Wie die Eisbären sind auch die Robben in ihrem natürlichen Lebensraum bedroht. Zu dieser dramatischen Entwicklung fällt auch die alljährliche Abschlachtung tausender Robben ins Gewicht. Um diesem sinnlosen Treiben den wirtschaftlichen Boden zu entziehen, haben verschiedene Staaten Importverbote erlassen.
Schuld ist einmal mehr der Mensch. Durch die globale Erwärmung und das schmelzende Eis fehlen vermehrt feste Eisschollen, auf denen die Weibchen ihre Jungen gebären können. Die Jungen können in den ersten Wochen nicht schwimmen. Ist das Eis aufgrund der Wärme zu dünn, trägt es die schweren Muttertiere nicht mehr und die Jungen können durch das Eis brechen und ertrinken. Nach offiziellen Schätzungen der kanadischen Behörden starben in den vergangenen Jahren so bis zu 75 % der Jungtiere.
Die WTO hat die Beschwerde Kanadas und Norwegens zurückgewiesen und bestätigt, dass der EU-Bann aus moralischen Gründen gerechtfertigt sei. Zwei Ausnahmeregelungen des EU-Handelsverbots hat die WTO beanstandet: Zum einen die Erlaubnis, Robbenprodukte aus indigenen Jagden in der EU zu verkaufen. Zum anderen die Möglichkeit, Fischbestände durch das Töten von Robben zu schützen und die Kosten dafür durch den Verkauf von Robbenprodukten zu decken.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Robbenjagd ist vergleichsweise gering, die Entscheidung hat aber über die Robbenindustrie hinaus eine grosse Bedeutung. Gegner und Befürworter sprechen von einem „bahnbrechenden Urteil“. Kanada hat zwei Monate Zeit, Berufung einzulegen.
An der Atlantikküste vor Neufundland findet jeweils im Frühjahr die Jagd auf Sattelrobben statt. Bis zu 400‘000 Robben gibt Kanadas Regierung pro Jahr zur Jagd frei. Die Jäger bevorzugen Jungtiere kurz vor dem Fellwechsel. Die Robben werden erschossen oder mit „Hakapiks“ erschlagen. Die Schützen brauchen oft mehrere Schüsse um ein Tier zu töten. Gemäss Untersuchungen der Organisation International Fund for Animal Welfare (IFAW) werden mehr als 30 Prozent der Tiere nur betäubt - und somit lebend gehäutet.„Hier wurde der Tierschutz über bestimmte Handelsinteressen gestellt. Das ist eine historische Entscheidung, der viele folgen könnten.“
Dr. Ralf Sonntag, Direktor IFAW, Deutschland
Auf das Fleisch der Robben als Nahrungsquelle ist niemand angewiesen, auch die Preise für Robbenfelle sind mittlerweile stark gesunken. Während 2006 für ein Fell noch über 100 Kanadische Dollar erzielt wurden, waren es 2009 nur noch knapp 15 Dollar. Die Industrie ist auf Subventionen der kanadischen Regierung angewiesen. Nicht zuletzt durch das Importverbot der EU ist der Markt für Robben-Produkte zusammengebrochen. Im Jahr 2012 wurden 91‘000 Sattelrobben erlegt. Dies liegt deutlich unter der Quote von 400‘000. Durch die Entscheidung des EU-Parlaments im Frühjahr 2009 sind schätzungsweise eine Million Robben einem unnötigen und brutalen Tod entgangen.
Laut kanadischem Fischereiministerium ist der Bestand an Sattelrobben im Nordwest-Atlantik heute mit mehr als sieben Millionen Tieren dreimal höher als in den 1950-er Jahren. Dass zu grosse Robbenpopulationen die Fischbestände gefährden, ist sehr unwahrscheinlich. An den zurückgehenden Fischbestandszahlen tragen hingegen Überfischung und schlechtes Fischereimanagement die Hauptschuld.
Insgesamt 34 Länder verbieten inzwischen den Handel mit Robbenprodukten, davon 28 EU-Länder, Russland und die USA. In der Schweiz hat der Nationalrat bereits mit mehreren Motionen ein Importverbot für Robbenprodukte gefordert. Der Ständerat hat dies bisher abgelehnt; das Resultat der WTO-Anhörung solle erst abgewartet werden. Da nun die WTO den Tierschutz höher gewichtet hat als die Handelsinteressen, gibt es keinen Grund mehr, weshalb der Ständerat ein Handelsverbot nicht befürworten und dem Beispiel anderer Länder endlich folgen sollte.
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