Vor sieben Jahren wurde im Pariser Abkommen das Klimaziel für 2020 festgelegt, das eine Reduktion von 20 Prozent der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 1990 vorsieht. Laut dem Schweizer Treibhausgasinventar, welches das Bundesamt für Umwelt (Bafu) kürzlich beim UNO-Klimasekretariat einreichte, beliefen sich die Treibhausgasemissionen in der Schweiz im Jahr 2019 auf 46,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (CO2eq). Dies ist ein Rückgang von 0,3 Millionen Tonnen in Vergleich zu 2018. Gemäss Gesetz müsste die Reduktion jedoch rund eine Million Tonnen pro Jahr betragen. Die Emissionen von 2019 lagen damit erst 14 Prozent tiefer als im Basisjahr 1990. In keinem der bedeutendsten Sektoren — Gebäude, Industrie und Verkehr — konnten ausreichende Erfolge verzeichnet werden. Es müssen also strengere Massnahmen her.
CO2-Äquivalente
Kohlendioxid-Äquivalente bzw. CO2-Äquivalente (CO2eq oder CO2e) sind eine Masseinheit, die die Klimawirkung unterschiedlicher Treibhausgase anzeigt. Die unterschiedlichen Treibhausgase wie CO2, Methan oder Lachgas tragen nicht in gleichem Masse zum Treibhauseffekt bei. Um die Wirkung verschiedener Treibhausgase vergleichbar zu machen, hat der Weltklimarat der Vereinten Nationen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) die Masseinheit der CO2-Äquivalente eingeführt. Dieser Index beziffert die Erwärmungswirkung einer bestimmten Menge eines Treibhausgases über einen festgelegten Zeitraum (meist 100 Jahre) im Vergleich zu derjenigen von CO2 — dem prominentesten Treibhausgas. So hat z.B. ein Kilogramm Methan eine 28 Mal grössere Klimawirkung als ein Kilogramm CO₂ — das CO2-Äquivalent für Methan beträgt somit 28 CO2eq. Die Klimawirkung von einem Kilogramm Lachgas übersteigt die von einem Kilogramm CO₂ sogar um das 265-fache — beträgt also 265 CO2eq. Treibhausgasemissionen können so in der Form von CO₂-Äquivalenten zusammenfassend aufgerechnet werden.
Immer noch zu viele Ölheizungen
Die Treibhausgasemissionen des Gebäudesektors betrugen im Jahr 2019 11,2 Millionen Tonnen CO2eq — und sind damit im Vergleich zu 2018 nicht gesunken. Sie lagen um 34 Prozent unter dem Wert im Basisjahr 1990. Diese Reduktion ist zu gering, um das Reduktionsziel von 40 Prozent bis 2020 zu erreichen. Im Gebäudesektor sei der Treibhausgas-Ausstoss im Jahr 2019 vor allem wegen des kälteren Winters nicht zurückgegangen, schreibt das Bafu in seiner Medienmitteilung. Hier gibt es grosses Verbesserungspotenzial: Kaum ein Land in Europa betreibt weiterhin so viele Ölheizungen wie die Schweiz.
Keine Veränderungen in der Industrie
Mit einem Ausstoss von 11,2 Millionen Tonnen CO2eq lag die Industrie 2018 um 14 Prozent unter dem Wert von 1990. Damit könnte das Reduktionsziel von 15 Prozent bis 2020 theoretisch erreicht werden. Allerdings stagnieren die Zahlen: Im Vergleich zu 2017 reduzierte sich der Ausstoss lediglich um 0,2 Millionen Tonnen und blieb gegenüber 2018 gänzlich unverändert. Auch der Industriesektor muss damit weitere Anstrengungen unternehmen, um die Emissionen zu senken. Die Industrie profitiert zudem davon, dass die klimawirksamen synthetischen Treibhausgase (vor allem Kältemittel), die sie emittiert, in der Statistik bei «Übrige Emissionen» aufgeführt und ihr nicht direkt zugerechnet werden. Sie steht also eigentlich zu gut da.
Verkehrsemissionen gar höher als in 1990
Im Verkehr lagen die Emissionen im Jahr 2019 sogar noch ein Prozent über dem Niveau von 1990. Damit dürfte klar sein, dass wir das Reduktionsziel von 10 Prozent hier deutlich verfehlen werden. In den vergangenen Jahren hat zwar die Beimischung von Biotreibstoffen zugenommen; sie erreichte 2019 einen Anteil von fast 4 Prozent am gesamten Treibstoffabsatz. Auch haben effizientere Fahrzeuge zu sinkenden CO2-Emissionen pro Kilometer geführt. Die Zunahme der zurückgelegten Kilometer machen diese positiven Effekte aber wieder zunichte. So belief sich der Treibhausgas-Ausstoss auf 15 Millionen CO2eq — und bleibt auch hier wieder gleich wie 2018.
Langer Weg auch in der Landwirtschaft
Nur in der Landwirtschaft sind die Emissionen gegenüber 2018 leicht gesunken. Rund 12 Prozent tiefer waren sie 2019 gegenüber dem Basisjahr 1990. Dennoch rechnet das Bafu damit, dass das Klimaziel auch hier nicht erreicht wird, denn dazu müssten die Emissionen bis 2020 um weitere 10 Prozent sinken. Besonders problematisch sind hier Methan (aus dem Verdauungstrakt von Wiederkäuern) und Lachgas (aus Dünger), die einen hohen Treibhaus-Effekt mit sich bringen. Es gilt hier somit, Foodwaste zu vermeiden, die Ernährung auf pflanzlicher Basis zu stärken und die extensive Landwirtschaft zu fördern.
Keine Hoffnung trotz Corona
Gegen alle Erwartungen ist trotz des Covid-19-Effekts keine Reduktion der Treibhausgasemissionen in Sicht. Aktuelle Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigen, dass die weltweiten CO2-Emissionen nach anfänglichen Einsparungen im Jahr 2020 wieder kräftig angezogen haben. Im letzten Dezember lagen sie wieder um zwei Prozent höher als im Vorjahresmonat. Um eine nachhaltige Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen, braucht es verstärkte Massnahmen, wie sie das revidierte CO2-Gesetz vorsieht. Über dieses wird am 13. Juni abgestimmt. Erst letzte Woche haben sich mehr als hundert renommierte Forschende für ein „Ja“ zum CO2-Gesetz ausgesprochen. Die Schweiz brauche diesen Schritt, da sie schon heute stark vom Klimawandel betroffen sei. Nur so könne die Schweiz die Pariser Klimaziele erfüllen und klimaneutral werden.
Quellen und weitere Informationen:
BAFU (12.04.2021): Medienmitteilung
IPCC: Glossar
IEA (02.03.2021): After steep drop in early 2020, global carbon dioxide emissions have rebounded strongly
Stellungnahme der Wissenschaft zum CO2-Gesetz
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