Schönung der Klimabilanzen
Die Frage, welchen Beitrag Entwicklungs- und Schwellenländer für den Klimaschutz leisten sollen, stellt bei jeglichen Klimaschutzgesprächen einen Streitpunkt dar. Reiche Staaten fordern konkrete Klimaziele von aufstrebenden Volkswirtschaften, während letztere auf eine Art historische CO2-Schuld der Industriestaaten verweisen – und darauf, dass die reichen Länder des Nordens ihre Klimabilanzen auf Kosten der ärmeren Staaten schönen.
Gemäss einem Bericht von Spiegel Online, in welchem eine neue Studie, veröffentlicht im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science", ausführlich besprochen wird, wird eindrücklich belegt, wie sehr die Industrieländer ihren CO2-Ausstoss tatsächlich an Entwicklungsländer ausgelagert haben. So hat die wachsende Nachfrage der Industriestaaten nach Waren aus ärmeren Ländern deren CO2-Emmissionen zwischen 1990 und 2008 massiv steigen lassen. Zeitgleiche Einsparungen in Europa seien dadurch insgesamt wieder zunichte gemacht worden. Gemäss Berechnungen der Wissenschaftler entstand durch die Produktion von Konsumgütern in Entwicklungsländern bis 2008 gar fünfmal mehr CO2, als in den Industrieländern durch Klimaschutzprogramme bis dahin eingespart wurde. Christoph Minx, Mitautor der Studie von der Technischen Universtität Berlin konstatiert: „Wir begrenzen Emissionen bei uns, verursachen aber zugleich mehr CO2-Ausstoss in Regionen ohne Klimaschutzziele.
Schwächen des Kyoto-Protokolls
Die Studie unterstreicht deutlich die Konstruktionsschwächen im Kyoto-Protokoll, wo für ärmere Länder keine Vorgaben vorgesehen sind, um deren Entwicklungsmöglichkeiten nicht einzuschränken. Durch die im Zuge der Globalisierung vorgenommenen Produktionsverlagerungen in die Entwicklungsländer, wanderten auch die CO2-Emissionen, welche eigentlich den Bewohnern reicher Länder zuzuordnen sind, an die entsprechenden Standorte ab.
Die Forscher haben diesen Trend nun erstmals umfassend nachgezeichnet, indem sie Emissionsverlagerungen in 95 Staaten und 57 Wirtschaftsbranchen über 19 Jahre nachzeichneten. Das Ziel der Wissenschafter ist nach eigenen Angaben der Hinweis auf Konstruktionsschwächen im globalen Vertragswerk zur CO2-Reduktion. So müssten die Industrieländer auch den CO2-Ausstoss erwähnen, der durch ihre Importe aus anderen Ländern entsteht.
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