Wasserkraft - bis zum letzten Tropfen

24 Jul 2013

Dammerhöhung hier, Ausbau der Anlage da. Wasserkraft ist zum Sinnbild erneuerbarer Energien geworden. Doch wie viel Mauer ertragen die Bäche noch? Gibt es Alternativen in der Schweiz?

Das Kraftwerk Russein in der Nähe von Disentis GR wird, mittels einer Erhöhung der Staumauer um 5 Meter, ausgebaut. Die Kapazität soll laut den Betreibern von 12 auf 24 Megawatt ansteigen, was einer Jahresproduktion von rund 64 Gigawattstunden entspricht. Gemessen an der gesamten Stromproduktion im Kanton Graubünden von rund 7900 GWh (98,5 % aus Wasserkraft) ist dies ein sehr geringer Anteil. Doch für die Betreiber-Gesellschaft Axpo Hydro Surselva und die beteiligten Gemeinden Disentis und Sumvitg, muss sich eine solche Investition lohnen, ansonsten würde dieses Projekt nicht realisiert. Die Kosten trägt die Axpo Hydro Surselva AG. Die beteiligten Gemeinden, so wie der Kanton,  streichen durch den frühzeitigen Heimfall der Anlage und den jährlichen Dividenden eine gute Entschädigung für ihre Kassen ein. Ein lohnenswertes Geschäft für alle. Aber auch für die Natur?

Beim Neu- oder Ausbau von Wasserkraftwerken müssen immer auch Ersatzmassnahmen für den Eingriff in die Natur geleistet werden. Bei diesem Projekt sind dies nebst anderem Aufwertungsmassnahmen in der Auenlandschaft Fontanivas und die Renaturierung des Dorfbaches Surrein. Dies verläuft aber nicht ohne kontroverse Diskussionen in der Gemeinde. Der Ausbau solcher älterer Anlagen bietet aber auch Chancen für die Natur, wie der WWF erwähnt:

...die neue Anlage muss die Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes einhalten.

Das heisst unter anderem, dass die Restwassermengen fest verankert sind und in diesem Fall die Austrocknung des Baches nicht mehr akzeptiert wird. Diese Restwassermenge ist auch für die Auenlandschaft Fontanivas, welche von nationaler Bedeutung ist,  entscheidend und wird deshalb unter genauere Beobachtung gestellt. So wird trotz dem gewinnorientierten Handeln der einzelnen Akteure, der Schutz der Natur berücksichtigt.

Im Zuge der Energiewende und der damit verbundenen Abschaltung der AKW’s soll der Energiebedarf in Zukunft aus erneuerbaren Quellen stammen. Die Wasserkraft deckt in der Schweiz knapp 60% des gesamten Energiebedarfs; dies bedeutet aber auch, dass nur noch wenige Flüsse und Bäche hierzulande ungenutzt sind. Die Nutzung der Fliessgewässer bewegt sich somit heute schon an der obersten Grenze des ökologisch verträglichen. Ein Ausbau von bestehenden Anlagen ist somit einem Neubau sicher vorzuziehen.  Aber auch ein Ausbau birgt Risiken für die umliegende Landschaft, wie das Beispiel am Grimsel zeigt. Die Erhöhung der Staumauer würde eine geschützte Moorlandschaft überfluten und hätte Folgen für das Vorfeld des Aaregletschers.

Die Nutzung der Wasserkraft stösst somit an die Grenzen des Verträglichen. Andere erneuerbare Energien bergen aber immer noch grosses Ausbaupotential, welches in Zukunft vermehrt genutzt werden könnte. Vor allem die Sonnenenergie und Windenergie spielen dabei eine wichtige Rolle. Doch auch bei diesen Energielieferanten ist bei der Umsetzung ein Konfliktpotential zwischen Landschaft, Wirtschaft und Umwelt vorhanden. Lösungsansätze dazu gibt es bereits, so werden Photovoltaikanlagen auf bestehender Infrastruktur angebracht oder Windanlagen in der Nähe von Hochspannungsleitungen installiert. Dies ermöglicht die Nutzung dieser Energien und gewährleistet die Rücksicht auf das Landschaftsbild. Das Bundesamt für Energie schätzt das akzeptierte Potential von Photovoltaikanlagen auf rund 10‘000 GWh bis 2050, was etwa einem Drittel der heutigen Wasserkraftproduktion entspräche.

Möglichkeiten zur Umsetzung der Energiewende mit Rücksicht auf Natur und Landschaft sind also vorhanden, die Frage ist, ob wir es schaffen, Einzelinteressen den gesellschaftlichen Zielen und Ansprüchen unterzuordnen und so einen nachhaltigen Weg in die Zukunft zu beschreiten.

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail [email protected]

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.