Italienische Tomaten aus China

11 Feb 2013
Jährlich werden tonnenweise Tomaten von China nach Italien geliefert und dort zu Pelati und Tomatenpüree verarbeitet. Jährlich werden tonnenweise Tomaten von China nach Italien geliefert und dort zu Pelati und Tomatenpüree verarbeitet.

Der Exportweltmeister China liefert nicht nur billige Kleider und Schuhe ins Ausland, sondern auch immer mehr Lebensmittel. Ein beträchtlicher Teil davon gelangt auf die Teller unwissender Konsumenten aus ganz Europa. Dies ist ökologisch und gesundheitlich bedenklich.

Das frische Obst und Gemüse in den Regalen unserer Supermärkte kommt zwar oft von weit her – China ist aber (noch?) nicht unter den typischen Lieferanten. Bei verarbeiteten, abgepackten Lebensmitteln wie z.B. Tomatenpüree, Fruchtjoghurt oder Apfelsaft sieht es hingegen schon ganz anders aus. Dort ist die Herkunft aller Bestandteile oft gar nicht oder unzureichend deklariert. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass die Inhalte, besonders das Gemüse und die Früchte, immer öfter aus China stammen.  „Wenn der Satz „Du bist, was du isst“ stimmt, dann sind wir alle längst Chinesen“, betont Christof Süss, Moderator der Sendung „quer“. Insgesamt nimmt der Wert von aus China exportierten Lebensmitteln weltweit rasant zu: von 2005 bis 2010 hat er sich mit rund 41 Milliarden Dollar fast verdoppelt. Dies entspricht einem Marktanteil von mehr als 10 Prozent.

So werden z.B. jährlich tonnenweise Tomaten von China nach Italien geliefert und dort zu Pelati und Tomatenpüree verarbeitet. Davon ist der grösste Teil für den Export innerhalb Europas bestimmt. Die unwissenden Konsumenten kaufen die Ware als vermeintlich „italienische“ Qualitätsprodukte; die chinesische Herkunft wird meist nicht deklariert. Ein gutes Geschäft für die Händler, denn die chinesischen Tomaten sind konkurrenzlos günstig. Im April 2012 wurde nun aber erstmals ein italienischer Konservenproduzent wegen falschen Herkunftsangaben verurteilt.

Wenn der Satz „Du bist, was du isst“ stimmt, dann sind wir alle längst Chinesen. Christof Süss, Moderator der Sendung „quer“.

Dennoch: Dieser Fall von Etikettenschwindel ist bei weitem nicht der einzige. Schätzungen des italienischen Tomatenexperten Marcello Bensi zufolge kommen 95 Prozent der günstigen italienischen Dosentomaten aus China. Bei kalt gepresstem Olivenöl und Balsamico-Essig wird ebenfalls getrickts in den Herkunftsangaben. Zugleich hat die chinesische Obstproduktion stark zugelegt. Laut Handelsministerium trug China 2010 mit 4,8 Millionen Tonnen fast ein Viertel zur weltweiten Apfelernte bei. Der Grossteil der Früchte wird zu Konzentrat verarbeitet und exportiert. In Europa wird bereits zu rund 80 Prozent mit chinesischem Konzentrat gearbeitet.

Die chinesische Herkunft von Lebensmitteln ist oft nur schwer nachzuvollziehen und die Dunkelziffern dürften entsprechend hoch sein. In der Schweiz ist der offene Import von chinesischen Produkten zwar teilweise eingeschränkt. Mit einem allfälligen Freihandelsabkommen sollen nun aber neue Möglichkeiten geschaffen werden (Vgl. Beitrag SRF). Der Import von Agrarprodukte und insbesondere von Fleisch dürfte beim Inkrafttreten des Abkommens stark ansteigen.

Die Importe aus China bedrohen die europäischen Produzenten, die mit den billigen Preisen nicht mithalten können, und sind aufgrund der langen Transporte auch ökologisch wenig sinnvoll. Insbesondere aber bergen sie grosse gesundheitliche Risiken. Der Einsatz von hochgiftigen, in Europa verbotenen Pestiziden sowie Hygiene- und Sicherheitsmängel sind in der Produktion weit verbreitet. Dies zeigen zahlreiche Skandale um verunreinigte, teilweise gar vergiftete, Lebensmittel. So erkrankten vor einigen Jahren mehrere hunderttausend chinesische Kleinkinder an verunreinigtem Laktosepulver (Vgl. Focus). Erst kürzlich sorgten chinesische Erdbeeren in Deutschland bei den Konsumenten für Brechdurchfall (Vgl. Handelsblatt).

Ausgelöst durch den verstärken Handel mit Europa zeigt sich die chinesische Regierung zwar um Verbesserungen bemüht und hat bereits strengere Produktionsrichtlinien erhoben. Jedoch fehlen vielerorts eine konsequente Umsetzung und regelmässige Kontrollen.

Die Chinesen selbst trauen offenbar dem eigenen Essen nicht mehr, und greifen im Supermarkt zunehmend zu europäischen Qualitätsprodukten. Ironischerweise hat z.B. Deutschland in den letzten Jahren nicht nur vermehrt chinesische Lebensmittel importiert, sondern auch selbst zunehmend Nahrung nach China exportiert.

Weitere Informationen:
Freihandelsabkommen Schweiz China: Beitrag SRF.

 

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