Der Anteil an weggeworfenen Lebensmitteln könnte mit einem kontrollierteren Konsum, bewusstem einkaufen, der Wiederverwendung von Speiseresten und der Bevorzugung von einheimischen und saisonalen Produkten drastisch verkleinert werden. Der Verschwendungssucht unserer Gesellschaft muss deshalb entgegengewirkt werden.
Unter dem Slogan „Essen - verteilen statt wegwerfen“ engagieren sich die Organisationen „Schweizer Tafel“ und „Tischlein deck dich“. Täglich werden mit Kühlfahrzeugen bei Produzenten, Grossverteilern und Detaillisten tonnenweise Lebensmittel eingesammelt und darauf gratis an soziale Institutionen verteilt. Diese Lebensmittel sind einwandfrei, da lediglich das Verkaufsdatum, nicht aber das Verpackungsdatum abgelaufen ist.
50% aller in der EU gefangenen Fische werden nicht verzehrt, zudem verursachen verschwendete Lebensmittel 10 % der Treibhausgase.
Tristram Stuart
Auf das Ablaufdatum ist kein Verlass, viele Lebensmittel sind auch bei Ablauf der Verbrauchsfrist bedenkenlos geniessbar. Jeder Hersteller legt die Haltbarkeit seiner Waren selber fest. Zudem legen Grossverteiler die Mindesthaltbarkeit ihrer Produkte ganz unterschiedlich fest. Das Datum auf den Verpackungen ist nichts anderes als ein Richtwert. Auch bei Produkten, die praktisch unbeschränkt haltbar sind, wird fälschlicherweise ein Ablaufdatum vorgegeben.
Wir müssen uns von den nicht selten fragwürdigen Vorgaben über Grösse, Form und Farbe lösen und realisieren, dass beispielsweise eine Tomate, die nicht dem programmierten Rot eines Scanners entspricht, trotzdem geniessbar ist. Wieso soll eine Kartoffel, die für den Supermarkt zu gross ist, nicht geniessbar sein? Es ist ein Unding, um nicht zu sagen verantwortungslos, dass oft Lebensmittel, die nicht der Norm entsprechen, im Müll und der Kehrichtverbrennung landen, als Tierfutter verwendet werden oder in der Vergärungsanlage zu Biogas umgewandelt werden. Gleichzeitig ist es absurd, dass in der EU 50 % aller gefangenen Fische nicht verzehrt werden. Verschwendete Lebensmittel verursachen 10 % der Treibhausgase.
Auf die eklatanten Missstände in unserem Konsumverhalten machen die Freeganer aufmerksam. Sie sind politisch motiviert und haben als Zielsetzung, den eigenen Lebensunterhalt möglichst unabhängig von Konsum zu bestreiten und leben auf Kosten der unsäglichen Wegwerfmentalität. Sie sind umweltengagierte Menschen, die einwandfreie Lebensmittel aus Abfalltonnen der Supermärkte klauben – nicht weil sie sich den Einkauf nicht leisten könnten, sondern um gegen die Verschwendung zu protestieren. Sie kommen nach Ladenschluss, kaufen nichts und gehen doch mit vollen Taschen weg.
Auch in der Schweiz existiert Armut, das heisst Unterversorgung in wichtigen Lebensbereichen. Dazu gehört auch die Ernährung. Viele Menschen erreichen nicht den minimalen Lebensstandard, der bei uns als akzeptabel gilt. Ähnlich den Freeganern „verwerten“ in der Not Mülltaucher, bzw. Containerfischer weggeworfene Nahrungsmittel, obwohl ihnen bewusst ist, dass sie am Rande der Legalität handeln.
Ein Lichtblick ist es, dass Grossverteiler die Zeichen der Zeit erkannt haben und Abfälle vermeiden bzw. Stoffkreisläufe schliessen wollen. Lebensmittel sollen nicht unsinnig vernichtet werden.
Bei näherer und kritischer Betrachtung zeigen sich viele Konsumenten darüber entsetzt, wie verwerflich heute mit Nahrungsmitteln umgegangen wird, während in andern Teilen der Welt Menschen verhungern. Dabei kann jeder Einzelne mit kritischem und bewusstem Konsumverhalten der unhaltbaren Verschwendung entgegenwirken.
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