Alle Blicke richten sich auf die Arktis…

08 Feb 2013

In keiner anderen Region der Erde schreitet der Klimawandel schneller voran als in der Arktis. Im Sommer 2012 erreichte die arktische Eisfläche ein besorgniserregendes Rekordtief. Während das Eis schmilzt, wächst die Begierde von immer mehr Staaten nach strategischen Transportwegen, Rohstoffen und Fischbeständen.

In den vergangenen 30 Jahren ist die arktische Eisdecke um mehr als die Hälfte geschrumpft. Ökologisch gesehen ist das grosse Abtauen eine Katastrophe. Als Eiswüste reflektiert die Arktis einen großen Teil der Sonneneinstrahlung und hat so eine wichtige regulierende klimatische Funktion für den ganzen Planeten. Die massiven Temperaturerhöhungen in den letzten Jahren haben zur Folge, dass vermehrt dunklere Schmelzwasserflächen Wärme absorbieren und die Eisschmelze abermals beschleunigen. Weltweit steigen die Meeresspiegel, und der Salzgehalt der Ozeane nimmt durch zunehmende Süßwasserzuflüsse ab. Auch die Festlandgletscher schmelzen und auftauende Permafrostböden setzen außerdem Treibhausgase frei. Dies verändert die Strömungsverhältnisse und die Lebensbedingungen für die Organismen im Wasser.

In den vergangenen 30 Jahren ist die arktische Eisdecke um mehr als die Hälfte geschrumpft. Ökologisch gesehen ist das grosse Abtauen eine Katastrophe.

Doch wo die einen ein Umweltdesaster sehen, wittern andere grosse Geschäfte. Das Interesse am schmelzenden „ewigen Eis“ im Norden wächst stetig. Dies wurde auf der diesjährigen Konferenz "Arctic Frontiers" des arktischen Rats im norwegischen Tromsö deutlich. Der Rat ist ein zwischenstaatliches Forum, welches die Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen „Arktis-Staaten“, Kanada, USA, Russland, Norwegen und Dänemark (mit Grönland und den Färöer Inseln), sowie der indigenen Bevölkerung regeln soll. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, Spanien und die Niederlande sind als "ständige Beobachter" zugelassen. Anders als in der Antarktis, sind die geopolitischen Verhältnisse im hohen Norden aber damit nicht klar geregelt. Dies ist bedenklich, denn die Ansprüche aller Anrainerstaaten auf mehr Territorium in der Arktis wächst und die Spannungen verstärken sich. Neu interessieren sich bereits auch südlichere Staaten wie China, Japan, Südkorea und die EU für die Arktis und investieren zunehmend in Forschungsprojekte. Dies ist nicht weiter erstaunlich, denn neben wertvollen Mineralien werden etwa ein Viertel der weltweit noch unentdeckten Öl- und Gasreserven in der Arktis vermutet. Neue Schifffahrtsrouten über den hohen Norden können darüber hinaus auch die Reisezeiten zwischen den Handelszentren der Welt wesentlich verkürzen. Zusätzlich lockt die Fischerei, denn im hohen Norden verbessern sich durch die Eisschmelze die Bedingungen für wirtschaftlich interessante Fischarten wie Makrele, Kabeljau und Hering stetig. Immerhin kamen die Staatsvertreter in Tromsö zum Schluss, den friedlichen Dialog um die Arktis zu fördern und die militärische Einmischung zu unterlassen.

Wenn ein Blow-out, also ein unkontrollierter Austritt von Öl aus dem Meeresboden, kurz vor Ende des Sommers passiert, kann man keine Ölbekämpfungsmaßnahmen durchführen.

Greenpeace-Experte Jörg Feddern

Während die Staaten die Arktis wie Kuchenstücke unter sich aufteilen wollen, sind Umweltorganisationen über die ökologischen Auswirkungen der zunehmenden menschlichen Aktivitäten in einem der unberührtesten Gebiete der Erde besorgt. Besonders die geplanten Ölförderprojekte stossen auf grossen Widerstand. Das Beispiel der "Kulluk", eine Bohrinsel der Firma Shell, die Ende 2012 vor Alaska auf Grund lief, zeigt, dass auch die modernsten Fördertechniken den rauen Witterungsbedingungen der arktischen See nicht gewachsen sind. Einem allfälligen Öl-Unfall wären wir möglicherweise machtlos ausgeliefert. Greenpeace-Experte Jörg Feddern betont: „Wenn ein Blow-out, also ein unkontrollierter Austritt von Öl aus dem Meeresboden, kurz vor Ende des Sommers passiert, kann man keine Ölbekämpfungsmaßnahmen durchführen.“ Dies hätte verheerende Folgen. Durch zunehmende Schifffahrten und Aktivitäten steigen zudem die Umweltbelastungen im Allgemeinen und die Störung von Wildtieren in heute weitgehend unberührten Regionen. Auch die Fischerei birgt Risiken: Fälle von Überfischung und Ausrottung sind zu befürchten. Dies besonders, weil die Risiken einer unkontrollierten Ausbeutung der Arktis gross sind. Denn es gibt weder einen Vertrag, noch offiziell geschützte Gebiete. Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse und Aktivitäten sind kaum geregelt. Dies führt nicht nur zu politischen Spannungen, sondern gefährdet auch die Umwelt oberhalb des Polarkreises zusätzlich. Zu Recht forderten Umweltschützer auch an der diesjährigen Konferenz in Tromsö, dass bessere Regelungen ausgearbeitet werden müssen.

Interessante Links:
Streit um arktische Ressourcen.
Arctic Frontiers Konferenz 20.-25. Januar 2013.
Buchtipp: Christoph Seidler: "Arktisches Monopoly. Der Kampf um die Rohstoffe der Polarregion." Deutsche Verlags-Anstalt, 2009. 

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