Pro Jahr werden weltweit rund 80 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt. Ein grosser Teil davon wird zu billigsten Preisen und unter miserablen Arbeitsbedingungen für die Angestellten in asiatischen Textilfirmen z.B. in China oder Indien produziert. Die Kleider enthalten jede Menge Schadstoffe, wie chemische Weichmacher oder hormonell wirksame Stoffe. Bei der Produktion geraten die chemischen Umweltgifte sowohl in die Luft wie in das Abwasser und verunreinigen die umliegenden Gewässer ungehindert. Gleichzeitig können die chemischen Rückstände in den Kleidern für den Käufer gesundheitsschädigende Wirkungen haben. Zudem gelangen die Chemikalien bei der Entsorgung auch bei uns in die Natur. „Von der Produktion bis zur Entsorgung schaden gefährliche Textilchemikalien Umwelt und Gesundheit", betont Christiane Huxdorff von Greenpeace.
Die chinesische Stadt Xintang beispielsweise ist eine der wichtigsten Jeanslieferanten weltweit. Um eine einzige Jeanshose zu produzieren, werden hier um die 10‘000 Liter Wasser und mehr als ein halbes Kilo hochgiftige Chemikalien verwendet. Die Fliessgewässer rund um den Ort sind mittlerweile zu stinkenden, verseuchten Kloaken geworden, deren Gifte die Umwelt und das Trinkwasser von Millionen Menschen verunreinigen.
Das Beispiel von Xintang ist schockierend, doch in der Tat ist es für uns alle nichts Neues. Seit Jahren gibt es immer wieder Meldungen über die skandalöse Kleiderproduktion in Asien. Von Zeit zu Zeit steigt ein Skandal um ein vergiftetes T-Shirt oder um die Hungerlöhne in einer Textilfirma. Doch offenbar glätten sich die Wogen danach oft schnell wieder, die Medien haben neue und interessantere Dinge zu berichten und der eben noch empörte Konsument geht beim nächsten Ausverkauf wieder unbesorgt auf Schnäppchenjagd. Das Kaufverhalten ändert sich kaum.
Von der Produktion bis zur Entsorgung schaden gefährliche Textilchemikalien Umwelt und Gesundheit.
Christiane Huxdorff, Greenpeace
Mit der gross angelegten Kampagne „Detox“, die Greenpeace 2011 lancierte, will die Organisation diesen Kreislauf durchbrechen. Sie appelliert deshalb direkt an die grossen Hersteller und will diese dazu bewegen, die längst überfällige Entgiftung ihrer Kleider an die Hand zu nehmen. Zu diesem Zweck testete Greenpeace vorerst rund 140 Kleidungsstücke aus 29 Ländern auf Nonylphenolethoxylate (NPE), chemische Weichmacher, krebserregende Amine und weitere Schadstoffe. Dabei kam heraus, dass alle getesteten Produkte, darunter auch die Kleider marktführender Marken wie Zara oder H&M, chemisch belastet waren. Mittlerweile haben sich einige Hersteller dem Druck der Öffentlichkeit gestellt und sich dazu bereit erklärt, ihre gesamte Kollektion bis 2020 giftfrei zu produzieren und die entsprechenden Chemikalien durch umweltverträgliche Stoffe zu ersetzen. Darunter sind bisher Zara, Levi’s, Esprit, G-Star und dreizehn andere Firmen.
Hierzulande wurden unter anderem die Textilien der Grossverteiler Coop und Migros von Greenpeace unter die Lupe genommen – und auch hier wurden Schadstoffe gefunden. Während Coop sich sofort bereit erklärt hat, bis 2020 und teilweise schon davor, die Kollektion zu entgiften, zögerte Migros vorerst. Doch nun will auch der zweite Schweizer Grossverteiler, gemäss seiner aktuellen Werbekampagne bis 2017 „alle Textilien der Migros Eigenmarken ökologisch, sozialverträglich und rückverfolgbar“ produzieren, worüber sich Greenpeace freut. Die Organisation wünscht sich jedoch, dass die Grossverteiler noch weitergehen und eine Vorbildrolle in der Textil-Entgiftung einnehmen.
Trotz der Entgiftungsversprechen der Hersteller darf nicht vergessen werden, dass auch der Konsument in hohem Masse verantwortlich ist für die Kleider, die er trägt. Besonders das „Fast Shopping“, also das Einkaufen von Mode, die jede Saison wieder wechselt sowie die Schnäppchenjagd im Ausverkauf fördern den Verkauf und damit auch den Absatz potenziell problematischer Kleidern. Umweltfreundliche Alternativen gibt es unter verschiedenen Ökosiegeln, z.B. dem umfassenden Global Organic Textile Standard, welche die Einhaltung von Umweltstandards in der Produktion garantieren.
Wie so oft, leistet man mit dem Überdenken der eigenen Gewohnheiten der Umwelt wohl auch hier den grössten Beitrag.
Weiterführende Links
Bionetz.ch: Wissenswertes zu textilen Siegeln Teil I / Teil II / Teil III / Teil IV.
Greenpeace Kampagne „Detox“.
Mode-Ratgeber für ökologische und/oder fair produzierte Bekleidung.
Migros und Detox, Greenpeace-Beitrag vom 04.03.2013.
Luxusmarken Gift-Ranking.
Europäisches Schnellwarnsystem RAPEX für zurückgerufene Produkte (En) .
3-sat Videobeitrag zu „Detox“.
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