Im August 2021 ist der neue IPCC Bericht erschienen. Vieles, was er uns zu sagen hat, ist bereits bekannt, jedoch sind die zentralen Ergebnisse nun nochmal stärker belegt: Der Einfluss des Menschen hat das Klimasystem erwärmt und wird dies auch in Zukunft noch tun. Menschgemachte Treibhausgase sind hauptverantwortlich für diese Erwärmung der Atmosphäre und der Ozeane. Ungebremst dauerten die Klimaauswirkungen im letzten Jahrzehnt an: Die Schnee- und Eismengen sind weiter zurückgegangen, der Meeresspiegel weiter angestiegen und die Konzentrationen von Treibhausgasen haben weiter zugenommen
IPCC
IPCC steht für Intergovernmental Panel on Climate Change, auf Deutsch auch Weltklimarat genannt. Es handelt sich dabei um eine Institution der Vereinten Nationen, welche sich aus zwischenstaatlichen Ausschüssen von Regierungen und wissenschaftlichen Gremien zusammensetzt. Der Weltklimarat beauftragt Experten und Expertinnen in regelmässigen Abständen, den Wissensstand zur Klimaforschung in Berichten zusammenzutragen. Diese Berichte sollen als Grundlage für wissenschaftsbasierte Entscheidungen in der Politik dienen. Drei Arbeitsgruppen arbeiten an diesen Berichten: Die Gruppe I fasst den Forschungsstand der naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels zusammen. Arbeitsgruppe II konzentriert sich auf die Verwundbarkeit der menschlichen Gesellschaft und der natürlichen Ökosysteme, während sich die dritte Gruppe politischen, wirtschaftlichen und technologischen Möglichkeiten widmet, welche den Klimawandel bremsen könnten.
Was ist neu?
1.5 Grad-Grenze:
Im Vergleich zum IPCC-Sonderbericht von 2018, welcher eine globale Erwärmung von 1.5 Grad bis spätesten 2052 prophezeit, zeigen aktuelle Klimamodelle, dass die 1.5 Grad-Grenze bereits in den frühen 2030er Jahren überschritten wird. Der neue IPCC Bericht berechnet in dieses neue Modell die weltweit immer noch steigenden Treibhausgaskonzentrationen mit ein. Ausserdem konnte durch besseres Wissen über das vergangene Klima ermittelt werden, dass die bisherige Erwärmung um 0.1 Grad höher liegt als bislang angenommen.
Arktisches Meereis:
Die Arktis umfasst den mit Eis bedeckten Arktischen Ozean zwischen Grönland, Skandinavien, Russland und Nordamerika. Im Sommer schmilzt ein Teil des Eises ab, während im Winter das Meer wieder zufriert. Seit Jahren nimmt die Eisfläche jedoch im Schnitt immer mehr ab. Mit dem Eis verschwindet ausserdem das dortige Ökosystem. Der neue IPCC-Bericht zeigt, dass in Zukunft jeweils am Ende des Sommers so gut wie kein Meereis übrigbleiben wird – auch wenn wir unsere Emissionen sofort verringern. Da aber der Eisverlust linear mit der Temperatur verläuft, hätte eine Einstellung der menschlichen Treibhausgasemissionen zwar einen zeitverschobenen, jedoch wirksamen Effekt.
Meeresspiegelanstieg:
Bis ins Jahr 2100 wird eine Meeresspiegelanstieg von 30 Zentimeter bis zu einem Meter erwartet. Auch wenn wir unsere Emissionen bis 2050 auf Netto-Null herunterschrauben, wird der Anstieg unserer Meeresspiegel noch viele Jahrhunderte andauern. Das Meer ist ein träges System und wir stellen bereits jetzt die Weichen, was in hunderten, ja sogar tausenden Jahren damit geschieht.
Der Mensch als Triebkraft?
In allen Regionen der Erde erreichen die Klimaänderungen immer wieder Höchststände, wie sie seit vielen Jahrhunderten bis Jahrtausende nicht beobachtet worden sind. Beispielsweise der Anstieg der CO2-Konzentration auf 410ppm bis ins Jahr 2019 hat in den letzten mindestens zwei Millionen Jahren nicht mehr in diesem Ausmass stattgefunden. Doch woher wissen die Forschenden, dass der Klimawandel hauptsächlich von menschgemachten Emissionen angetrieben wird? Eine der vielen Antworten liefert der Prozess der Detection and Attribution, auf Deutsch Erkennen und Zuordnen. Dabei werden beobachtete Daten verwendet - beispielsweise der Trend des Temperaturanstiegs – und mittels Klimamodellen einem bestimmten Auslöser zugeordnet. Modellsimulationen, welche nur die natürlichen Klimaantriebe berücksichtigen, können dann mit solchen verglichen werden, die sowohl natürliche als auch menschliche Verursacher einberechnen. Wie sich dabei immer wieder herausstellt, lassen sich unsere aktuellen Temperaturtrends nur erklären, wenn die menschlichen Aktivitäten miteinbezogen werden. Sie sind sogar die Haupttreiber für die Klimaerwärmung.
Blick in die Zukunft
Das Pariser Abkommen sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu halten. Um dieses Szenario umzusetzen, genügt eine Netto-Null Gesellschaft bis 2050 bereits nicht mehr. Es wird daher aktiv CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden müssen, beispielsweise (aber längst nicht nur) durch Wiederaufforstungsaktivitäten. In Bezug auf die anzustrebenden, sehr umfangreichen negativen Emissionen herrschen grosse Zweifel unter den Forschenden, dass die CO₂-Entnahme so rasch und im notwendigen Ausmass geschehen kann. Die Antwort auf diese Fragestellung war nicht Teil des IPCC-Berichts. Klimaforscher Marotzke ergänzt zu dieser Frage aus einer interdisziplinären Studie des Klima-Exzellenzclusters CLICCS der Universität Hamburg:
„Die technisch-ökonomischen Möglichkeiten für eine Dekarbonisierung bis 2050 wären theoretisch vorhanden. Trotzdem bräuchte es unserer Analyse nach deutlich mehr Dynamik in vielen Bereichen der Gesellschaft, um solch schnelle und drastische Emissionsminderungen zu bewirken – etwa eine andere Strategie von Unternehmen und mehr öffentlichen Druck.“
Die Technologien sind also da, die Dekarbonisierung scheitert jedoch an der Gesellschaft.
Bei alldem sollte man eine Sache jedoch nicht vergessen, empfiehlt Ozeanforscher Notz:
„Diese Ergebnisse zeigen vor allem, wie mächtig wir Menschen im Erdsystem sind. Deshalb zeigen sie auch, dass wir mächtig genug wären, den Prozess zu stoppen. Wir sind dem Klimawandel nicht passiv ausgeliefert, wir steuern ihn. Wir haben nach wie vor die Wahl, in welchem Szenario wir landen werden.“
Quellen und weitere Informationen:
IPCC: Climate Change 2021: The Physical Science Basis
EN Universität Hamburg: Ergebnisse des Weltklimarats – kurz, verständlich, direkt aus der Wissenschaft
World weather attribution: Informationen zu Zuordnungswissenschaft (Attribution Science)