In Deutschland erhielt die ZDF-Serie „Der Landarzt“ als erste deutsche Fernsehproduktion den „Grünen Drehpass“ verliehen. Er ist ein Label der FilmFörderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH), die zusammen mit anderen Beteiligten aus der Filmbranche hinter der „Green Film Initiative“ stehen. Sie versucht Anreize für Produzenten zu schaffen, freiwillig Filme nachhaltig zu produzieren. Sie zeigt Filmschaffenden Massnahmen auf, wie sie die Ökobilanz ihres Films verbessern können. Die Vorschläge reichen vom Einsatz energiesparender Leuchtmittel, dem Vermeiden von Einweggeschirr, dem Einsatz von Hybridfahrzeugen bis hin zu biologischer Verpflegung am Set. Emissionen, die sich kurzfristig nicht vermeiden lassen, werden in einem Klimaschutzprojekt kompensiert. Die FFHSH hat die Vorschläge in einem „Best Practice Guide“ zusammengefasst. Auch in Frankreich gibt es ähnliche Bestrebungen, die unter dem Projekt „Ecoprod“ laufen. Französische Fernsehsender und Produzenten haben sich zusammengeschlossen, um diese Bestrebungen umzusetzen. Ebenso die BBC in England, die mit „Albert“ Filmschaffenden ein Werkzeug zur Verfügung stellt, mit dem sie ihre CO2-Emissionen berechnen und optimieren können. Neben einigen europäischen Ländern gewinnt auch in den USA grünes Drehen an Bedeutung.
Aber weshalb ist es so wichtig, dass die Filmbranche ebenfalls mitmacht für den Klimaschutz? Wie bekannt ist, gehört sie zu den energieintensivsten Branchen überhaupt. Wie Produzent Michael Geidel gegenüber "greenfilmshooting.net" im Interview erklärt, erzeuge ein durchschnittlicher französischer Spielfilm rund 200 Tonnen CO2. Eine Studie in England zeigt, dass die Film- und Fernsehproduktion in London allein für die Emission von 125‘000 Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich ist. Das ist in etwa so viel, wie die Flugzeuge während fast 16‘000 Hin- und Rückflügen von Zürich nach Neuseeland ausstossen; also könnte fast die ganze Stadt Aarau einmal nach Neuseeland in die Ferien fliegen, während in London in einem Jahr Filme und Fernsehen produziert werden. Beträchtlich ist auch die Abfallmenge, die bei Filmproduktionen entsteht. Michael Geidel gibt ein Beispiel: „Nur um eine Vorstellung zu geben, für einen grossen Big-Budget-Film wie ‚X-Men Origins‘ aus Hollywood sind alleine 670 Tonnen Müll angefallen.“ Aber insbesondere das nachhaltige Gestalten von Reisen und Transporten biete grosses Einsparpotential, sagt Michael Geidel. Diese Beispiele zeigen deutlich, dass die Filmbranche mit ihren Bestrebungen beträchtlich zur Verringerung der CO2-Emissionen beitragen kann.
„Für einen grossen Big-Budget-Film wie ‚X-Men Origins‘ aus Hollywood sind alleine 670 Tonnen Müll angefallen.“
Produzent Michael Geidel
Umweltnetz-schweiz fragte beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) nach, wie es um die Nachhaltigkeit steht. SRF unternimmt vor allem im Gebäudebereich an ihrem Standort Leutschenbach Massnahmen zur CO2-Reduktion. So wird den Mitarbeitenden ans Herz gelegt, nach Arbeitsschluss alle Lichter zu löschen sowie Fenster und Türen zu schliessen. Ausserdem sollen Geschäftsreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen, und Mitarbeiter, die mit dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit fahren, werden finanziell unterstützt, wie Andrea Wenger vom SRF schreibt. Die tpc (Technology and Production Center AG), die für die Produktion und Technik bei SRF zuständig ist, ergreift ebenfalls Massnahmen im Hinblick auf eine nachhaltige Produktionsweise: Studioleuchten werden durch LED-Lampen ersetzt, energieeffiziente und möglichst verbrauchsarme Geräte eingesetzt, wie Dani Richiger von der tpc gegenüber umweltnetz-schweiz schreibt. Bei der Neubeschaffung von Fahrzeugen wird zudem konsequent auf Diesel gesetzt; ob Elektrofahrzeuge hier nicht sparsamer wären, sei dahingestellt. Im Bereich der einzelnen Genres – Tagesschau, DOK, Spielfilme – liegen dem SRF keine konkreten Zahlen zu CO2-Emissionen vor. Eine Studie der Britischen Akademie der Film- und Fernsehkunst (BAFTA) berechnete die CO2-Emissionen ihrer einzelnen Genres: Comedy und Drama erzeugten am meisten Tonnen CO2 pro Stunde Laufzeit. Sie ermittelte auch den durchschnittlichen CO2-Fussabdruck nach Produktionsmethode: International gedrehte Dokumentarfilme kommen dabei auf über 25 Tonnen CO2 pro Stunde Laufzeit. Einzig Spielfilme, die vor Ort und zusätzlich im Studio gedreht wurden, kommen auf noch höhere CO2-Emissionen. Produktionen mit Archivmaterial erzeugen dagegen nur etwa 5 Tonnen CO2 pro Stunde Laufzeit.
Ein Beispiel für ein nachhaltiges Schweizer Filmprojekt ist der Dokumentarfilm „Steps: The Ride Greener Film“. Er wurde möglichst nachhaltig produziert: Die Macher bestiegen die Berge ohne motorisierte Hilfsmittel und verzichteten somit auch auf den Dreh mit Helikoptern. Trotz ihrer Ansprüche an eine umweltfreundliche Produktion haben sie nach eigenen Angaben rund 2 Tonnen CO2 erzeugt. Diese wurden durch Klimaschutzprojekte von myclimate kompensiert, wie die NZZ schreibt. Sowohl Produktionsweise und Inhalt thematisieren den Klimaschutz: Der Film zeigt Menschen, die nicht mit ressourcenverbrauchenden Anlagen auf den Berg gebracht werden wollen, sondern mit eigener Muskelkraft Berge besteigen und mit Ski oder Snowboard herunterfahren. Sie möchten beim Zuschauer die Frage aufwerfen: Was verursache ich mit meinem Wintersportverhalten?
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