Städte bekommen die Auswirkungen des Klimawandel oftmals besonders stark zu spüren. Das bekräftigt eine neue Studie des Carbon Disclosure Projects: Fast ein Drittel aller Städte weltweit haben mit Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen oder Hitzewellen zu kämpfen, die mindestens 70 % ihrer Bevölkerung gefährden.
Dass Städte sich besonders vulnerabel gegenüber den Folgen des Klimawandels zeigen, ist gleich auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Einerseits wurde in Städten durch die Versiegelung des Bodens das natürliche Rückhaltevermögen- und Versickerungspotenzial des Wassers reduziert. Zudem treffen Extremwetterereignisse in Städten auf eine sehr hohe Bevölkerungs-, Infrastruktur- und Wertschöpfungsdichte. Aus diesem Grund sind in urbanen Gebieten die Auswirkungen um ein Vielfaches grösser, als wenn das gleiche Ereignis in einem ländlichen Gebiet eintritt. Ein sehr grosser Teil der Städte weltweit befinden sich zusätzlich in Küstengebieten. Hier kommen die speziellen, mit der Meeresnähe einhergehende Gefahren wie der steigende Meeresspiegel, Flutgeschehnisse oder Sturmereignisse hinzu. Die Vulnerabilität (Verletzlichkeit) einer Stadt ist aber vor allem auch vom Wohlstand der Bevölkerung abhängig. Aus diesem Grund nehmen Naturkatastrophen in Ländern des Globalen Südens ein katastrophaleres Ausmass an als in Industriestaaten. Sowohl die Infrastruktur als auch die wirtschaftlichen und sozialen Systeme sind in ärmeren Ländern oft nicht genügend gegen extreme Naturereignisse abgesichert.
Zwei gleich starke Erdbeben mit sehr unterschiedlichen Opferzahlen
Das verheerende Ausmass, mit dem Naturkatastrophen ärmere Länder treffen, zeigte sich etwa beim Erdbeben in Haiti im Jahr 2010. Das Auftreten von Erdbeben ist zwar kein Phänomen, das typischerweise mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht wird. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass Erdbeben etwa durch extreme Niederschläge ausgelöst bzw. begünstigt werden könnten.
Die einfach gebauten Häuser Haitis konnten dem verheerenden Erdbeben mit Magnitude 7.0 am 12. Januar 2010 nicht Stand halten. Die Wirtschaft und die politische Organisation des Landes brachen mit dem Verlust der Infrastruktur ebenfalls unmittelbar und fast vollständig zusammen. Nach der Katastrophe gestaltete sich zudem die Erholung äusserst schwierig: 2013 lebten immer noch schätzungsweise 210‘000 Personen in Zeltstädten und kein einziges Verwaltungsgebäude war wieder komplett aufgebaut.
Ein bezüglich der Stärke vergleichbares Erdbeben im Jahr 1995 in Kobe, Japan, war zwar ebenfalls zerstörerisch; der resultierende Schaden blieb dennoch deutlich geringer. Während in Haiti rund 160‘000 Menschen ums Leben kamen, waren es in Japan etwa 6‘000. Die Gebäude waren hier deutlich stabiler gebaut und überhaupt waren in Japan die sozialen, infrastrukturellen und Versorgungssysteme besser auf den Katastrophenfall vorbereitet. Kobe konnte sich entsprechend auch schneller erholen.
Solche Voraussetzungen der Resilienz gelten genau gleich für Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme oder Hitzewellen.
Auch Europa muss Klimaresilienz aufbauen
Um gegen die Auswirkungen des Klimawandels gewappnet zu sein, ist es für Städte entscheidend, Resilienz aufzubauen. Dies gilt ebenfalls für Städte, die nur einer mässigen Gefährdung durch extreme Naturereignisse ausgesetzt sind. Auch Städte in Mitteleuropa müssen Strategien ausarbeiten, um sich den mannigfaltigen Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Mögliche Massnahmen sind etwa die Installation von versickerungsfähigen Strassenbelägen zur Vorbeugung von Überschwemmungen, die Pflanzung von schattenspendenden Bäumen zur Kühlung des Stadtklimas oder eine resistente Energieversorgung.
Resilienz umfasst auch die Fähigkeit, sich nach einem Ereignisfall wieder zu erholen. Neben einem vorausschauend geplanten und flexibel organisierten Krisenmanagement wird das alleine schon durch die Stabilität der wirtschaftlichen, infrastrukturellen und gesellschaftlichen Systeme gefördert.
Weit mehr als Anpassung ist gefragt
Selbstverständlich reicht es nicht, sich einfach nur an die durch den Klimawandel verstärkten Naturgefahren anzupassen – Städte haben es in der Hand, die Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren. Sie sind für 70 % aller Treibhausgasemissionen verantwortlich und damit nicht nur besondere Leidtragende, sondern auch besondere Verursacher der Klimaveränderung. Wenn Städte also nicht auch die Reduktion der Treibhausgasemissionen anstreben, haben sie das Grundlegende vergessen und betreiben lediglich Symptombekämpfung.
Quellen und weitere Informationen:
CDP: Protecting People and the Planet
Climate-Focus-Paper
GeoSphere Austria: Jahrestage zweier Katastrophenbeben
Deutschlandfunk: Erst Regen, dann Beben?
Kommentare (0) anzeigenausblenden