Bäume spielen in der Schweizer Agrarlandschaft traditionell eine wichtige Rolle. Sie dienen der Holz- und Fruchtproduktion und erbringen Umweltleistungen für die Artenvielfalt sowie beim Boden- und Gewässerschutz. Traditionelle Obstgärten sind ein gutes Beispiel für diese multifunktionale Landnutzung: Hier gehen Obstbäume mit der Weidegrasnutzung Hand in Hand. Auch die Wytweiden im Jura, Kastanienselven im Tessin und der Feldobstbau gehören zu den traditionellen Agroforstsystemen. Seit den 1950er-Jahren nimmt die Zahl der Hochstamm-Obstbäume in der Schweiz jedoch dramatisch ab. Heute gibt es rund 80% weniger Hochstämmer als Mitte des letzten Jahrhunderts. Dies hat tiefgreifende Auswirkungen nicht nur auf das Landschaftsbild, sondern auch auf die Artenvielfalt in den jeweiligen Regionen.
Positive Wechselwirkungen ermöglichen
Vom traditionellen hebt sich der moderne Agroforst jedoch etwas ab. Bei diesem werden Bäume in Reihen zusammen mit Gemüse, Obst oder Getreide gepflanzt. Auch die Tierhaltung ist möglich. Die Bäume werden dabei entsprechend der Produktionstechnik gewählt, so dass die landwirtschaftliche Nutzung möglichst wenig durch die Bäume beeinträchtigt wird. Dadurch entstehen Wechselwirkungen zwischen den beiden Nutzungskomponenten. Man unterscheidet grob die drei verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten: Bäume mit Ackerkulturen (Silvoarable Systeme), Bäume mit Tierhaltung (Silvopastorale Systeme) und Bäume mit Ackerkulturen und Tierhaltung (Agrosilvopastorale Systeme).
Mehr Erträge dank des harmonischen Miteinander
Die Bäume und Sträucher liefern Früchte, Holz sowie Futter oder Unterschlupf für Nutztiere. Sie fördern die Biodiversität und bieten Nützlingen wie Vögeln oder Insekten Lebensraum. Mit ihren Wurzeln schützen sie den Boden vor Erosion und können je nach Standort dank des Mikroklimas gar das Wachstum von Ackerkulturen positiv beeinflussen. So bremsen Bäume den Wind und damit die Austrocknung des Ackerbodens, was gerade in Zeiten des Klimawandels ein Vorteil ist. Bäume beteiligen sich auch am Nährstoffkreislauf und wirken so Nährstoffverlusten entgegen. Dadurch werden weniger Düngermittel gebraucht als bei reinem Ackerbau. Zuletzt wird der Gesamtertrag auf gleichbleibender Fläche erhöht, denn die Bäume liefern Früchte und Holz, welches die Landwirtinnen und Landwirte verkaufen können.
Klimaschutz dank Agroforst
In langjährigen Agroforst-Versuchsanlagen wurden 30% mehr Erträge als bei getrennten Wald- und Ackerflächen erzielt. Im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsprojektes «Safe» kam es bei vergleichbaren Versuchen in Italien und Frankreich zu ähnlichen Ergebnissen.
Würden Agroforstsysteme in nur 8,9% der Landwirtschaftsflächen Europas etabliert, könnten bis zu 43,4% der heutigen Treibhausgasemissionen kompensiert werden.
Die Schweiz könnte bis zu 13% ihrer Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft reduzieren, würden 13,3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche zu Agroforstsystemen umgewandelt.
Auf die Balance kommt es an
Allerdings ist das Agroforstsystem nur dann produktiver als die Monokultur, wenn die Kulturpflanzen Wasser, Licht und Nährstoffe räumlich und zeitlich unterschiedlich nutzen. Der Wettkampf mit den Ackerpflanzen zwingt den Baum auf natürliche Weise, tiefer zu wurzeln, denn die Wasser- und Nährstoffvorräte im Oberboden werden durch die Ackerkulturen bereits vor dem Blattaustrieb der Bäume verbraucht. Die Baumwurzeln bilden so unterhalb der Wurzeln der Ackerfrüchte eine Art Auffangnetz für Ressourcen. Durch diese Art der Landwirtschaft auf mehreren Etagen werden Wasser, Licht und Nährstoffe viel effizienter genutzt.
Quellen und weitere Informationen:
Agroforst Schweiz
Agroscope: Agroforstwirtschaft als neue Landnutzungsform
Kay, S. et al. (2019): Agroforestry creates carbon sinks whilst enhancing the environment in agricultural landscapes in Europe
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