Ansätze zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre Empfehlung

Die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre ist Teil der globalen Klimastrategie Die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre ist Teil der globalen Klimastrategie

Als Teil der globalen Klimastrategie sind Massnahmen zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre zwingend notwendig. Kein Wunder also, dass sich Projekte, die sich mit den sogenannten negativen Emissionen befassen, mehren. Zu bedenken gilt aber: Die Vermeidung ist in jedem Fall besser.

Um die globale Erwärmung auf 1.5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken, sind drastische Klimaschutzmassnahmen erforderlich. Der Weltklimarat IPCC (International Panel on Climate Change) hat 2018 in einem Sonderbericht erklärt, dass neben der massiven Emissionsreduktion auch zwingend Massnahmen zur aktiven, dauerhaften Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre nötig sein werden, um das für 2050 ausgesteckte Netto-Null-Klimaziel erreichen zu können. Damit die vergangenen Emissionen wettgemacht werden können, müssten im Verlauf des Jahrhunderts 100 bis 1000 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entzogen werden, was dem 2.5- bis 25-fachen der jährlichen globalen CO2-Emissionen entspricht.

Negative Emissionen

Die sogenannten Negativemissionstechnologien (NET) sind schon und werden besonders in der Zukunft als wichtige Bestandteile der Klimapolitik angesehen. Die bereits ausgestossenen Emissionen sollen mithilfe der NET aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft gespeichert werden. Bei diesem Prozess wird der Atmosphäre mehr CO2 entzogen, als produziert wird – ähnlich dem Prozess von Pflanzen, die mithilfe der Photosynthese ebenfalls negative Emissionen erzeugen. Bäume zu pflanzen ist denn auch ein beliebtes „Hilfsmittel“ hin zu einer klimaneutralen Zukunft – sie benötigen allerdings viel Land und wachsen nur langsam. Es sind also auch andere Ansätze gefordert.

Climeworks: Der grosse Sauger

Im September 2021 wurde die in Island stehende Anlage „Orca“ eingeweiht, die von den Schweizer Firma „Climeworks“ erbaut wurde. Der Standort wurde so gewählt, dass keine unnötigen Emissionen anfallen: Für die grosse erforderliche Wärme und Elektrizität des Projektes wird das Geothermiekraftwerk Hellisheiði genutzt. Orca ist die weltweit erste und grösste Anlage ihrer Art und erlaubt die relativ grosszügige Entfernung von CO2. Ähnlich einem Staubsauger entzieht Orca der Atmosphäre pro Jahr rund 4000 Tonnen CO2. Climeworks hat denn auch ambitionierte Pläne: Das ETH-Spin-off will in Zukunft ein Prozent der globalen CO2-Emissionen aus der Luft herausfiltern.

Die Technologie dazu wird als CO2-Luftabscheidung und Speicherung, oder englisch als «Direct Air Capture and Storage» bezeichnet. Der isländische Partner «Carbfix» speichert das herausgefilterte CO2 tief unter der Erde, wo es in einem natürlichen Prozess mit Basaltgestein reagiert und sich in Stein verwandelt. Über 10'000 Jahre verbleibt das modifizierte CO2 dort und trägt während dieser Zeit nicht mehr zur globalen Erwärmung bei.

Besonders förderlich ist die Ortsunabhängigkeit der Technologie: Die CO2-Konzentration in der Luft ist überall auf der Welt gleich und die Anlagen müssen nicht an eine Emissionsquelle angeschlossen werden. Ausserdem ist die Landnutzung äusserst effizient – fast 1000-mal effizienter als Bäume: Auf einer Landfläche von 0.42 Hektar lassen sich jedes Jahr 4000 Tonnen CO2 aus der Luft entfernen.

Hochschule Luzern: Die kleinen grünen Helferlein

Auch an der Hochschule Luzern wird in Richtung Negativemissionstechnologien geforscht. Anders als beim grossen «Staubsauger» setzt das Team auf ganz kleine Assistenten: Mikroalgen. Die Kleinstlebewesen können sich aufgrund ihres Teilmechanismus in kürzester Zeit vermehren und bis zu 70 Prozent ihrer Masse als gebundenes CO2 aufnehmen. Mikroalgen sind anspruchslos: Sie kommen natürlich in unseren Ökosystemen vor und benötigen bloss Wasser, Licht, CO2 und Nährstoffe (insbesondere gebundenen Stickstoff), um ihre Funktion wahrnehmen zu können. Nachdem das CO2 gebunden ist, werden die Mikroalgen getrocknet und in einer Tiefe von etwa einem Meter vergraben, wo sie nicht mit Sauerstoff in Kontakt kommen.


Prof. Dr. Mirko Kleingries, Leiter des Kompetenzzentrums Thermische Energiesysteme und Verfahrenstechnik der Hochschule Luzern und Masterabsolvent Reto Tamburini präsentieren einen Photobioreaktor am Swiss Energy Forum © HSLU

In den vergangenen zwei Jahren entwickelten die Forschenden des Projekts Bioreaktoren; die darin herrschenden Bedingungen fördern das Wachstum der Mikroalgen. Die Algen werden bei natürlichem Tageslicht gezüchtet, damit der Prozess möglichst wenig Energie verbraucht. Da die Forschenden mit einem geschlossenen System arbeiten, vermögen Bakterien, die das Wachstum blockieren könnten, kaum in die Algenzucht einzudringen. Der Prototyp hat Potenzial. Dies sieht auch die Gebert Rüf Stiftung so, die das Projekt seit Anfang Mai mit ihrem Förderprogramm für unternehmerische Fachhochschul-Studierende unterstützt. Folgen auf die Entwicklung von hocheffizienten Bioreaktoren vielversprechende Projektergebnisse, steht der Gründung des Start-ups Arrhenius AG nichts mehr im Wege.
Einst soll die Technologie auf dem Markt erhältlich sein. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg: Der Bioreaktor ist momentan in der Lage, jährlich eine Tonne CO2 zu binden, wobei der durchschnittliche CO2-Ausstosses pro Kopf in der Schweiz bei gut fünf Tonnen liegt. Mit der Weiterentwicklung dieser Technologie soll es künftig möglich sein, grössere und leistungsfähigere Reaktoren herzustellen.

Negative Emissionen wichtig, weniger Ausstoss wichtiger

Die langfristige Klimastrategie des Bundesrats von Anfang 2021 stellt fest, dass es aus technischer und finanzieller Sicht grundsätzlich möglich sein sollte, die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2050 auf Netto-Null zu senken. Auch solche erwähnten Negativemissionstechnologien können einen zwar kleinen, aber dennoch bedeutsamen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten. Am Wichtigsten bleibt dabei jedoch die Vermeidung des fortgesetzten Ausstosses von CO2 und anderen Treibhausgasen. 

Quellen und weitere Informationen:
BAFU: Negativemissionstechnologien (NET)
Climeworks
HSLU: Mikroalgen für das Klima

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail [email protected]

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.