Vom 15.-30. Juni dieses Jahres fand in Brasilien der Confederations Cup statt. Dieses Turnier wird jeweils ein Jahr vor den Fussballweltmeisterschaften im Gastgeberland der nächsten Spiele als Vorbereitungs- und Testturnier durchgeführt. Begleitet wurde der Confed Cup in Brasilien dieses Jahr von grossen Protestzügen rund um die Stadien. Demonstranten nutzten die Gunst der Stunde der globalen medialen Aufmerksamkeit, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Auslöser der Proteste war eine Erhöhung der Ticketpreise im öffentlichen Verkehr von 3,00 auf 3,20 Real (ca. 8 Rp.). Doch der Missmut der Bevölkerung geht weit über diesen Anlass, der auf Druck der Demonstranten einige Tage später widerrufen wurde, hinaus. Die Leute in Brasilien sind mit der Gesamtsituation unzufrieden. Sie kämpfen gegen Korruption, gewalttätige Polizei, unzureichende medizinische Versorgung, zu tiefe Löhne und zu wenig Geld für die Bildung.
In dieser Zeit des kollektiven Missmuts kommt nun der Weltfussballverband mit ihren FIFA-Standards für Stadien, ihren auf Hochglanz polierten Konvois von Edelkarossen, den schicken Anzügen und dem für viele etwas dekadent anmutenden Lebensstil ihrer Exekutivmitglieder und fordern wie immer den reibungslosen Ablauf des Turniers,…aber sie wollen von all den Problemen nichts wissen.
So fordert FIFA-Präsident Joseph Blatter denn auch von der brasilianischen Regierung, die Unruhen bis zum Start der WM im nächsten Juni in den Griff zu bekommen. Somit ist das Problem für die FIFA gelöst, denn es ist nicht ihr Problem. Es ist nicht verwunderlich, dass die FIFA solche Proteste im Vorfeld einer Weltmeisterschaft nicht gerne sieht, stellt dieses Turnier doch mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle der Institution dar, welche sich notabene „nicht gewinnorientiert“ gibt. Laut dem Finanzbericht der FIFA spielte die Fussballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika rund 2,3 Mrd. USD Gewinn in die Kassen – ein lukratives Geschäft, das man sich durch Unruhen im Gastgeberland nicht verderben lassen will.Brasilien hat sich um diese WM beworben. Wir haben die WM nicht Brasilien aufgezwungen (Joseph S. Blatter, Handelsblatt vom 19. Juni 2013)
Es sind die Forderungen an das Gastgeberland und das Auftreten der FIFA, gepaart mit den immensen geplanten Ausgaben für die WM im nächsten Jahr und die Olympiade 2016, mit dem die Organisatoren den Zorn der brasilianischen Bevölkerung auf sich ziehen. Mit geplanten Investitionen über 10 Mrd. SFr. wird die WM 2014 die bislang teuerste aller Zeiten. Das Geld wird dabei in den Neubau von fünf Stadien, den Ausbau von sieben bestehenden Stadien, sowie in die Flughäfen und Transportwege gesteckt. Die Hoffnungen der Gastgeberländer sind dabei meist die gleichen; Wirtschaftswachstum, Tourismusförderung, Arbeitsplätze und ausländische Investitionen. Die Vergangenheit zeigt aber leider eine andere Sicht der Dinge. So hat beispielsweise Griechenland noch immer die Kosten für Olympia-Stadion, Flughafen und U-Bahn von den olympischen Spielen 2004 zu tragen und das Stadion in Peking der Spiele 2008 steht meist wie ein verlassenes Vogelnest in der Landschaft. Eine deutliche Sprache sprechen auch die Zahlen der letzten WM in Südafrika. „Die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010 war ein grosser Erfolg. Dies zeigt sich auch anhand der Finanzzahlen.“ (FIFA-Finanzbericht 2010). Während die FIFA einen satten Gewinn einstrich, geht Südafrika mit einem Verlust von rund 3 Mrd. Euro aus den Spielen heraus.
Ähnliche Szenarien sind auch in Brasilien denkbar, denn hier ist das Investitionsvolumen noch um einiges grösser. Ob die hunderttausenden von Fans der WM und Olympiade zu wiederkehrenden Touristen werden, ist in den meisten Fällen wohl fragwürdig. Die Nutzniesser solcher Anlässe sind die Sponsoren und die FIFA, welche ihre Gewinne nicht einmal im Gastgeberland versteuern müssen. Für dieses bleibt somit meist ein grosses Loch im Staatshaushalt übrig, welches die Bevölkerung auf ihren Schultern zu tragen hat.
Der Gigantismus, welche Fussballweltmeisterschaften und Olympische Spiele in jüngster Zeit zelebrieren, führt zu immer höheren Ausgaben und macht solche Spiele vermehrt zu einer Bürde als zu einer Chance. Es bleibt zu hoffen, dass die WM in Brasilien nicht zum Eigentor für die Brasilianer wird und die Regierung ihre Versprechen, mehr Geld in Bildungs- und Gesundheitswesen zu investieren, hält. So hätte der ganze mediale Rummel rund um die bevorstehenden Grossanlässe, wenigstens in dieser Hinsicht positive Auswirkungen für die Brasilianer gehabt.
Quellen:
FAZ
FIFA-Finanzbericht 2010
Berliner Zeitung
Spiegel.de
Solidar Suisse
Guardian
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