Die Kochsendungen und der Hunger

Lebensmittel - bei uns im Überfluss, in andern Regionen der Welt Mangelware Lebensmittel - bei uns im Überfluss, in andern Regionen der Welt Mangelware

Zum 13. Mal fand in Engelberg der Wissenschaftsdialog statt. Experten und Studierende aus aller Welt setzten sich mit dem Thema der Nahrungssicherheit auseinander. Unter den Referenten war auch Klaus Töpfer, eine Koryphäe des politischen Umweltschutzes.

Klaus Töpfer in Engelberg

Die Weltbevölkerung wächst und auch der Konsum von Lebensmitteln pro Kopf. Das Thema der Nahrungssicherheit rückt dadurch in letzter Zeit vermehrt in den öffentlichen Fokus. „Wie können wir den wachsenden Nahrungsmittelbedarf befriedigen?“ ist allenthalben zu lesen. Dieses Themas ebenfalls angenommen hat sich die Stiftung Academia Engelberg an ihrem 13. Wissenschaftsdialog. Dieser fand vom 15. bis 17. Oktober in Engelberg statt.

Unter den zahlreichen Experten referierte auch Professor Klaus Töpfer, Leiter des Instituts für Nachhaltigkeitsstudien in Potsdam (IASS). Er ist eine bekannte Persönlichkeit des Umweltschutzes, leitete das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) in Nairobi und war Umweltminister unter Bundeskanzler Kohl.

Hunger und Überfluss

„Hunger und Überfluss – die zweigeteilte Welt der Ernährung“ war sein Thema. Der Vortrag brachte zwar keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse zu Tage, doch er gab einen guten Überblick über die vielschichtige Thematik. Töpfer zeigte auf, dass sowohl Entwicklungs- wie Industrieländer an Ernährungs-Problemen leiden. Die Welt ist grundsätzlich in einen reichen, überernährten Norden und einen armen, unterernährten Süden geteilt.

„Wir haben nicht zu wenig Wasser, sondern ein Investment- und Administrationsproblem beim Wasser.“
Klaus Töpfer, Exekutivdirektor IASS

Er erklärte, es gebe zwar Erfolge im Kampf gegen den Hunger; die Zahl der Unterernährten geht weltweit zurück, alleine im letzten Jahrzehnt um rund 100 Millionen Menschen. Trotzdem sind noch immer etwa 800 Millionen Menschen unterernährt. 104 Millionen Kinder sind untergewichtig – die meisten davon in Entwicklungsländern.

222 Millionen Tonnen verschwendet

Industrienationen haben mit anderen Problemen zu kämpfen. So ist jeder dritte Mensch weltweit übergewichtig, Konsumenten verschwenden jährlich etwa gleich viele Nahrungsmittel (222 Millionen Tonnen) wie in ganz Sub-Sahara Afrika produziert werden. Zudem ernähren sich viele Menschen in Industrieländern falsch. In Deutschland zum Beispiel korreliere die Zunahme an Kochsendungen im Fernsehen mit der Abnahme der Anzahl Menschen, die noch selber kochen, erklärte Klaus Töpfer.

Ein Grund für das Ungleichgewicht der globalen Nahrungsmittel-Verteilung: Die Bevölkerungsdichten sind nicht dort am grössten, wo der Wohlstand am grössten ist. Die Industrieländer müssten laut Töpfer grösstes Interesse daran haben, diese Lücke vermehrt zu schliessen; denn: „Diese ungleiche Verteilung des Reichtums ist keine Formel für Frieden“, zitierte Töpfer Mohammad Yunus, Träger des Friedensnobelpreises. Nahrungsmittel könnte die Erde nämlich genügend liefern; Studien gehen davon aus, dass diese für bis zu 14 Milliarden Menschen ausreichten.

Wasser und Boden

Gefahren für die Nahrungssicherheit verortete Töpfer weiter im Umgang mit Wasser und Boden. So habe eine Studie gezeigt, dass in allen grossen afrikanischen Städten mehr als die Hälfte des Wassers bereits im Verteilsystem verloren gehe. „Wir haben nicht zu wenig Wasser“, erklärte Töpfer, „sondern ein Investment- und Administrationsproblem beim Wasser.“ Ein oft vergessenes Problem sei auch der Boden. Jährlich gehen rund 24 Milliarden Tonnen fruchtbaren Bodens verloren.

Töpfer sieht Lösungen im sogenannten Capacity Building. Staaten, Institutionen und Personen sollen befähigt werden, spezifische Probleme anzugehen. Zum Beispiel der Verlust von Wasser im afrikanischen Verteilnetz. Nur: Für Capacity Building lasse sich nur sehr schwierig Geld sammeln, erklärte Töpfer. Was an der Konferenz zudem immer wieder betont wurde: Die Lösung, die zum Beispiel in der Schweiz funktioniert, muss nicht unbedingt in Djibouti oder anderswo in der Welt funktionieren.

Zweimal Fleisch am Tag?

Ein Dilemma unserer Zeit ist, dass grosse Flächen für die Produktion von Futtermitteln verwendet werden, anstatt Nahrung für Menschen direkt anzubauen. Hier kann jeder selber anfangen und etwas für die Nahrungssicherheit tun, etwa wie jene junge Wissenschaftlerin in Engelberg, die fragte, wieso am Symposium zweimal am Tag Fleisch serviert werde.

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