Ratgeber: Ananas, Pilze, Kakteen. Drei vegane Leder im Fokus

Kunstleder ist ausser Mode. Jetzt sind umweltschonende Alternativen gefragt Kunstleder ist ausser Mode. Jetzt sind umweltschonende Alternativen gefragt

Leder steht schon seit einiger Zeit in Verruf: Nicht nur aus der Sicht des Tierwohls, sondern auch, weil es die Umwelt und die menschliche Gesundheit belastet. Wenn Sie jedoch auf die Optik nicht verzichten möchten, kann veganes Leder eine Alternative sein.

Grundsätzlich gilt für veganes Leder, dass dieses ganz ohne tierische Materialien hergestellt wird. Stattdessen werden dafür Pflanzenfasern und synthetische Materialien verwendet, die in ihrer Optik sowie auch ihrer Verarbeitungsweise dem Leder gleichen. Wichtig ist zudem, dass für Produkte aus veganem Leder keine tierischen — das heisst aus Knochen gewonnene — Leime verwendet werden. Diese Pflanzen- und Kunstleder werden deshalb als besonders umweltschonend und tierschutzgerecht angepriesen.


Nicht alles, was vegan ist, ist auch umweltfreundlich

Wer als Kunde die Bezeichnung „veganes Leder“ liest, gewinnt sofort den Eindruck, das Material wäre nicht nur tier-, sondern auch umweltfreundlicher als sein traditionelles Vorbild. Das gilt leider nicht für Kunststoff. Herkömmliches synthetisches Kunstleder besteht aus einer textilen, gewobenen Grundfläche, die anschliessend mit Kunststoffen wie Polyvinylchlorid (PVC) oder Polyurethan (PU) überzogen wird. Um die Oberfläche aufzuweichen, kommen anschliessend meist Erdölchemikalien zum Einsatz. Das Endprodukt ist auf Grund seiner Bestandteile also nur schwer rezyklier- oder abbaubar und alles andere als umweltfreundlich. Eine nachhaltigere Alternative gibt es bereits auf dem Markt: Einige Modehersteller greifen bei ihrem Kunstleder schon zu rezyklierten Kunststoffen.


Ananasleder

Inzwischen gibt es aber auch zahlreiche Verfahren, mittels derer ein täuschend echtes Lederimitat ganz ohne fossile Kunststoffe geschaffen werden kann. Dafür setzt man die verschiedensten synthetischen und pflanzlichen Fasern ein.
Seit längerem bekannt ist das Ananasleder, auch Piñatex genannt. Dieses wird, wie der Name schon besagt, aus den Fasern von Ananasblättern gewonnen. Beim Anbau von Ananas werden jedes Jahr über 400 Tonnen Blätterabfall produziert. Zur Herstellung des PETA-zertifizierten Lederimitats wird genau dieser Abfall genutzt. Das so geschaffene Leder ist nicht nur besonders robust, sondern auch preisgünstig in der Herstellung. Einziger Nachteil: Piñatex ist biologisch nicht leicht abbaubar. Das Grundmaterial des Ananasleders besteht (laut Angaben des Herstellers) zu 80% aus Ananasblattfasern und zu 20% aus Polymilchsäure. Diese Polylactide (PLA) sind Kunststoffe auf pflanzlicher Basis, die aus Maisstärke gewonnen werden und nur unter kontrollierten Bedingungen in Kompostieranlagen biologisch abgebaut werden können.

 

Die Fasern der Ananasblätter werden vor der Weiterverarbeitung getrocknet. Piñatex, Wikimedia Commons

 

Pilzleder 

Vegane Lederimitate aus Pilzen erleben derzeit einen regelrechten Boom. Dabei kommen ganz verschiedene Pilzarten zum Zug, wie etwa der Zunderschwamm oder der Glänzende Lackporling, jap. Reishi. Bereits über zehn Pilzleder-Patente sind angemeldet und erste Produktionsanlagen stehen in den USA, Italien und Indonesien. Zur Herstellung von Pilzleder wird der unterirdisch wachsende Teil der Pilze genutzt, das sogenannte Myzel. Damit der Pilz keinen Fruchtkörper, also keinen Stil und Hut bildet, muss die Produktion des Wurzelgeflechts unter Ausschluss von Luft erfolgen. Damit dies gelingt, wächst das Myzel entweder in Fässern, die mit Flüssigkeiten wie dem landwirtschaftlichen Abfallprodukt Melasse gefüllt sind. Eine andere Methode: Der Pilz gedeiht auf Betten aus Sägemehl unter Begasung mit CO2. So wächst eine chitinhaltige Biomasse, die geerntet wird. Das Material wird anschliessend gepresst und getrocknet, dann werden die einzelnen Pilzfäden vernetzt. Es entsteht ein reissfestes, biologisch abbaubares, lederartiges Material, welches aufgrund seines leichten Gewebes gerade auch für Sommermode sehr attraktiv ist.


Kakteenleder

Zwei Entrepreneure aus Mexiko haben ein System entwickelt, mit welchem sie stachelige Kakteen in weiches Lederimitat verwandeln. Der Nopal-Kaktus, welcher für die Herstellung von Desserto-Leder verwendet wird, hat eine einzigartige Struktur, die Leder zum Verwechseln ähnlich sieht. Zudem ist die Verarbeitung als Lederimitat noch besonders nachhaltig, denn dabei kommt man ganz ohne Kunststoff aus. Auch der Kaktus selbst ist anspruchslos: Die Kakteen benötigen nur Regenwasser, sodass kein Bewässerungssystem nötig ist. Tatsächlich benötigen Nopal-Kakteen nur etwa 200 Liter Wasser, um ein Kilogramm Trockenmaterial zu produzieren. Bedenkt man, dass für die Produktion eines Paars Lederschuhe im Durchschnitt über 7’500 Liter Wasser benötigt werden, macht das einen gewaltigen Unterschied. Um einen Meter dieses Kakteenleders herzustellen, werden lediglich drei Kakteenblätter verwertet. Da das Kakteenleder sehr strapazierfähig ist, eignet es sich hervorragend zur Herstellung von Modeaccessoires, Kleidungsstücken und auch Polstermöbeln.

 

Nopal-Kakteen wachsen auch in den trockensten Landstrichen von Mexiko. George Pagan III, Unsplash

 

Quellen und weitere Informationen:
Ananas Anam: FAQ
Jones et al. (2021): Leather-like material biofabrication using fungi
Desserto: Why cactus?
Green Eco Services: How much water does it take?

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