Der Ressourcenverbrauch der Menschheit steigt seit Jahren steil an. Durch das Bevölkerungswachstum, die Industrialisierung und die Digitalisierung wuchs der Bedarf an Strom und Kraftstoffen – und tut dies immer noch. Heute verbrauchen wir pro Kopf rund hundertmal so viel Energie wie zu Beginn der Industrialisierung.
Die Gewinnung und Verbrennung energiebringender Ressourcen gehen mit erhöhten Treibhausgas-Emissionen einher. Dadurch verändert sich das globale Klima und steigen die Meeresspiegel; die Erderwärmung resultiert in einem Verlust der Artenvielfalt sowie in einem Anstieg an extremen Wetterereignissen. Speziell auch in der Schweiz mussten in den vergangenen Jahren vermehrt Erdrutsche, Hitzetage, Dürreperioden und Überschwemmungen verzeichnet werden.
Ein Wandel weg von dieser verschwenderischen Gesellschaft hin zu einem nachhaltigen Lebensstil ist notwendig. Seit einigen Jahren ist daher die Verwendung von erneuerbaren Energien weltweit auf dem Vormarsch. Durch neue, effiziente Technologien und dezentralisierte Energiesysteme wird eine nachhaltigere Energieproduktion angestrebt, um das Voranschreiten des Klimawandels zu unterbinden.
Der Strom der Schweiz – eine politische Angelegenheit
Der Wandel von fossilen Ressourcen zu erneuerbaren Energien ist nicht nur technologischer Natur. Die Umsetzung hängt auch stark von politischen, ökonomischen sowie sozialen Entscheidungen ab. In der Schweiz wurde die Energiepolitik erst 1990 in der Verfassung verankert. Artikel 89, der Energieartikel, legt fest, dass sich "Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch einsetzen".
Zum Instrumentarium für eine nachhaltige, moderne schweizerische Energiepolitik zählt nebst dem Energiegesetz, dem Stromversorgungsgesetz oder dem CO2-Gesetz auch die Bereitstellung von Energiestrategien. Nach der Reaktorkatastrophe 2011 in Fukushima erarbeitete der Bundesrat daher die Energiestrategie 2050, welche eine Totalrevision des Energiegesetzes beinhaltete. Darin wird mittels des Ausbaus von erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus der Atomenergie eine zu 100% erneuerbare Energieversorgung bis im Jahr 2050 angestrebt. Obwohl die Schweiz weltweit bereits einen Spitzenplatz besetzt, wenn es um die erneuerbare Stromproduktion geht, brauch es noch einiges zum Erreichen dieses Ziels.
Die Entwicklung der erneuerbaren Stromproduktion in der Schweiz zeigt, dass vor allem in Solarenergie investiert wurde, während die Windenergie zurückblieb. Die Energiegewinnung aus Kehrichtverbrennungsanlagen ist bereits seit einigen Jahren gängig. (Chantal Sempach, Daten: BFE)
2019 stammte der Strom aus Schweizer Steckdosen zu rund 75% aus erneuerbaren Quellen. Diese Angabe bezieht sich auf den Liefermix, also auf die durchschnittliche Zusammensetzung des gelieferten Stroms. Bedingt durch unsere besonderen geografischen und klimatischen Voraussetzungen ist vor allem die Grosswasserkraft mit 66% dominant. Bei Photovoltaik, Wind, Kleinwasserkraft und Biomasse ist mit 8.4% noch deutlich Luft nach oben. Trotz der Energiestrategie 2050 stammten 2019 immer noch 19% des Stroms aus Kernkraftwerken und knapp 2% aus fossilen Energieträgern. Für die restlichen 4% des gelieferten Stroms sind Herkunft und Zusammensetzung nicht überprüfbar.
Produktionsmix ist nicht gleich Liefermix
In der Schweiz wird Strom zu 56.4% aus Wasserkraft und zu 37.8% aus Kernkraft und fossilen Energien produziert. Nur knapp 6% stammen aus neuen erneuerbaren Energiequellen. Diese Zusammensetzung gibt den Schweizer Produktionsmix wieder. Der Strom, den Schweizer und Schweizerinnen aus der Steckdose ziehen, besteht jedoch nicht nur aus inländischer Produktion: Strom wird exportiert und importiert. Daher stimmt der Schweizer Produktionsmix nicht mit der durchschnittlichen Zusammensetzung des gelieferten Stroms, also dem Schweizer Liefermix überein.
Schweizer Stromversorgerunternehmen sind seit 2005 gesetzlich verpflichtet, über die Herkunft und Zusammensetzung des gelieferten Stroms Transparenz zu schaffen. Seit 2006 müssen die Zahlen in den Stromrechnungen bekanntgegeben werden. Seit 2013 werden die Daten ausserdem auf der Plattform www.stromkennzeichnung.ch veröffentlicht.
Erneuerbar – was bedeutet das?
Atomkraft und fossile Energieträger waren lange Zeit die Hauptenergiequellen der schweizerischen Strom- und Kraftstoffproduktion. Durch ihre schlechte Ökobilanz und die verschiedenen Risiken, welche sie mit sich bringen, fand in den letzten Jahren ein Umdenken statt. Erneuerbare Technologien rückten in den Vordergrund und wurden intensiv beforscht. Jedoch hat noch nicht jede Technologie die Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden.
Als erneuerbare oder regenerative Energien werden Energiequellen bezeichnet, welche nahezu unerschöpflich oder schnell erneuerbar sind:
Wasserkraft: Die führende erneuerbare Ressource in der Schweiz ist die Wasserkraft. Durch genügend Niederschlag produzieren die rund 650 Wasserkraftwerke jährlich um die 35 000 GWh. Die Produktion verursacht dabei wenig Treibhausgase und ist somit effizient und klimafreundlich. Betreffs ihrer allgemeinen Umweltfreundlichkeit geriete sie im weiteren Ausbau stark mit den Anliegen des Natur-, Landschafts- und Biodiversitätsschutzes in Konflikt.
Solarenergie: Das Potenzial von Solarenergie ist riesig. Da die Sonne eine unbegrenzte Energiequelle darstellt, könnten grundsätzlich 100% des Schweizer Stroms und Warmwassers über Photovoltaik- und Solaranlagen produziert werden. Trotzdem lag der Anteil der Solarstromproduktion am Stromverbrauch der Schweiz 2019 bei nur 3.8 %.
Windenergie: Auch die Windenergie hat in der Schweiz riesiges Potential. Vor allem im Winter, wenn der Bedarf an Heizwärme steigt, könnte Windenergie die Lücken der Stromproduktion schliessen. Windkraftanlagen decken momentan nur etwa 0.2% des Schweizer Strombedarfs. Grund dafür ist unter anderem ihre geringe Akzeptanz in der Bevölkerung.
Energie aus Holz und Biomasse: Holz und Biomasse werden in der Schweiz vor allem für Heizungen und die Warmwasserbereitstellung verwendet. Rund ein Fünftel der erneuerbarer Energieerzeugung verdanken wir der Biomasse. 10% des Schweizer Wärmebedarfs wird mit Holz gedeckt.
Erdwärme und Fernwärme: Für die Nutzung von Abwärme oder der Wärme aus dem Erdinnern werden immer häufiger Häuser mit entsprechenden Heizungen ausgestattet. Zur Stromproduktion wird die Geothermie in der Schweiz bisher noch nicht genutzt, hat jedoch Potential.
Wasserstoff und Methanhydrat: Wasserstoff wird häufig als Energieträger der Zukunft beschrieben. Als Ersatz für Öl und Gas könnte Wasserstoff in Zukunft einen wichtigen Treibstoff darstellen. Auch in das Methanhydrat, welches in grossen Mengen auf dem Meeresboden lagert, wird grosse Hoffnung gesetzt. Zur effizienten Nutzung dieser beiden Energieträger sind aber noch weitere Forschungen und Abklärungen notwendig.
Quellen und weitere Informationen:
Bundesamt für Energie
Energie Schweiz: Strom und Wärme aus einheimischen und nachhaltigen Quellen
ZHAW: Die Schweiz im internationalen Energie Benchmark
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