Olivenöl erobert die Welt – Teil 2: Wie erkennt man gutes Olivenöl?

28 Jun 2013

Aufgrund seiner gesundheitlichen Vorzüge und seiner Schmackhaftigkeit ist das „flüssige Gold“ weltweit immer beliebter. Doch die Qualitätsunterschiede der Olivenöle sind enorm. Ein grosser Teil der unzähligen Produkte auf dem Markt ist minderwertig und/oder gepanscht. Wie erkennt man ein wirklich gutes Produkt?

Die EU-Verordnung Nr. 865/2004 teilt Olivenöl in neun verschiedene Güteklassen ein, wovon drei im Schweizer Einzelhandel als Speiseöl angeboten werden. „Natives Olivenöl extra“, auch „Olivenöl extra virgine“ genannt, ist Öl erster Güteklasse und zeichnet sich insbesondere durch mechanische statt chemische Herstellungsverfahren und Kaltpressung sowie geringe Säurewerte aus (maximal 0.8 g pro 100g). Für „Natives Olivenöl“ („virgin“) gelten grundsätzlich die gleichen Vorschriften, der maximale Säuregehalt liegt hier aber bei 2g pro 100g. Der Gehalt an freien Fettsäuren steigt, je schlechter die Oliven in der Verarbeitung behandelt werden: Je höher die Säurezahl, desto schlechter ist die Qualität des Öles.
Die Bezeichnung „Olivenöl“ bedeutet, dass eine Mischung aus nativen und raffinierten Ölen vorliegt. Der Anteil an raffiniertem Öl kann dabei beliebig hoch sein. Raffiniertes Öl wird im Gegensatz zu kaltgepresstem mittels einer Reihe chemischer Prozesse hergestellt. Um die höchstmögliche Menge Öl aus den Oliven zu gewinnen, wird den Oliven vor dem Pressen in der Regel das stark toxische Lösungsmittel Hexan beigegeben (siehe Extraktion) und anschliessend wieder entzogen, wobei Rückstände im Öl nicht auszuschliessen sind...
Die genannten Vorgänge ermöglichen ein Maximum an Ölausbeute, die Qualität des Endproduktes ist jedoch minderwertig, weil fast alle wertvollen Inhaltsstoffe und natürlichen Aromen des Öls bei der Herstellung verloren gehen. Nach gesundheitlichen und geschmacklichen Kriterien ist deshalb von als „Olivenöl“ deklarierten Produkten abzuraten.

Doch auch bei Nativem Olivenöl der ersten und zweiten Güteklasse können Qualitätsmängel auftreten. Aus gesundheitlichen Gründen sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, kaltgepresste Öle beim Braten oder Kochen nicht zu stark zu erhitzen. Der Begriff „kaltgepresst“ bedeutet ausserdem nur, dass beim Pressvorgang keine Hitze von aussen zugeführt wird. Dennoch können bei dem Verfahren Temperaturen von ca. 40 bis 70°C entstehen; qualitativ hochwertiges Öl kommt dagegen mit weniger als 30°C aus. Aus diesem und weiteren Gründen gibt es auch unter den Nativen Ölen Qualitätsunterschiede. Verschiedene Warentests der letzten Jahre ergaben, dass als „Extra Virgin“ deklarierte Produkte oft beträchtliche Qualitätsmängel aufweisen – auch im höheren Preissegment. Da sich gutes Öl grundsätzlich nicht billig produzieren lässt, sollte es dennoch mindestens zwanzig Franken pro Liter kosten. Billiges Öl sei nicht nur qualitativ „immer schlecht“, sondern verursache auch soziale Missstände, betont Olivenölproduzent Andreas März. „Wo diese Billigöle herkommen, werden sie unter den Herstellungskosten verkauft. Die jüngere Generation sieht keine Chance mehr, mit Olivenöl etwas zu verdienen, und wandert ab. Wer Billigöl kauft, sät Elend.“

Gemäss dem Olivenkenner sagt auch eine Bio-Zertifizierung grundsätzlich nichts über die Sortenreinheit und/ oder geschmackliche Qualität des Olivenöls aus. Biologisch produzierte „Extra Virgin“-Öle garantieren jedoch einen schonenden, ökologischen Anbau und damit den Verzicht auf giftige Pestizide und Düngemittel, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt haben können (siehe Olivenöl erobert die Welt – Teil 1: Folgen für die Umwelt)!

"Wo diese Billigöle herkommen, werden sie unter den Herstellungskosten verkauft. Die jüngere Generation sieht keine Chance mehr, mit Olivenöl etwas zu verdienen, und wandert ab. Wer Billigöl kauft, sät Elend. "
Andreas März


Olivenöle aus geschützten geografischen Anbaugebieten werden mit einem Siegel und dem Kürzel g.g.a. zertifiziert, was für deren Sortenreinheit spricht. Grundsätzlich gilt: Umso ausführlicher die Informationen auf der Etikette, umso besser ist die Nachverfolgbarkeit und damit in der Regel auch die Qualität des Produktes. Wenn das Herkunftsland bzw. die Herkunftsregion auf der Etikette nicht oder nur sehr schwer ersichtlich ist, deutet dies darauf hin, dass Öle aus verschiedenen Ländern gemischt wurden. Beispielsweise in Italien werden dem heimischen Öl oft billige Produkte aus Spanien oder Griechenland beigemischt. Die italienische Zeitung »La Repubblica« stellte kürzlich fest, dass rund vier Fünftel des aus Italien exportierten Olivenöls der Qualität „nativ extra“ mit minderwertigen Ölen gepanscht sei...
Die gefälschte Ware könne fast ausschliesslich durch den Geschmack entlarvt werden, betont der Experte Andreas März. Die ohnehin seltenen chemischen Analysen und Kontrollen der EU seien veraltet und meist unzureichend. Durch chemische Tricks können sie von Fälschern umgangen werden. „Olivenöl ist nördlich der Alpen ein exotisches Produkt. Man muss lernen, wie es schmeckt. Gutes Olivenöl ist bitter und scharf, so wie die frischen Oliven, aus denen es gemacht wird. Es gibt Noten von frischem Gras, von Artischocken, Karotten, Kräutern. Für Qualität beim Olivenöl steht alles, was pflanzlich und frisch schmeckt.“

Weitere Informationen:
Merum – Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Oelea.de – Wissenswertes rund ums Thema Olivenöl
Informationsgemeinschaft Olivenöl (IGO) – Pflege und Förderung des Wertes von Nativen Olivenölen
Pressung und Extraktion – So wird aus Oliven Öl


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