Als der Maschinenbaukonzern Sulzer den Produktionsstandort in der Nähe des Bahnhofs Basel aufgab, konnte die neu gegründete Gundeldinger Feld Immobilien AG das 12'700 Quadratmeter grosse Fabrikareal erwerben. Diese übergab den Komplex der Kantensprung AG im Baurecht zur Umnutzung. Zur Entwicklung des ausgedienten Fabrikareals im Hinblick auf eine zukunftsgerichtete Nutzung wurden Architekten und Projektentwickler mit sozialen Visionen beauftragt, um das Zusammenwirken von Arbeit, Kultur und Freizeit in einem dicht besiedelten Gebiet zu gestalten. Die Architektin Barbara Buser und ihr Team war zusammen mit der Kantensprung AG und dem «Baubüro insitu» die treibenden Kräfte, um den unterschiedlichsten Arbeits- und Gesellschaftsformen eine Plattform zu geben. Die Verantwortlichen setzten in den ausgedienten Fabrikhallen mit offenen und gedeckten Freiräumen Marksteine in Sachen Raumgestaltung und verstanden es, eine vielseitige Nutzergesellschaft auf das Areal zu holen.
Die Arealentwicklung begann im Jahr 2000. Seither ist die Zusammensetzung der Mieter laufend in Bewegung und mit ihr die nachhaltige Konzipierung der Hallen, der Um- und Anbauten sowie der Freiflächen. Der Komplex besteht aus sieben Hallen und acht Bauten. Über 70 Kleinunternehmer haben sich inzwischen angesiedelt, wobei der Mix der Mieter wie auch der Aktivitäten sehr vielseitig ist. So gibt es diverse Gastroangebote, unter anderem das Restaurant Blindekuh, Ateliers, Werkstätten, Büros von Advokaten, Sitzungsräume, Jugendzentrum, Bibliothek, Architekturbüros, Gesundheitspraxen, Kinderspielplätze, Kletterhalle, Braustube, Klangstudio, Backpacker-Herberge sowie Hallen und auch Plätze für jegliche kulturelle Aktivitäten.
Pilotprojekt der 2000-Watt-Gesellschaft
Das Gundeldinger Feld ist seit Beginn Pilotprojekt für die 2000-Watt-Gesellschaft. Ziel ist, den Verbrauch von Energie auf 2000 Watt Leistung pro Person zu reduzieren, wovon drei Viertel erneuerbare Energie sein sollten. Dies kann erreicht werden durch höhere Effizienz und Suffizienz bei gleichbleibender Lebensqualität. Wichtigstes Instrument des Pilotprojekts ist die «Vereinbarung Energie», welche die Kantensprung AG mit ihren Mietern abgeschlossen hat. Sie sieht beispielsweise vor, dass Massnahmen zur Wärmedämmung umgesetzt werden und im Winter nur eine Raumtemperatur von 18 Grad garantiert wird. Im Weiteren wird wo möglich Regenwasser gesammelt und für die Bewässerung der Pflanzen sowie für die Toilettenspülung genutzt. Die Abwärme der Kühlräume der Restaurants wird für die Warmwasseraufbereitung der Gastronomiebetriebe benutzt und die Abwärme aus der Bierproduktion für die Erwärmung des Duschwassers der Backpacker-Herberge mit ihren 80 Betten verwendet. Die alten, einfach verglasten Metallfenster wurden mit grossflächiger Isolierverglasung aufgedoppelt. Bei den Umbauten werden wenn immer möglich gebrauchte Bauteile aus den Bauteilbörsen verwendet. Auf dem ganzen Areal wird die Abfalltrennung und Biokompostsammlung strikt eingehalten.
Die Kantensprung AG legt besonderes Gewicht auf die Begrünung des Areals. Es werden nur einheimische Pflanzen angebaut, und die Begrünung muss wenn irgend möglich etwas Essbares produzieren. So wachsen Kirschen, Trauben, Hopfen und Gewürze auf dem Areal. Auf den Dächern leben bis zehn Bienenvölker, die für die «Gundeldinger-Feld-Stadt» Honig sammeln. Unter den Dachvorsprüngen wiederum gibt es zahlreiche Nistplätze für Schwalben und Mauersegler.
Ehemaliges Kohlensilo wird zum Kraftwerk
In die Energiesanierung wird laufend investiert. So sind auf den Hallendächern schon drei Solaranlagen in Betrieb. Weiter wurden Fassaden und das Dach des früheren Kohlensilos mit farbigen Solarpanels eingekleidet. Ein Speicher mit Secondhand-Batterien von Elektrofahrzeugen wird in Zukunft eine eigene, bessere Nutzung des lokal produzierten Stroms ermöglichen. So wird das Gebäude zu einem Kraftwerk mit Batteriespeicher.
Die verwendeten Solarmodule weisen eine neue Glasbeschichtungstechnologie auf, die an der EPFL Lausanne entwickelte wurde. Gleichzeitig erforschte die Fachhochschule Nordwestschweiz, welche Panelfarbe den meisten Strom liefert. Das Kohlensilo ist somit eines der ersten Bauten, an dem diese neuen farbigen Elemente eingesetzt wurden.
Nachhaltigkeit wird gelebt
Was zu Industriezeiten ein Kohlesilo war, ist zu Büro-, Gewerberäumen und Seminarräumen umgebaut worden. Die auf den Dächern installierten Photovoltaikanlagen liefern Energie, und die Hallen wurden so umgebaut, dass die Nutzer genügend Tageslicht erhalten. Das gesamte Areal ist heute eine der wenigen umfassend hindernisfreien Liegenschaften der Stadt Basel und wurde auch vielfach dafür ausgezeichnet. Nebst der generellen Kontrolle der Raumtemperatur wird in den Toiletten auf Warmwasser verzichtet, um Energie zu sparen. Im Weiteren haben alle öffentlichen Räume einen rollstuhlgängigen Zugang. Als Baumaterial wurden nur Biofarben, Ökoholz und Lehmziegel verwendet und das Gebiet als autofreie Zone deklariert. Diese Schritte sollen helfen, die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen.
Weitere Informationen:
Gundeldingerfeld
in situ
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