Als der schottische Bakteriologe Alexander Fleming im Jahre 1945 den Nobelpreis für die Entdeckung des Antibiotikums „Penicillin“ erhielt, glaubte man ein hochwirksames Mittel gegen verschiedene Formen bakterieller Infektionen gefunden zu haben. Wenngleich der medizinische Nutzen von Penicillin und den seither entwickelten Antibiotika bis heute unbestritten ist, hat doch deren gewohnheitsmässiger Gebrauch unerwünschte Folgen. So stehen wir heute vor dem Problem einer zunehmenden Antibiotikaresistenz der Bevölkerung. Diese ist auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen; der Hauptgrund liegt sicher im übermässigen Einsatz antibiotisch wirksamer Substanzen.
Währendem in der Schweizer Humanmedizin in der Regel streng darauf geachtet wird, dass Antibiotika nur eingesetzt werden, wenn ihre Anwendung medizinisch indiziert ist, muss ein vergleichsweise leichtfertiger Einsatz derselben in vielen Tiermastbetrieben verzeichnet werden. Insbesondere durch die Auftrennung von Zucht- und Mastbetrieben, die dazu führt, dass Jungtiere unterschiedlicher Herkunft aufeinandertreffen, werden Antibiotika vor allem auch prophylaktisch verabreicht. Während sich die Situation in der Schweiz einigermassen überblicken lässt, ist dies für ausländische Betriebe praktisch ausgeschlossen. Fallweise werden zwar unhaltbare Zustände von Massentierhaltungen bekannt, doch bestehen dagegen offenbar keine Interventionsmöglichkeiten.
In jüngster Zeit sind vor allem im Zusammenhang mit den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen der Schweiz mit China auch diesbezüglich ernsthafte Bedenken aufgetaucht. Es ist offensichtlich, dass vielerorts – auch in EU-Ländern – unter miserablen Bedingungen fernab von jeder Tierwürde produziert wird. In vielen Ländern sind die Haltungs- und Produktionsvorschriften lockerer als in der Schweiz. Zum Vergleich: In EU-Ländern dürfen mittlerweile 23 Hühner pro Quadratmeter gehalten werden, in der Schweiz sind „nur“ 17 Hühner erlaubt.
Wo Masthühner unter höchst problematischen Bedingungen auf engstem Raum zusammengepfercht und mit Billigmastfutter vollgestopft werden, ist auch der Einsatz prophylaktischer Antibiotika verbreitet. Mit Hilfe der Medikamente wirken die Produzenten dem erhöhten Krankheitsrisiko der Tiere entgegen, das aufgrund der lebenswidrigen Umstände in den Anlagen besteht. Statt die Lebensbedingungen der Hühner und damit letztlich auch die Qualität des Pouletfleisches zu erhöhen, wird Wirtschaftlichkeit und Profit bevorzugt. Das hat Folgen für den Konsumenten. In Deutschland haben Tierschützer kürzlich antibiotikaresistente Keime in jedem zweiten Supermarkthühnchen gefunden. Im März 2012 wurde eine vom Kassensturz durchgeführte Stichprobe bekannt, die ergeben hat, dass neun von zwanzig Geflügelprodukten aus dem Schweizer Detailhandel kontaminiert sind.
Der Import von Geflügel aus bei uns verbotener Haltung ist nicht nur tierrechtlich ein Missstand, sondern auch gesundheitspolitisch höchst fragwürdig. Durch den Verzehr kontaminierter Produkte können Keime aufgenommen und eine Resistenz gegen entsprechende Antibiotika entwickelt werden, die dann nicht mehr wirken, wenn wir sie bräuchten. Die Forderungen des Schweizer Tierschutz STS, vermehrt auf inländisches Poulet zu setzen und tierschutzkonforme Importe zu tätigen, sind deshalb plausibel.
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