Die erste Windturbine der Schweiz wurde 1986 beim Soolhof in Basel-Land errichtet. Heute, 35 Jahre später, gibt es immer noch erst knapp 40 Grossanlagen, welche rund 140 GWh Strom produzieren. Dieser Ertrag deckt nicht einmal 1% unserer gesamten Stromproduktion ab. Während in Österreich und Polen bereits 13% und in Deutschland sogar rund 23% des Energiebedarfs mit Windstrom gedeckt werden, bildet die Schweiz das Schlusslicht in Europa. Mit ihren optimalen Standorten im Jurabogen, im Mittelland und vor allem in den Alpen besteht daher noch viel Luft nach oben.
Warum Wind?
Wasserkraftwerke produzieren den grössten Teil ihres Stroms in den Sommermonaten. Durch Sommergewitter und Schmelzwasser füllen sich die Stauseen im Frühjahr. Auch die Zuflüsse der Laufkraftwerke führen mehr Wasser. Auf Grund der verminderten Sonneneinstrahlung, der Bewölkung und den Schneemassen auf der Oberfläche liefern auch Solaranlagen im Winter weniger Energie. Bei Windkraftanlagen sieht das anders aus: im Winter und im Herbst wehen in der Schweiz mehr und vor allem stärkere Winde. Etwa 2/3 der Jahresproduktion von Windturbinen fallen auf das Winterhalbjahr. Windkraftanlagen können daher die Lücke in der schweizerischen Stromproduktion – welche durch das Heizen und Beleuchten in den kalten, dunklen Monaten entsteht – schliessen und so die Abhängigkeit von Importstrom zu dieser Zeit aufheben. Ein Windrad produziert in den ersten 25 Jahren seiner Nutzung mindestens 40-mal so viel Energie, wie für seine Herstellung, den Betrieb und die Entsorgung nötig sind.
Aber, aber, aber…?!
Einen Windpark in der Schweiz zu bauen ist ein träger und schwieriger Prozess. Von der ersten Idee bis zu Umsetzung kann es mehrere Jahre bis Jahrzehnte dauern. Hohe Standards müssen erfüllt werden und verschiedene Akteure von Seiten des Bundes, der Kantone bis hin zu den Gemeinden können die Entscheidung mitbeeinflussen. Dabei kommen drei häufige, umstrittene Gegenargumente immer wieder zur Sprache:
Der Lärm: Windkraftanlagen verwenden die kinetische Energie von anströmender Luft, um ihre Flügel in Rotation zu versetzten. Die dadurch erzeugte mechanische Energie wird anschliessend von einem Generator in elektrische Energie umgewandelt. Die Bewegung der Flügel verursacht dabei Geräusche. Wie für andere technische Anlagen auch, gelten hier jedoch Lärmschutzverordnungen. Massnahmen wie ein gebogenes Blattende der Rotorflügel oder Kämme an deren Hinterkante minimieren den «Lärm» bereits erheblich. Das Führen eines Gesprächs im normalen Plauderton ist unter einer Windturbine daher problemlos möglich. Ausserdem zeigen Messungen, dass der Geräuschpegel einer Anlage geringer ist als der durchschnittliche Lärm in einem Büro. Da die Windräder meist abseits von Wohnhäusern und Siedlungen gebaut werden, stellt ihre Geräuschentwicklung also kaum ein Problem dar.
Die Vögel: Windräder führen zum Verlust von Lebensraum bei Vögeln. Durch die sich bewegenden Rotoren besteht zudem eine Kollisionsgefahr. Verschiedene Massnahmen minimieren diese Gefahren: Einerseits werden bei der Planung von Windkraftanlagen Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt. Standorte wie Moorlandschaften, Wasser- und Zugvogelreservate sowie die Zugrouten von Vögeln und Fledermäusen fallen hier bereits weg. Ausserdem werden Abschaltalgorithmen in die Anlagen eingebaut, welche die Turbinen beispielsweise bei starkem Vogelzug stoppen.
Das Landschaftsbild: Grosse Windkraftanlagen sind kaum zu übersehen. Im Vergleich zu Wasserkraftanlagen, welche ganze Täler fluten, haben Windräder jedoch einen kleinen Effekt auf unsere Landschaft: Die Bodenbelastung ist um einiges geringer, und die Fläche unterhalb der Windanlage ist weiterhin für den landwirtschaftlichen Betrieb nutzbar. Zudem dauert der Rückbau einer Anlage maximal einen Monat und hinterlässt keine sichtbaren Spuren.
Eine ungewohnte Irritation stellt vor allem die Bewegung der Rotorblätter dar, die uns stärker in Auge springt als etwa einer der still herumstehenden Stahlgitter-Strommasten. Diesbezüglich tut üblicherweise die Kraft der Gewöhnung ihr Werk: Zudem geht die Entwicklung in Richtung Vertikaler Windkraftanlagen, deren Bewegung entlang einer senkrechten Drehachse kaum mehr auffällt.
Die vernachlässigte Alternative
Als Alternative zu den grossen Windturbinen gibt es die Möglichkeit zur Wahl einer sogenannten Klein-Windkraftanlage. Diese werden meist in direkter Nähe zu Siedlungen und Gebäuden gebaut und daher nicht ans Stromnetzwerk angeschlossen. Die Stromproduktion der kleinen Technologien variiert je nach Standort sehr stark, ist aber insbesondere bei abgelegenen Häusern oder Mobilfunkstationen eine gute Wahl. Im Unterschied zu den 150 Metern hohen Windrädern sind die kleinen Anlagen selten grösser als 30 Meter. Die Problematik von Lärm, Vögeln und Landschaft werden dadurch minimiert.
Auch zu Hause im Garten sind Klein-Windkraftanlagen - beispielsweise anstelle eines Fahnenmastes - eine nachhaltige Lösung für die autarke Stromproduktion
Quellen und weitere Informationen:
BFE: Windenergie
UVEK: Windanalgen in der Schweiz
Energie Schweiz: Windenergie für Winterstrom
Klein-Windkraftanlagen
Kommentare (2) anzeigenausblenden
Und um die Landschaften nicht zu «quälen» können auch auf Klein-Windkraftanlagen gesetzt werden.
Wenn wir also die Verschwendung abgestellt und die letzten 20 Jahre lang den technologischen Gewinn "auf's Sparkonto" gelegt hätten en, dann bräuchten wir jetzt nur noch 40 % des heutigen Bedarfs.
Es ist also eher eine Ohnmachtshandlung, jetzt Windparks in der freien Landschaft zu fordern, anstatt konsequent eine Sparpolitik zu betreiben.
Nachhaltigkeit heisst aber, sich nach der Decke zu strecken und nicht ständig das Haus zu vergrössern!
Hört also endlich auf, die Landschaft zu quälen!