Orte, die Sie jetzt besuchen sollten - oder eben doch nicht?

08 Okt 2014

„Orte, die Sie jetzt besuchen sollten“. Unter diesem Titel schaltete gestern 20 Minuten online einen Artikel auf. Darin finden sich zehn Reisedestinationen, die wegen Klimawandel und Umweltzerstörung bald verschwinden könnten. Zusammengestellt hat die Destinationen eine Deutsche Online-Hotelsuche. Wir meinen: Unbedingt den nächsten Flieger nehmen und hinfliegen. Oder vielleicht doch nicht?

Wenn das Internet für etwas gut ist, dann sicher um Absurditäten hervorzubringen. Eine Absurdität wie zum Beispiel gestern auf 20 Minuten online entdeckt. Ein kurzer Artikel stellt zehn Reisedestinationen zusammen, „die Sie jetzt besuchen sollten“. Denn sie könnten sich, durch Umweltzerstörung und Klimawandel, schon bald verändern oder ganz verschwinden. Praktischerweise liegen viele der Destinationen in bequemer Flugzeug-Distanz. Die Reiseziele ausfindig gemacht und in einer Medienmitteilung Mitte September publiziert hat die Deutsche Hotelsuche trivago. Praktischerweise bietet trivago gleich auch noch Übernachtungstipps für potentielle Reisende.

Vom Toten Meer bis auf den Kilimanjaro

Die Zusammenstellung fängt beim Toten Meer (Jordanien) an. Geringer Regen und der fehlende Wasserzufluss vom Jordan – Plantagen brauchen das Wasser zur Bewässerung - führen dazu, dass der Wasserspiegel jährlich um etwa einen Meter sinkt, wie trivago schreibt. Weiter geht es mit dem Belize Barrier Reef (Belize). Hier sorgen unkontrollierter Tourismus, Meeresverschmutzung und Fischereipraktiken (z.B: Zyanid-Einsatz) zur Schrumpfung des Riffs. Die Gletscher des Glacier Nationalpark (Montana, USA) ebenso wie diejenigen Patagoniens (Argenitinien/Chile) und die Eisdecke des Kilimanjaro (Tansania) sind durch die globale Erderwärmung bedroht. Brandrodung und Überjagung setzen hingegen Flora und Fauna auf Madagaskar zu. Venedig wiederum plagt eine andere Folge des Klimawandels: Der steigende Meeresspiegel führt dazu, dass der Unterboden versinkt, auf dem die Holzkonstruktionen errichtet sind. Das Taj Mahal in Indien leidet unter Umwelteinflüssen; diese beschädigen und verfärben die Bausubstanz. Seit 2007 befördern daher im Umkreis von zwei Kilometern nur noch Pferdekutschen und Elektroautos Touristen wie Einheimische. Ein ähnliches Schicksal droht den Malediven, doch hier würden gleich ganze Inseln weggespült. Und die Regenwälder der indonesischen Insel Sumatra schliesslich fallen dem unkontrollierten Holzschlag durch Papierkonzerne und Palmölplantagen zum Opfer.

„Der Fokus liegt vielmehr auf den wunderschönen Landschaften, die man schützen sollte.“
Elke Schlager, PR-Verantwortliche trivago Deutschland

Nichts wie hin!

Also, Koffern packen und schnell noch diese Sehenswürdigkeiten mit eigenen Augen erblicken. Diese seien so schön, dass man sie gesehen haben sollte, sagt Elke Schlager, PR-Verantwortliche von trivago in Deutschland. Sie ist sich des doppelmoralischen Ansatzes bewusst. „Der Fokus liegt vielmehr auf den wunderschönen Landschaften, die man schützen sollte“, sagt sie gegenüber umweltnetz-schweiz. Es handle sich um eine relativ willkürliche Auswahl, was man zum Beispiel auch an der Auswahl von Venedig sehe. Sie hätten besonders in Österreich und Deutschland relativ viel Presse-Echo gehabt, sagt Elke Schlager; „oft auch mit einem Augenzwinkern“, wie sie erklärt.

Die Moral der Geschicht

Der kulturelle und ökologische Verlust infolge von Klimawandel und Umweltzerstörung ist unbestritten. Ebenso wie der Mensch als treibende Kraft dahinter. Manch einem wird die Zusammenstellung der Reisedestinationen diesen Zusammenhang noch einmal vor Augen geführt haben. Ob es dann dienlich ist, möglichst noch „rasch“ all diese Destinationen besucht zu haben und im To-Do-Büchlein abhäkeln zu können – dies sei dahingestellt.

Übrigens: umweltnetz-schweiz empfiehlt, Natur- und Kulturdenkmäler in der Schweiz noch zu besuchen, bevor sie verschwinden. Zum Beispiel der Aletsch-Gletscher, der wegschmilzt oder der Walensee, dessen optische Integrität von einem Solarkraftwerk bedroht werden könnte. Bitte aber mit öV, zu Fuss oder mit dem Velo anreisen, Abfall einsammeln sowie Schutz- und Ruhezonen einhalten.

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