Driven by the Sun: Interview mit Sono Motors

biSono:  Der Sion kann nicht nur selbst Energie generieren, sondern diese auch wieder abgeben. biSono: Der Sion kann nicht nur selbst Energie generieren, sondern diese auch wieder abgeben.

Über 61 % der weltweiten Erdölvorkommen werden für den Transport gebraucht – und das, obwohl der Bereich Transport noch viel Potential für mehr Nachhaltigkeit birgt. Mit dem Ziel im Hinterkopf, genau dieses auszunützen, arbeitet die junge Münchner Firma Sono Motors seit 2016 am «Sion», dem ersten seriell hergestellten Elektroauto, das seine Batterie durch die Sonne lädt.
In einem Gespräch stellt uns Julius Zimmer, Pressesprecher bei Sono Motors, den Sion vor. Dieser wird voraussichtlich schon Ende nächsten Jahres auf die Strassen kommen.

Der Sion fand seinen Ursprung in einer kleinen, privaten Garage – welches war die Motivation, ein Elektromobil zu konstruieren?

Die Umwelt zu schützen! Das war ganz klar der Grund, warum wir Sono Motors gegründet haben. Die Frage, die sich die Gründer damals gestellt haben, lautete: Wie können wir effektiv dazu beitragen, dass der Ausstoss von CO2 und das Verbrennen von Erdöl reduziert wird.
Aus der Antwort - lass uns Elektroautos entwickeln, und lass uns die Gesellschaft dazu bringen, Elektroautos zu benutzen – entstand schliesslich der Sion. Wir beschäftigten uns mit der Frage, welche Eigenschaften ein Elektroauto haben muss, damit es die Leute begeistert; und warum Elektroautos bisher noch nicht so richtig in der Gesellschaft angekommen sind. Das ist sicherlich einerseits der hohe Preis, aber auch die Verfügbarkeit von Ladestationen und die damit verbundene Reichweite sowie die Alltagstauglichkeit.

Es ist ja nicht das erste Auto, das von der Sonnenenergie angetrieben wird…

Nein, Solarautos gibt es natürlich schon länger. Der Sion ist jedoch primär ein Elektroauto mit einer Batterie von 35 kWh und einer Reichweite von 250 km. Wir verlassen uns also nicht nur auf die Sonnenenergie. Bei schönem Wetter lassen sich mit den zusätzlichen Solarpanels jedoch etwa 30 km pro Tag generieren – also in etwa die Strecke, die ein Pendler in Deutschland durchschnittlich im Tag zurücklegt. Diese Kilometer können umsonst und völlig emissionsfrei zurückgelegt werden.

Bedeutet das, eure Zielgruppe sind primär die Pendler? Ist der Sion denn auch für längere Fahrten geeignet?

Solange die Leute unsere Vision teilen, ist es eigentlich irrelevant, ob sie Pendler sind oder nicht. Natürlich gehören Pendler auch zur Zielgruppe, generell sprechen wir aber all jene Leute an, die umweltbewusst sind und sich Gedanken darüber machen, wie wir unsere Art, von A nach B zukommen, so umweltfreundlich wie möglich gestalten können. Mit fünf Sitzen und Kofferraum ist derSion ausserdem familientauglich – Kinder, Hund und Einkäufe passen problemlos rein.

Wie weit kommt man mit tanken, im Vergleich zu den 250 km Reichweite des Sions?

Das hängt natürlich vom Auto ab, ich schätze ein durchschnittlicher Verbrennungsmotor schafft heute um die 600 km. Aber wie oft fährt man schon wirklich sechs Stunden am Stück durch, ohne mal Pause zu machen? Schlussendlich macht es doch keinen Unterschied, ob man sein Auto an einer Schnellladestation auflädt, eine halbe Stunde Pause macht, etwas isst und einen Kaffee trinkt – oder ob man an einer Tankstelle rausfährt und dasselbe tut. Ich persönlich fahre maximal drei Stunden durch, dann brauch ich eine Pause. Das wären gerade etwa die 250 km, die man mit einem geladenen Sion zurücklegen kann.

Die Reichweite der Batterie beträgt 250 km. Lädt man sie jedoch über die Solarpanels auf, kommt man im Tag nur 30 km weit. Wieso lassen sich diese 250 km eigentlich nicht rein mittels Sonnenenergie zurücklegen?

Die Effizienzrate von Solarzellen – das heisst der prozentuale Anteil an Energie, die Solarzellen von der Sonne wirklich aufnehmen können – liegt bei weitem nicht bei 100 %, sondern allerhöchstens 50 %. Da reden wir dann aber von sehr teuren Modellen, die hauptsächlich im Weltall benutzt werden. Die Solarzellen auf dem Sion haben eine Effizienzrate von 24 %.  Mit dieser können wir pro Tag etwa 3-5 kWh an Strom in unsere Batterie einspeisen. Für 250 km Reichweite am Stück bräuchten wir aber um die 35 kWh.

Möchte man den Sion mit anderen Auto-Modellen vergleichen, fragt es sich, wo er sich zum bezüglich Grösse und Leistung einordnen lässt?

Der Sion lässt sich in die sogenannte Kompaktklasse einordnen. Er ist zwar grösser und länger, er hat auch einen grösseren Kofferraum – dennoch vergleiche ich den Sion gerne mit dem VW Golf. Während viele Elektroautos in der Preisklasse des Sions (20.000 Euro, Batterie inklusive) Vier- oder sogar nur Dreitürer sind, kommt der Sion mit fünf Türen und fünf Sitzen. Das war von Anfang an ein Kriterium für den Sion; er sollte nicht nur günstig, sondern auch gross genug sein, um den alltäglichen Anforderungen von einkaufen, Hund transportieren, zum Campen fahren etc. gerecht zu werden.

Was ist im Verkaufspreis von 16.000 Euro (exklusive Batterie) alles enthalten? Ist das Auto auch mit einem Navigationssystem ausgestattet?

Wir versuchen an vielen Stellen , andere Wege zu gehen – so auch beim Navigationssystem. Im Armaturenbrett ist ein Display eingelassen. Auf diesem soll man per Bluetooth in der Lage sein, direkt den Inhalt seines Handys zu spiegeln. Apps, die man auf dem Handy hat, werden dann dort angezeigt. Anstatt unser eigenes System einzubauen, profitieren wir von der Ausstattung, die sowieso praktisch jedes Telefon hat

Heisst das etwa, man bekommt während der Fahrt Nachrichten?!

Nein, das natürlich nicht. Das Auto entspräche sonst nicht den Zulassungsbedingungen für die Strassen.

Hat der Sion eine Anhängerkuppel?

Grundsätzlich wird jeder Sion gleich aussehen – gleiche Farbe, gleiche Ausstattung. Das einzige, was optional dazu kaufbar ist, ist die Anhängerkupplung.

Welche Sicherheiten hat man nach Abschluss eines Kaufvertrages? Gibt es Garantieleistungen, z.B. auf Nutzungsdauer (km, Jahre) oder Einzelelemente?

Nach deutschem Recht müssen Autohersteller zwei Jahre Garantie auf ihr Auto geben. Geht innerhalb dieser Zeit etwas am Sion kaputt, und es ist Fremd-  oder Eigenverschulden auszuschließen, so wird es ersetzt.

Möchte man trotz bereitgestelltem Handbuch Teile nicht selbst reparieren oder ersetzen, sucht man einen KFZ Mechaniker auf.  Gibt es spezifische Schulungen für Werkstätten, insbesondere für jene, die bisher noch keine Erfahrung mit Elektromobilen haben?

Ja. Wir planen, unsere Experten vor Ort zu den KFZ Mechanikern zu schicken, welche Lust auf solch eine Schulung haben. Es soll jedenfalls kein Lizenzwerkstättensystem werden, weil die besonders für die Kunden sehr kostspielig sind. Kauft man sich ein Auto, so braucht es für deren Reparatur häufig sogenanntes Lizenzwerkzeug, also von dem Autohersteller produziertes Werkzeug, ohne das eine Reparatur nicht möglich ist. Mit unserem Instandhaltungssystem - wir nennen es reSono – wollen wir das vermeiden. Reparaturen am Auto sollen wieder einfacher werden. Neben dem Handbuch möchten wir auch Videos mitliefern, die darstellen, wie man Teile seines Autos selber reparieren kann. Wir wollen ausserdem, dass man sich den Plan einzelner Bauteile herunterladen und an einem 3D-Drucker ausdrucken kann.

Der bereits erwähnte Kaufpreis von 16.000 Euro ist im Vergleich zur Konkurrenz fast unschlagbar. Wie ist das möglich? Wie schwierig ist es für eine so junge Firma wie Sono Motors, sich gegen andere Autohersteller durchzusetzen? 

Klar ist es eine Herausforderung, sich durchzusetzen, da wir kein 50’000-Menschen-Unternehmen mit mehreren Milliarden Euro Umsatz sind. Trotzdem kennt man uns inzwischen. Wir profitieren sehr von den neuen digitalen Möglichkeiten. Wir haben eine grosse Community, die sich aktiv über SocialMedia am Entwicklungsprozess beteiligt. Wir lassen die Leute, die unser Auto reserviert haben, bezüglich Ausstattung und Design des Sions mitbestimmen. Damit verfolgen wir einen ganz anderen Ansatz als die traditionellen Autoentwickler; dort werden Autos meistens ohne Einbezug der Öffentlichkeit entwickelt. Wir versuchen hingegen so transparent wie möglich zu sein, gehen auf die Leute zu und beziehen sie mit ein. Deswegen vergleichen wir uns ungern mit anderen Autoherstellern, weil wir einfach einen anderen Weg gehen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Datenschutz. Welche Daten werden vom integrierten System und der Smartphone App regelmässig übermittelt, und wo gehen diese Daten hin?

Dazu kann ich aktuell nicht viel sagen, da wir diesbezüglich noch im Entwicklungsprozess stecken. Generell richten wir uns hier natürlich nach den Datenschutzrichtlinien. Daten, die wir aufzeichnen, bleiben auf jeden Fall anonym. Wir wollen ausserdem, dass sich jede Person aktiv gegen ein Aufzeichnen von Daten entscheiden kann. Wer das will, wird seinen Sion auch komplett ohne Mobiltelefon benutzen können – nur verzichtet er so auf das Navigationssystem. Weiter werden wir sogenannte «Over the Air»-Updates anbieten; das bedeutet, dass wir Softwareupdates über eine Satellitenverbindung auf das Auto aufspielen können. Tesla macht das beispielsweise auch.

Nehmen wir an, wir fahren eine längere Strecke mit dem Sion und müssten die Batterie aufladen. Nimmt die effektive Ladezeit mit der Zeit zu?

Das lässt sich bei Elektromobilen leider nicht vermeiden. Jede Batterie verliert mit der Zeit an Leistung. Auf die Batterie geben wir deshalb zwei Jahre beziehungsweise 100.000 km Garantie.

Der Sion kann weltweit reserviert werden. Entspricht er auch den jeweils unterschiedlichen Zulassungsbedingungen?

Genau, wir haben schon Reservierungen aus 35 verschiedenen Ländern! Immer mehr Vorbestellungen kommen beispielsweise aus den USA, vor allem aus dem sonnigen Kalifornien. Diese Käufer müssen sich jedoch vor Ort und auf eigene Kosten darum kümmern, dass der Zulassungsprozess stattfindet. Wir produzieren den Sion nach europäischen Standards, die auch in Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz oder Norwegen anerkannt werden. Unser Ziel ist natürlich schon, daran zu arbeiten, dass wir auch die Zulassungsbedingungen für die amerikanischen Strassen erfüllen – aber aktuell fokussieren wir uns noch auf den europäischen Markt.

Plant eine Firma oder eine Genossenschaft den Sion einzusetzen, besteht eventuell die Nachfrage nach zusätzlichen Beschriftungen oder Farbanpassungen. Werden solche auf Anfrage möglich sein?

Damit wir den Sion so günstig anbieten können, verfolgen wir eine Ein-Produkt-Strategie. Wir werden eine sehr strikte Fertigungskette haben. Wer Änderungen am Auto vornehmen will, muss das auf eigene Faust tun;

Würdest du das als Nachteil bezeichnen?

Nein. Mobiltelefone einer Firma sehen schliesslich auch alle gleich aus. Wichtig ist, was das Telefon kann und was für Daten darauf gespeichert sind. Wir sehen den Sion aus einer ähnlichen Perspektive. Natürlich besteht die Nachfrage nach Custom Design, wir bieten es allerdings aus Gründen der Kosten und Nachhaltigkeit nicht an.

Wie sieht die Zukunft des Sions aus?

Unser Ziel ist es nicht, immer mehr Autos zu verkaufen. Der Hintergrund des Sions ist immer noch der Schutz der Umwelt und die Reduzierung der durch den Transport verursachten Treibhausgase. Im Jahr werden weltweit rund 100 Millionen neue Fahrzeuge produziert. Selbst wenn diese 100 Millionen Sions - oder generell Elektroautos - wären, wäre das Problem nicht gelöst. Wir wollen weniger ein Automobilhersteller, sondern vielmehr ein Mobilitätsdienstleister werden. Wir wollen, dass Autos effizienter genutzt werden. Deswegen sind uns auch unsere Sharing-Funktionen besonders wichtig. Über die App bieten wir nicht nur car- und rideSharing, sondern auch powerSharing an. Damit kann Strom an andere weitergegeben werden und das Auto so als unabhängige Ladestation genutzt. Airbnb ist ein gutes Beispiel: Die Leute sind sogar bereit, ihre Wohnung zu teilen – es muss möglich sein, dass das Teilen seines Autos zu einer Selbstverständlichkeit wird.

Besten Dank für dieses spannende Gespräch!

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