Ratgeber: „Hahnenburger“ vs. Mineralwasser

30 Jan 2014

Die Schweiz gilt als Wasserschloss Europas; der Wasserreichtum ist sehr gross. Trinkwasser ist zudem das meistgeprüfte und am besten kontrollierte Lebensmittel im Land. Trotzdem werden pro Jahr fast 900 Mio. Liter Mineralwasser aus Flaschen konsumiert, mehr als ein Drittel davon stammt aus dem Ausland. 

 Der Wasservorrat in der Schweiz ist sehr gross. Vom jährlichen Niederschlag wird nur gerade zwei Prozent für die Trinkwasserversorgung genutzt. Ungefähr 40% des Schweizer Trinkwassers stammen aus Quellen, weitere 40% aus Grundwasserströmen und 20% aus Oberflächengewässern (vor allem Seen).

In einer Untersuchung der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AEfU) und von Pengwin Planet wurden in sieben von zehn Mineralwasserflaschen Verunreinigungen gefunden. Sie enthielten zum Teil hormonaktive, neurotoxische und bioakkumulierende Substanzen. Das Bundesamt für Gesundheit  (BAG) hatte bereits 2011 verschiedene Mineralwasser auf hormonaktive Substanzen untersuchen lassen. In allen Flaschen wurden östrogene Rückstände nachgewiesen. Dies stelle jedoch kein gesundheitliches Risiko für die Konsumenten dar, so das BAG. Natürliche Östrogene kommen in anderen Lebensmitteln wie Milchprodukten, Bier oder Wein, in viel höherer Konzentration vor.

„Schweizer Trinkwasser ist nicht nur frei von Fremdstoffen, sondern auch mit Abstand am billigsten und am umweltfreundlichsten von allen Proben“
 Martin Forter, Vereinigung Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU)

Eine Studie  der ESU-service zeigt auf, dass ungekühltes, stilles Mineralwasser die Umwelt bis zu 1‘000 Mal mehr belastet als Hahnenwasser. Sogar im Vergleich mit Mineralwasser aus der Region ist Trinkwasser rund 100 Mal umweltfreundlicher. Ein  Mineralwasser, das von weither transportiert wird, weist einen  1‘000 Mal höheren Energieaufwand auf. Für einen Liter, welcher aus dem Ausland in die Schweiz transportiert wird, werden 3,1 dl Erdöl verbraucht. Für einen Liter Trinkwasser aus der Leitung wird rund 1‘000 Mal weniger Energie verbraucht, nämlich nur 0,003 dl Erdöl.
Nicht nur der Energieverbrauch ist tiefer, sondern auch die Kosten sind geringer. Mineralwasser kostet in der Schweiz zwischen 20 und 90 Rappen pro Liter, ein Liter Trinkwasser durchschnittlich 0,2 Rappen, also rund 100 bis 500 Mal weniger. Eine vierköpfige Familie, die von Mineralwasser auf Trinkwasser umstellt, spart damit zwischen 440 und 2000 Franken pro Jahr. Zusätzlich vermeidet sie so jährlich den Transport von 1’400 Flaschen von insgesamt 2‘000 kg Gewicht vom Einkaufsladen nach Hause.

Die meisten Mineralwasser sind bezüglich des Gehalts an Mineralien ähnlich wie das Trinkwasser. Zudem ist das Trinkwasser im Schweizer Trinkwassernetz in Bezug auf Reinheit und Sicherheit von sehr hoher Qualität. In der Gastronomie werden nur 5% Leitungswasser und 95% Markenwasser getrunken. Ausgerechnet in der Schweiz, dem Wasserschloss Europas, wird mehr als ein Drittel (36%) des Mineralwasserverbrauchs auf dem Ausland importiert. Dies ist aus ökologischer Sicht äusserst bedenklich.
 
Trinkwasser ist ein wertvolles Naturprodukt. Rund 1,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Verschmutztes Trinkwasser ist weltweit Krankheitsursache Nummer eins; rund 80% der Todesfälle in den Entwicklungsländern hängen mit verschmutztem Wasser zusammen. Zunehmend soll die Wasserversorgung privatisiert, das „Blaue Gold“ zur Handelsware degradiert werden. Dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé gehören mehr als  70 Wassermarken, darunter Perrier, San Pellegrino und Vittel, in der Schweiz auch Henniez. Das Wasser gehört zum strategisch wichtigsten Zweig des Multis, mit einem Umsatz von mehr als 10 Milliarden Franken. Während der Konzern in den USA und in Europa vor allem Quellwasser mit Herkunftsbezeichnung verkauft, hat er für die Schwellen- und Entwicklungsländer ein anderes Konzept: Dort gibt es Nestlé Pure Life, gereinigtes Grundwasser, angereichert mit Mineralien. Es ist das meistverkaufte Flaschenwasser der Welt. Mit seinem Tiefbrunnen nimmt Nestlé jedoch der Bevölkerung beispielsweise in Pakistan, aber auch in anderen Ländern das Wasser weg und verkauft es ihnen dann in der Flasche zu einem hohen Preis. Für Maude Barlow, frühere Chefberaterin für Wasserfragen der UNO,ist die Sache klar: „Wenn ein Unternehmen wie Nestlé kommt und sagt, Pure Life ist die Antwort, wir verkaufen euch Wasser, das wir aus euren eigenen Grundwasservorkommen nehmen, während aus den Leitungen nichts rauskommt oder nur eine ungeniessbare Brühe, dann ist das mehr als unverantwortlich, das ist fast schon ein krimineller Akt.“

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