Kleine Schweiz, hoher Ressourcenverbrauch

Der Löwenanteil des Materials fliesst in den Bausektor Der Löwenanteil des Materials fliesst in den Bausektor

Forschende an der Empa haben die gesamten Materialflüsse der Schweiz erfasst. Das Resultat: Pro Jahr fliessen 87 Millionen Tonnen neu gewonnene Ressourcen in die Schweizer Volkswirtschaft.

Ein Forschungsteam der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) sind folgenden komplexen Fragen nachgegangen: Wieviel verbraucht die Schweiz pro Jahr? Wieviel davon wird exportiert oder entsorgt? Wieviel fliesst in die Volkswirtschaft zurück? Und was bedeutet das für die Umwelt?
Die Resultate der jahrelangen Untersuchungsarbeit wurden in einer Mitte April veröffentlichten Medienmitteilung kundgegeben: Pro Jahr beträgt der Materialkonsum 87 Millionen Tonnen. Das ist die Menge an Ressourcen, die notwendig sind, um die Schweizer Volkswirtschaft am Laufen zu halten. Diese Materialmasse fliesst in Bauwerke, Industrieanlagen, Strassen, Verkehrsmittel, Treibstoffe, Strom und unser aller Konsum.


Die Materialflüsse im Detail

Die Untersuchungsresultate stellen eine Momentaufnahme der Material- und Energieflüsse für das Jahr 2018 dar. Um die Wirtschaft und Industrie anzutreiben, braucht es eine beachtliche Menge an Rohstoffen. Die Mehrheit (56 Millionen Tonnen) des Materials, welches verbraucht wird, wurde hierzulande gewonnen, doch auch der Import macht einen erheblichen Anteil aus (48 Millionen Tonnen). Die Autoren nennen als Beispiel den Import von Futtermitteln für die Viehzucht, welcher alleine 10 Millionen Tonnen pro Jahr beträgt. Lediglich 15 Millionen Tonnen an Material wurden durch Recycling in den Kreislauf zurückgeführt. Diese Zuflüsse speisten das 3’210 Millionen Tonnen schwere «Lager», wie die Autoren der Studie den gesamten Materialbestand der Schweiz nennen.

Das Gesamtgewicht dieses Lagers steigt jährlich um rund 1,6 Prozent an, obwohl immer wieder Materialien abfliessen. Die Verbrauchszahlen sind im Bausektor besonders hoch: Dieser allein kommt auf 62 Millionen Tonnen. Der Bereich „Produktion und Konsum“ erreicht rund 18 Millionen Tonnen — knapp ein Fünftel der insgesamt verbrauchten Masse. Weiteres Material geht in der Entsorgung verloren: 12 Millionen Tonnen wurden in Müllverbrennungsanlagen endgültig vernichtet — obwohl vieles davon noch wiederverwendet hätte werden können.


Belastung für die Umwelt

Bei der Umweltbelastung konzentriert sich die Studie insbesondere auf die Treibhausgasemissionen: Pro Jahr entstehen aus dem Schweizer Materialkonsum rund 99 Millionen Tonnen an Treibhausgasen. Auffallend ist, dass die Menge an Emissionen nicht mit dem Materialkonsum in den einzelnen Sektoren übereinstimmt. Etwa die Hälfte aller Emissionen entstehen während der Produktion und im Konsum, während der Bausektor ‚lediglich’ 28 Millionen Tonnen emittiert, gleich viel wie die Mobilität. Herausragende Ursache der Emissionen sei der Verbrauch fossiler Treibstoffe.


Das Individuum im Fokus

Bricht man die Masse der verbrauchten Materialien auf das Individuum herunter, zeigt sich, dass eine Person in der Schweiz jährlich etwa 10,2 Tonnen Rohmaterial verbraucht. Ein besonderes Verdienst der Studie ist indessen die differenzierte Betrachtung des Einflusses der Schweizer Bevölkerung. Neben den Pro-Kopf-Verbrauchsdaten haben die Forschenden auch analysiert, wie sich der persönliche Handlungsspielraum beim Klimaschutz auswirken kann: Würden sich alle Einwohner so verhalten wie das Fünftel der Bevölkerung mit dem vorbildlichsten Lebensstil, liessen sich die gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz um 16 Prozent reduzieren. Würden sich hingegen alle wie dasjenige Fünftel mit dem unökologischsten Lebensstil verhalten, stiegen die Emissionen um 17 Prozent an. Der Einfluss des Individuums auf den Klimaschutz ist damit ein namhafter.


Kreislauf schliessen

Ein Umdenken muss indessen auch in der Industrie forciert werden. Unter grossem Energieaufwand und dem Ausstoss schädlicher Emissionen werden immer neue Materialien abgebaut oder aus nicht erneuerbaren Ressourcen wie etwa Erdöl hergestellt. Stattdessen könnte man die Rohstoffe, die bereits im Umlauf sind, wieder verwerten. In einer idealen Kreislaufwirtschaft werden die eingesetzten Rohstoffe über den Lebenszyklus einer Ware hinaus wieder vollständig in den Produktionsprozess zurückgeführt. Um bei den Recyclingkreisläufen sinnvolle Ökobilanzen zu erreichen, ist auch die Industrie gefragt, indem sie auf Materialien und Verfahren setzt, die eine Wiederverwertung erlauben.


Quellen und weitere Informationen:
Empa (15.04.2021): Medienmitteilung
Matasci et al. (2021): The Influence of Consumer Behavior on Climate Change: The Case of Switzerland

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