Touristen klauen Bauern Wasser

Symbolbild aus dem Outback Australiens Symbolbild aus dem Outback Australiens

Weltweit ist eine Fläche von der Grösse Europas von der Wüstenbildung bedroht. Während in Spanien weiter fleissig Gemüse für den Export angebaut und Wasserparks für Millionen Touristen befüllt werden, kämpfen die Bauern Islands mit nachhaltigen Vegetationspflanzungen dagegen an.

Wikingers Erbe

In Island liegen die grössten Wüsten Europas. Weder Wassermangel noch Hitze sind dort die Probleme. Es sind unfruchtbare Regionen mit limitiertem Pflanzenwachstum. Entscheidend ist dabei nicht die Regenmenge, sondern was mit dem Wasser geschieht, nachdem es gefallen ist. Solange die Vegetation intakt ist, kann der Boden das Wasser aufnehmen, speichern und wieder an die Pflanzen abgeben. Fehlt die Vegetation, versickert das Wasser ungenutzt im Boden oder wird oberirdisch in Gewässer gespült. So kann über Jahre auch die nährstoffreiche oberste Schicht weggeschwemmt werden. Fehlt diese einmal ganz, müssen die Nährstoffe künstlich durch den Menschen wieder eingebracht werden.

Als die Wikinger Island vor 1200 Jahren besiedelten, war noch mindestens ein Viertel der Insel mit Wald bewachsen. Heute ist es noch 1 %. Sie brachten auch Vierbeiner mit. Mittlerweile leben auf Island 600‘000 Tiere, davon gut 500‘000 Schafe. Diese haben eine besondere Vorliebe für junge Triebe. Wenn sie nicht kontrolliert geweidet werden, fressen sie ganze Landstriche kahl.

Ein Viertel der Bauern Islands beteiligt sich an einem Revegetationsprogramm, um der Desertifikation entgegenzutreten. Der Staat stellt jährlich Düngemittel und Saatgut im Wert von 6 Millionen Euro zur Verfügung. Island hat Glück; der Vulkanische Boden lässt sich gut wieder anreichern, und der Niederschlag ist ausreichend. Sobald die Vegetationsdecke wieder geschlossen ist, hat die Erosion verloren.

Iberiens Durst

Spanien ist von den europäischen Festlandstaaten am stärksten von Desertifikation betroffen. Im Mittelalter war die Halbinsel fast ganz mit Wald bedeckt, zwei Drittel dieser Fläche ist heute von Verwüstung bedroht. Nur wenige Wissenschaftler befassen sich damit. Einer davon ist Prof. Dr. José Luis Rubio, Wüstenexperte der Universität Valencia und Gründungsmitglied der European Society for Soil Conservation ESCC. Er sieht die ursprünglichen Fehler bei der Abholzung, den Waldbränden und dem grossen Holzverbrauch für Kohle und Baumaterial.

Heute ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle Spaniens, er macht 11 % des BIP aus. Pro Jahr besuchen mehr als 60 Millionen Gäste das Land. Seit Fliegen spottbillig ist, gibt es auch immer mehr Nordeuropäer, die vier Tage in ihrem Heimatland arbeiten und die restlichen drei im sonnigen Spanien leben. Alleine die Trabantenstadt Benidorm verbraucht doppelt so viel Wasser, als in ihrer Region zur Verfügung steht. Das Wasser wird aus dem Hinterland abgepumpt. Dort fehlt es dann den Bauern.

Kahle Landschaften

Wegen des Wassermangels werden ganze Regionen entvölkert. Das Land liegt brach, die kulturell wertvollen Terrassenbauten verfallen immer schneller, denn Regenfälle sind meist sintflutartig und mitgerissene Mauersteine beschädigen weitere Mauern. Früher wurde das Wasser gerecht verteilt. Heute sind die Viadukte leer und die Gräben trocken. Zusätzlich zum Wassermangel werden Übersalzung, Kontamination und Abfall zu Problemen.

Die intensive industrielle Produktion von Früchten und Gemüse findet in ehemaligen Wüstenregionen statt. Dort braucht man dann umso mehr Wasser, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Mit der Zeit haben sich in manchen Regionen Grundwasserspiegel abgesenkt, Quellen, Bäche und Flüsse sind versiegt. Pflanzen wie Pfirsichbäume und Melonen, die viel Wasser benötigen, produzieren nur noch kleine Früchte oder vertrocknen ganz.

In Almeria kann man es sich hingegen noch leisten, in Gewächshäusern auf Wüstenboden anzubauen. Das Grundwasser wird dort erst seit 30 Jahren angezapft. Zudem existieren Pläne einer Meerwasseraufbereitungsanlage. Ein Teil der Produktion ist mittlerweile auf Bio umgestellt.

Visionäre Lösungen

Die Berliner Firma watergy hat schon 2006 einen Preis gewonnen für ihr Kühlsystem im geschlossenen Gewächshaus. Die Vorteile liegen auf der Hand: Man kann bis zu 90 % (65 % gegenüber herkömmlichen Gewächshäusern) des Wassers sparen, da das kondensierte Wasser an Kühllamellen wieder kondensiert und neu zum Bewässern genutzt werden kann. Dieses System funktioniert rein durch Sonnenwärme. Da das Gewächshaus geschlossen ist, haben Schadinsekten viel weniger Chancen, die Ernte zu befallen. Die Pflanzen müssen nicht mit Pestiziden behandelt werden. Man könnte sich auch vorstellen, das Zelt mit CO2 anzureichern und so die Photosyntheseleistung der Pflanzen zu erhöhen. Eine Umwälzwasserpumpe kann am Tag Wärme ab- und bei Tag zuführen. Das braucht zwar ein wenig Energie, aber deutlich weniger als eine Entsalzungsanlage.

Weitere Informationen:
Desertifikation Zahlen
18.9.15 Ausstrahlung 3sat: Wüsten auf dem Vormarsch
watergy Gewächshaus
watergy Gewächshaus Artikel Pressestelle Berlin
ESCC

Ein Wiederbewaldungsprojekt in Afrika:
Die NGO newTree mit Sitz in Bern bezweckt die Stärkung der Lebensgrundlage ländlicher Bevölkerungen in den ärmsten Ländern des Südens. Mit der Wiederbewaldung von Ödlandflächen leisten sie ganz nebenbei auch einen wertvollen Beitrag zum globalen und lokalen Klimaschutz. Seit 2003 engagiert sich newTree in Burkina Faso.

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail [email protected]

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.