Neben Wohnhäusern, Geschäften, Strassen und Verkehrsmitteln bleibt in Städten oft nur wenig Platz — besonders für die Natur. So leben Stadtbäume im beständigen Kampf um ausreichend Platz — und das, obwohl ihnen in den Städten eine entscheidende Rolle zukommt. Bereits jetzt lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten — in der Schweiz sind es nach der aktuellen Statistik sogar drei Viertel. Bis 2050 werden weltweit voraussichtlich weitere 2,5 Milliarden Menschen dazukommen — der Wettbewerb um Raum in den Städten wird also steigen. Gerade vor diesem Hintergrund aber ist es laut Experten entscheidend, Bäume nicht mehr nur als eine rein ästhetische Bereicherung in Städten zu betrachten.
In Vorausschau auf den diesjährigen Tag des Baumes am 25. April werfen wir einen Blick in das Grün der Städte und dessen Bedeutung für Mensch und Umwelt.
Beschützer vor dem Schädlichen
Bäume sind unsere natürlichen Beschützer, die das städtische Mikroklima regulieren: Sie filtern die Luft indem sie CO2 und Schadstoffe absorbieren, und saugen über ihr starkes Wurzelwerk viel Wasser auf, was die Gefahr von Sturzfluten nach Starkregen mindert. Vor allem aber wirken sie kühlend, indem sie Schatten spenden und Feuchtigkeit in die Luft abgeben, wodurch sie den städtischen Hitze-Insel-Effekt mildern. Weil Steine und Beton sich besonders stark aufheizen und die Hitze nur langsam wieder abgeben, ist es in Städten üblicherweise deutlich heisser als in den umliegenden ländlichen Gebieten. Ihre verstärkte Bepflanzung wird damit für die Zukunft immer wichtiger, weil die Temperatur als Folge des Klimawandels steigt und das Leben in der Stadt zunehmend bedroht.
Des Weiteren bieten Bäume in der Stadt kostbare Lebensräume für Tiere wie Käfer, Falter und kleine Vögel. Die Höhlen in älteren Bäumen dienen als Brut- und Lebensräume für Eichhörnchen und Fledermäuse.
Stadtbäume reduzieren zudem den Strassenlärm und schützen umliegende Gebäude vor starken Winden. Parks dienen als Oasen der Ruhe und der Erholung, wodurch sie die Lebensqualität steigern. Ausserdem haben Bäume einen symbolischen Wert: Sie stehen für Naturnähe und sind für viele Menschen Lebensbegleiter. Tatsächlich zeigen immer mehr Untersuchungen, dass Menschen, die an Orten mit mehr Bäumen leben, weniger Stress empfinden und seltener an psychischen Erkrankungen leiden als Menschen, die in einer baumlosen Umgebung wohnen.
Das stille Leiden
Stadtbäume haben aber kein leichtes Leben. Sie kämpfen mit den Schadstoffen aus der Luft, mit mangelndem Platz, mit Salzeinsatz im Winter und mit Verletzungen durch Bauarbeiten oder Unfälle. Überdies ist das Bodenleben, das sie ernährt, weniger reichhaltig als in Parks und Wäldern, wo Laub fällt, sich zersetzt und den Erdboden mit Nährstoffen anreichert. Diesen natürlichen Kreislauf gibt es in der Stadt meist nicht.
Doch die grösste Bedrohung für Stadtbäume ist die Dürre. Die Nachwirkungen der beispiellosen Hitzewelle in Europa 2018 sind noch heute zu spüren: Bäume vertrockneten schneller, trieben im Folgejahr nicht mehr aus oder waren gar abgestorben. Jene Bäume, die den Hitzestress überlebt haben, sind noch heute anfälliger für Schädlingsbefall wie Borkenkäfer oder Pilze. Dies zeigen Messungen von Forschern der ETH, der Universität Basel und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Bäume verlieren bei grosser Hitze über die Oberfläche — besonders die Blätter — sehr viel Wasser, können den Wasserverbrauch jedoch drosseln. Trocknet aber auch der Boden aus, kann der Baum das Wasser nicht ersetzen und seine Zellen beginnen abzusterben. In Zeiten des Klimawandels mit steigender Hitzebelastung sind Stadtbäume immer häufiger vom Tod durch Austrocknung bedroht.
Bürger für Bäume
Eine Lösung zur Erhaltung von Stadtbäumen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben, ist die Beteiligung der Bürger an der städtischen Baumpflege. In New York City etwa können Stadtbewohner Kurse belegen, um offizielle Stadtbaumpfleger zu werden. In Berlin ruft die Stadtverwaltung die Anwohner auf, im Sommer die Bäume vor ihrer Haustür zu giessen. Ausserdem können Bürger mittlerweile Genehmigungen für die Pflege von Baumbeeten beantragen.
Ein erster Schritt, wie Sie den Bäumen vor Ihrer Haustüre helfen können, ist Rücksicht: Beim Einparken des Autos keine Bäume anrempeln. Das Fahrrad nicht daran festketten, weil dadurch die Stämme verletzt werden, gerade bei jungen Exemplaren. Im Winter auf Streusalz verzichten und lieber salzfreie, abstumpfende Streumittel wie Sand oder Split verwenden.
Eine weitere Hilfsmassnahme ist das Giessen in heissen Sommern: Am besten einmal in der Woche zehn Eimer oder Giesskannen pro Baum. Jeden Tag ein bisschen bringt nur wenig, weil das Wasser dann nur an der Oberfläche bleibt und schnell verdunstet. Möglicherweise haben die Nachbarn Interesse an einer Giessgemeinschaft.
Quellen und weitere Informationen:
BFS: Statistik der Schweizer Städte 2021
Stiftung „Die Grüne Stadt“: Bäume in der Stadt
Marselle et al. (2020): Urban street biodiversity and antidepressant prescriptions
Gessler et al. (2020): The way back: Recovery of trees from drought and its implication for acclimation
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