Kühe leben bestens von Gras und Heu. Ihr Verdauungssystem mit mehreren Mägen ist auf die Grasverdauung angepasst. Laut Swissmilk frisst eine durchschnittliche Kuh im Sommer täglich rund 100 Kilo Gras. Doch die Milch- und Fleischleistung der Tiere lässt sich erhöhen, wenn man sie mit Kraftfutter ernährt. Die Schweiz importiert rund 300'000 Tonnen Soja pro Jahr – grösstenteils aus Brasilien. Ungefähr 40% der Importmenge wird für die Rindviehhaltung und die Milchproduktion eingesetzt.
Der Sojaimport ist ein Problem, weil dem Anbau immer grössere Flächen tropischen Regenwalds zum Opfer fallen. Auch die artenreichen brasilianischen Savannenlandschaften, die Cerrados, werden zusehends von Sojafeldern verdrängt. Der Regenwald ist nicht nur eines der artenreichsten Gebiete der Erde, sondern gleichzeitig auch ein extrem wichtiger Speicher von Wasser und CO2 (vgl. Ratgeber Fleisch vs. Soja vom 20.3.14)
Dass immense Regenwaldflächen zugrunde gehen, damit wir (und andere Industrienationen) unsere Kühe füttern können, scheint absurd: Rund 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Schweiz – und weltweit – besteht aus Grasland. 1950 lebten auf unserem Planeten knapp 3 Milliarden Menschen. 2050 werden es gegen 9 Milliarden sein. Ackerland wird knapp und die Erträge der Ackerkulturen steigen nicht mehr entscheidend an. «Will man mit den begrenzten Ressourcen dieser Erde genügend Nahrungsmittel produzieren, muss man dieses Grasland nutzen», so Urs Weingartner, zuständig für Labelfleisch bei Coop.
„Rinder sind geniale Futterverwerter. Werden sie artgerecht mit Gras und Heu gefüttert, sind sie keine Nahrungskonkurrenten der Menschen.“
Anita Idel, Tierärztin
Geben unsere Kühe mittlerweile schon Sojamilch? Vermutet wird jedenfalls, dass der Umstieg auf die eiweisshaltige Kost den Wiederkäuern nicht gut bekommt: Soja-, aber auch Getreidelastige Mahlzeiten stehen im Verdacht, die Ausbreitung von gefährlichen Keimen in den Kuh- und Rinderdärmen zu fördern. Nach dem Ausbruch der Ehec-Epidemie wurde auf eine Studie hingewiesen, die bereits 1998 im Zusammenhang mit der Entstehung von E. coli-Bakterien Aufsehen erregt hatte. Damals fanden Wissenschaftler der Cornell-Universität in New York heraus, dass die Fütterung mit Kraftfutter die Keimanzahl von Rindern innerhalb drei Wochen von 20'000 pro Gramm Kot auf 6 Millionen steigerten, wobei diese Keime besonders säureresistent waren. Offenbar haben Ehec-Keime auch bei einem hohen Säuregehalt im Verdauungstrakt ein leichtes Spiel.
Mittlerweile beschäftigen einige Bauern professionelle Futterberater, die Futterrationen so berechnen, dass möglichst hohe Heu- und Grasanteile dabei sind. Hochleistungskühe, die mehr als 10'000 Liter Milch pro Jahr geben, können ihren Nahrungsbedarf allerdings nicht mehr allein durch Gras und Heu decken. Laut der Rinderexpertin Annegret Wagner müssten wir Kühe dahin züchten, dass sie nur noch 7'000 Liter Milch geben, um sie allein mit Gras ernähren zu können.
Der Bund will mit neuen Direktzahlungen die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion zusätzlich fördern. Als Voraussetzung müssen Betriebe im Talgebiet einen Wiesen- und Weidenfutteranteil von 80 Prozent, im Berggebiet von 90 Prozent aufweisen.
Laut einer Studie von Agroscope und dem Bundesamt für Landwirtschaft erfüllen aktuell rund die Hälfte der Betriebe diese Anforderung.
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