Seit dem ersten Umweltgipfel, der 1992 in Kyoto stattfand, ist viel geschehen: Die Wissenschaft kann immer präziser aufzeigen, welches die Folgen des unaufhaltsamen Anstiegs der Treibhausgasemissionen sind, und die Projektionen für die Zukunft werden immer präzisier und besorgniserregender: Vor einigen Tagen erschien ein neuer Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP); ohne ein sehr rasches und umfassendes, gemeinsames Eingreifen der Staatenwelt lässt sich das angestrebte Zwei-Grad-Ziel nicht erreichen. Die Emissionen von Treibhausgasen müssten bis 2020 um 15 %, gesenkt werden, was technisch durchaus möglich ist. Doch die jüngsten Entwicklungen deuten keineswegs in diese Richtung; allein seit 2000 nahmen die Emissionen bis 2010, bzw. von 40 auf 50,1 Gigatonnen pro Jahr zu. Für 2020 prognostiziert die UNEP einen erneuten Zuwachs von ungefähr 13 % Prozent. Laut Climate Action Tracker würde die Durchschnittstemperatur auf der Erde - im Vergleich zur vorindustriellen Zeit - bis 2100 aktuell um ca. 3,3 Grad steigen. Die Folgen dieser Erderwärmung sind auch längst bekannt: überflutete Küstenstädte, untergehende Inselstaaten, verheerende Wirbelstürme, grosse Dürrekatastrophen usw.
Das aktuelle Tempo des internationalen Klimaschutzes ist absolut unzureichend, um das angestrebte Zwei-Grad-Ziel tatsächlich zu erreichen.
Peter Altmaier, deutscher Umweltminister (CDU)
Obwohl sich das Wissen um die Folgen des ungeminderten Ausstossens von schädlichen Treibhausgasen in immer breiteren gesellschaftlichen Kreisen verbreitet und mittlerweile in vielen Staaten dieser Erde zum Kanon des Allgemeinwissens gehört, scheinen die Mühlen der Politik wieder einmal besonders langsam zu mahlen. Gegenüber dem Spiegel hat sich der deutsche Umweltminister Peter Altmaier beunruhigt gezeigt: „Das aktuelle Tempo des internationalen Klimaschutzes ist absolut unzureichend, um das angestrebte Zwei-Grad-Ziel tatsächlich zu erreichen […]. Wir müssen versuchen, die Trendumkehr zu schaffen. In Deutschland haben wir sie schon erreicht, in anderen Regionen sind wir davon noch kilometerweit entfernt.“ Wie wir gestern berichtet haben, ist es mit dieser Trendumkehr auch in Deutschland nicht so weit her; setzt doch die deutsche Regierung trotz der erklärten Energiewende massiv auf die Förderung von Kohle.
Die meisten der bisher achtzehn Klimakonferenzen brachten ausser vieler Versprechen und hübsch verpackten Absichtserklärungen nur wenig. Wie so oft in der UNO, ist die verlangte Einstimmigkeit eher ein Hindernis und zwingt die Staaten, wenn überhaupt, teilweise halbherzige Kompromisse einzugehen. Erschwerend kommt hinzu, dass seit dem Ende des Kalten Krieges – der zu vielen neuen Nationalstaaten führte – und mit dem rasanten Aufstieg der ehemaligen Entwicklungs- und Schwellenländern wie Brasilien, China, Indien usw. eine Konsensfindung noch schwieriger wird: Die Industriestaaten wollen, dass auch die Entwicklungs- und Schwellenländer ihren Beitrag leisten. Diese verweisen wiederum auf ihren Aufholbedarf, und dass die OECD-Staaten aus der Vergangenheit noch eine grosse C02-Schuld offen hätten.
Was können wir denn nun eigentlich von der aktuellen Klimakonferenz erwarten; worum wird eigentlich gerungen? Es lassen sich fünf Verhandlungsfelder benennen, welche in Katar anstehen (vgl. Zeit Online):
In einem ersten Schritt geht es darum, in Folge der letzten Konferenz in Durban, ein Arbeitsprogramm für das nächste Klimaabkommen (als Nachfolger des Kyoto-Protokolls), welches bis 2015 verabschiedet werden und 2020 in Kraft treten soll, zu finden.
Ähnlich erscheint der zweite Verhandlungspunkt: es soll geklärt werden, was bis 2020 geschehen muss, um den Klimaschutz zu intensivieren.
Drittens wollen einige Länder freiwillig die Kyotoer Vereinbarung weiterführen, welche eigentlich Ende Jahr ausläuft. Voraussichtlich die EU, Australien, Norwegen, die Schweiz und einige wenige Andere wollen mit dieser Verlängerung der Verpflichtungsperiode ein Zeichen setzen. In Doha soll nun darum gerungen werden, wie hoch die Verpflichtungen sind, welche eingegangen werden und wie lange dieser Vertrag in die Verlängerung geht. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das Kyotoer Abkommen nur 15 % der weltweiten CO2-Emissionen umfasst. Die grössten Umweltsünder wie die USA, Russland, Kanada, Japan und Neuseeland haben sich dem Vertrag nie unterworfen oder sind ausgestiegen. Der Gastgeber Katar ist übrigens der weltweit grösste Produzent von CO2 pro Kopf (vgl. Weltbank).
Es steht viertens auf der Agenda, wie Entwicklungsländer in ihren Klimabestrebungen unterstützt bzw. wie die Massnahmen finanziert werden sollen. An der gescheiterten Konferenz von Kopenhagen (2009) erklärten sich die Industriestaaten bereit, ab 2020 einen Klimafonds (Green Climate Funds) in einer Höhe von jährlich über 100 Milliarden Dollar zugunsten der ärmeren Staaten bereitzustellen. Dieser Absichtserklärung gilt es jetzt Leben einzuhauchen, damit sie nicht als toter Buchstabe verstaubt. Zwar hat man sich bereits darauf geeinigt, wie der Fonds funktioniert, aber nicht, wie er finanziert wird. Bisher fliesst kein Geld und die Kassen sind noch leer.
Schliesslich wird noch das Ziel verfolgt, alle bisher aufgeworfenen Handlungsstränge möglichst zusammenzuführen und eine einzige, gemeinsame Handlungsplattform zu finden.
Es steht sehr viel auf dem Spiel in Doha; die minimalen Zielsetzungen – hauptsächlich geht es ja darum, ein Arbeitsprogramm zu finden, wie es in der nahen Zukunft für den globalen Klimaschutz weitergehen soll - des Kongresses zeigen auf, dass kaum grosse Schritte zu erwarten sind und wichtige Resultate möglicherweise wiederum auf den Sanktnimmerleinstag verschoben werden.
Weitere Informationen:
Climate Action Tracker: Schätzung der prognostizierten globalen Erwärmung bis 2100
Spiegel Online - Wissenschaft: "Klimagipfel in Doha: Was von der UNO-Konferenz zu erwarten ist," 26.11.2012
United Nations Environment Programme (UNEP): "The Emissions Gap Report 2012"
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK): Informationseite zur Klimakonferenz in Doha
Weltbank: Liste des CO2-Ausstoss pro Kopf
Zeit Online: Doha Klimakonferenz: "Gipfel der ganz kleinen Schritte," 26.11.2012
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