Sicherstellung der Qualität der Erzeugnisse.
Im Bereich der Tierhaltung müssen alle Tiere, mit Ausnahme von Kaninchen, nach dem Tierhaltungsprogramm „Regelmässiger Auslauf von Nutztieren im Freien“ (RAUS) gehalten werden. Das bedeutet, dass ihnen zur Winterzeit an 13 Tagen im Monat Auslauf gewährt werden soll, zur Sommerzeit an 26 Tagen. Bei Kaninchen reicht die Haltungsform im Rahmen des Programmes für „Besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme“ (BTS). In Bezug auf die Haltungsform ist es zwar unzulässig, Tiere angebunden zu halten, doch für Rinder gilt dieses Verbot in der Regel nicht.
Auch was die Fütterung von Jungtieren anbelangt, ist manches fragwürdig. So sind die Landwirte zwar verpflichtet, junge Säugetiere auf der Grundlage von „unveränderter“ Milch zu ernähren, doch diese Milch sollte nur „vorzugsweise“ Muttermilch sein.
Im Bereich der Zucht sollen die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Nutztiere sowie die Qualität der tierischen Erzeugnisse durch die Wahl geeigneter Rassen und Zuchtmethoden gefördert werden, was auch immer das bezüglich der Auswahl der Rassen heissen mag. Laut Gesetz muss die Reproduktion auf natürlichen Methoden beruhen, dennoch ist die Künstliche Besamung (KB) erlaubt. Was diese Methode mit natürlich zu tun hat, ist unklar. Im Gegensatz dazu ist die, in der Zucht sonst gängige Methode des Embryotransfers (ET) verboten, ebenso die Haltung von sogenannten ET-Tieren.
Zootechnische Massnahmen sind auf ein Minimum zu beschränken. Zwar sind das Beschneiden von Schwänzen, Zähnen, das Touchieren von Schnäbeln und das Enthornen adulter Rinder, sowie die Verwendung von Nasenringen bei Schweinen verboten, aber dennoch dürfen eine Reihe von Eingriffen, wie das Anbringen von Gummibändern an Schafschwänzen, das Enthornen von Jungtieren, oder „die Kastration zur Sicherstellung der Qualität der Erzeugnisse“ genehmigungslos durchgeführt werden.
Positiv ist, dass bei der Geflügelzucht ein Mindestschlachtalter vorgeschrieben ist. Hintergrund hierfür ist, dass so eine noch schmerzhaftere, noch schnellere Gewichtszunahme begrenzt wird.
Was den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen anbelangt, dürfen diese prinzipiell weder im Pflanzenanbau, noch in der Tierzucht verwendet werden. Dies gilt allerdings nicht für Futtermittel; so dürfen diese einen Anteil von bis zu 0.9% gentechnisch veränderter Bestandteile bzw. Verunreinigungen enthalten.
Was die Herstellung biologischer Lebensmitteln anbelangt, dürfen in erster Linie nur Erzeugnisse aus der biologischen Landwirtschaft verwendet werden. Die Einfuhr biologischer Erzeugnisse in die Schweiz darf dann erfolgen, wenn diese nach den Anforderungen der Bio-Verordnung produziert wurden.
Auch bei der Bio-Verordnung gilt, wie bei der konventionellen Landwirtschaft, sie legt einen rechtlichen Mindeststandard fest. Dieser liegt zwar über den Anforderungen der herkömmlichen Bewirtschaftung, ist aber dennoch weiter ausbaufähig und optimierbar.
Interessante Links:
Verordnung über die biologische Landwirtschaft und die Kennzeichnung biologisch produzierter Erzeugnisse und Lebensmittel (Bio-Verordnung)
vom 22. September 1997 (Stand am 1. Januar 2013)
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