Die Schwarze Soldatenfliege ist, obwohl sie fast auf der ganzen Welt zuhause ist, weitgehend unbekannt. Der Grund dafür liegt mit aller Wahrscheinlichkeit in ihrer diskreten Verhaltensweise. Die Fliege hält sich ungern in Häusern auf und nähert sich dem Menschen nur sehr selten. Da die Futteraufnahme im Larvenstadium stattfindet, nimmt die erwachsene Fliege gar keine Nahrung mehr auf. Sie ist deshalb im Gegensatz zu herkömmlichen Stubenfliegen nicht an Lebensmitteln interessiert. Der Mensch wird weder belästigt noch gestochen oder gebissen. Am liebsten halten sich die harmlosen, unbekannten Tierchen in kleinen Schwärmen in Ufernähe und in Gebüschen auf.
Vielleicht kann bald die Hälfte des Bedarfs an Kraftfutter in der Schweiz von dem neuen Larvenfutter abgedeckt werden.
Urs Niggli, Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL)
Vor einigen Jahren sind Wissenschaftler auf das Insekt aufmerksam geworden und haben in der unscheinbaren Fliege überraschenderweise ein enormes ökonomisches und ökologisches Potential entdeckt. Die äussert gefrässige Fliegenlarve ist fähig, innert kürzester Zeit Unmengen an organischem Abfall, Hühner- und Schweinemist und sogar menschlichen Fäkalien abzubauen. Der von den Larven verdaute Abfall kann anschliessend als natürliches Düngemittel in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Die Larven selbst werden, sobald sie satt sind, „geerntet“, eingefroren und dann zu hochwertigem Futtermehl oder zu Futterpellets verarbeitet. Dies ist möglich, weil die Larven, nachdem sie sich satt gefressen haben, sehr reich an Fett, Protein und Kalzium sind. Diese wertvollen Nährstoffe machen das Larvenfutter zu einer idealen Alternative für das importierte Soja-Kraftfutter. Letzteres ersetzt in der Schweiz seit den BSE-Vorkommnissen in den 1990er Jahren weitgehend das heute verbotene Tiermehl. Der Verdauungsprozess der Fliege soll hingegen jegliche pathogene Keime eliminieren und so das Larvenmehl gesundheitlich unbedenklich machen.
Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) hat dieses Jahr ein erfolgreiches Pilotprojekt lanciert, bei dem 100kg Abfall zu 30kg Futtermehl verarbeitet werden konnten. Urs Niggli vom Forschungsinstitut meint, dass bald einmal die Hälfte des Bedarfs an Kraftfutter in der Schweiz von der Wunderfliege abgedeckt werden könnte. „Das Schöne an der Idee ist, dass wir in Kreisläufen arbeiten können“, sagt Niggli. Einerseits wird organischer Abfall effizient zu Dünger verarbeitet und andererseits stellt das Larvenfutter eine hochwertige, ökologische, Futterquelle für die Tier- und Fischzucht dar. Der finanzielle Aufwand und die Umweltbilanz des Verfahrens ist vergleichsweise gering. Immer mehr Forscher und Umweltschützer weltweit sind mittlerweile von der Kosten/Nutzungs-Bilanz überzeugt.
Weiterführende Informationen:
SRF - Tagesschau: "Madenfutter statt Sojamehl für Schweizer Masttiere", 3. 10. 2012.
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