Insbesondere in England verlängert sich die sogenannte Fruktifikationsperiode der Pilze stetig, was mit den milden Wintern und den damit verbundenen Frostrückgängen zu tun hat. In Norwegen, Österreich und der Schweiz hingegen bildet die Myzel (also die unterirdische „Pilzwurzel“) im Frühling heutzutage durchschnittlich etwas später Fruchtkörper (d.h. die Pilze), die dann aber deutlich länger in den Herbst hinein wachsen, weil der Frost später eintrifft. Insgesamt regt der Klimawandel das Pilzwachstum an.
Akutelle Saison
In der Schweiz scheint die aktuelle Saison besonders vielversprechend zu sein. Der warme Sommer und der Regen im September und Oktober sind den Pilzen besonders gut bekommen und die Fruchtkörper schiessen förmlich aus dem Boden. Dies scheint die Herzen zu erfreuen, denn immer mehr Laien, darunter viele Jugendliche zieht’s in den Wald zum „Pilzeln“. Doch das Hobby bringt auch Gefahren mit sich. Viele überschätzen ihre Pilzkenntnisse und machen sich einzig mithilfe unzuverlässiger Pilz-Apps auf dem Smartphone auf die Pilzsuche vor. Bei insgesamt über 7000 bekannten Pilzarten, wovon rund 300 geniessbar, aber mehr als 200 für uns Menschen giftig sind, geschehen schnell Verwechslungen. So hat es allein in diesem Herbst bereits über 400 Vergiftungsfälle gegeben und bei Kontrollen werden im Schnitt 90% der Pilze, die von Jugendlichen gesammelt werden, als giftig entlarvt und aussortiert. Bessere Informierung, sowie der Gang zur Pilzkontrollstelle sind unerlässlich, um keine unnötigen Risiken einzugehen.
Wirkung im Ökosystem
Neben dem Sammeltrend und den damit verbunden Gesundheitsrisiken hat der Pilzzuwachs auch Auswirkungen auf das Ökosystem des Waldes. Die Pilzgewebe ernähren sich von den Kohlenhydraten der Waldbäume und verbessern im Gegenzug deren Versorgung mit Wasser und Nährstoff und bieten Schutz vor Wurzelkrankheiten. Zusätzlich bauen sie totes organisches Material ab und sind so entscheidend am Nährstoffkreislauf des Waldes beteiligt. Durch die Symbiose mit den Bäumen und die organische Funktion fördern die Pilze Pflanzenwachstum und "tun dem Wald gut"
Der Stoffumsatz der Bodenpilze ist wesentlich höher. Daher setzen sie auch mehr CO2 frei als bisher erwartet. Die Pflanzen könnten das allerdings ausgleichen, indem sie im Gegenzug mehr CO2 binden.
Irmgard Greilhuber-Krisai, Universität Wien
Jedoch zeigen neueste Erkenntnisse, dass Pilze auch Kohlenstoffdioxid freisetzen und dadurch die Atmosphäre belasten. Irmgard Greilhuber-Krisai von der Universität Wien beschreibt die Auswirkungen des Klimawandels auf den Pilzwachstum wie folgt: "Der Stoffumsatz der Bodenpilze ist wesentlich höher. Daher setzen sie auch mehr CO2 frei als bisher erwartet. Die Pflanzen könnten das allerdings ausgleichen, indem sie im Gegenzug mehr CO2 binden." Sie betont hierbei, dass noch unklar ist, welcher Faktor mehr ins Gewicht fällt, der CO2 Ausstoss der Pilze oder aber der Ausgleich durch die Pflanzen. Um dies zu bestimmen, müsste mehr bekannt sein, über den faszinierenden Organismus der Pilze, deren Wurzeln kilometerweite Ausmasse erreichen können und zahlreiche Symbiosen mit anderen Lebewesen eingehen.
Die Wechselwirkungen zwischen Pilzwachstum und Klimawandel zeigen uns einmal mehr auf, wie komplex unsere Ökosysteme funktionieren. Man ist sich einig, dass direkte und indirekte menschliche Einflüsse natürliche Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen und entscheidende Folgen auf die unzähligen Verknüpfungen und wechselseitigen Abhängigkeiten in der Natur haben.
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